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Berthold Viertel - Eine Biografie der Wiener Moderne
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  262  | Erinnerungsorte  der  Wiener  Moderne Obwohl nach dem Weltkrieg das Pendel vorerst eher wieder in Richtung Diffe- renz der Geschlechter ausschlug, standen sich auch in dieser zweiten Ehe zwei ziemlich gleich starke PartnerInnen gegenüber. So war es selbstverständlich, dass Salka Viertel weiterhin ihren Beruf als Schauspielerin ausübte, auch wenn das über Jahre hin ein getrenntes Leben in verschiedenen Städten bedeutete. Ebenso selbstverständlich war aber, dass Salka Viertel den Alltag organisierte und die gemeinsamen Kinder  – Hans (*1919), Peter (*1920) und Thomas (*1925)  – betreute. Interessant ist, dass sich diese »Kameradschaftsehe« in wei- terer Folge unausgesprochen zu einer »offenen« oder »weißen Ehe« entwickelte. Berthold Viertel hielt auch in dieser »schicksalshaften Verbindung« an seinen Praxen »sexueller Libertinage« fest und gerade beim Theater, wo die Viertels beide arbeiteten, war es noch weniger verwerflich, wenn man »die Liebesfähig- keit der gesamten männlichen wie weiblichen Kollegenschaft […] durch kos- tet[e]«92. Für Salka Viertel war der erste »Betrug« ihres Mannes nach nur zwei bis drei Jahren Ehe dennoch ein Schock, auf den sie über zehn Jahre später nochmals zu sprechen kam, dabei auch Viertels freie Liebestheorie in Frage stellend : Und es ist gar nicht wahr, dass wenn man mit einem Menschen wirklich und wahr- haftig in Liebe verbunden ist […], dass es unwichtig ist, was er anderen gegenüber empfindet und nur wichtig was einen direkt angeht. Wenn das wahr wäre, so würde alles so öde und ›vernünftig‹ und leidenschaftslos in der Welt werden  – wie es schon beginnt zu sein. […] Ich habe nach dem entsetzlichsten Chock meines Lebens in der Dresdner Elektrischen, als ich sah, dass das was ich für die einzige und kostbarste Liebe zwischen zwei Menschen hielt  – doch Wandlungen unterworfen ist  – ich habe  – nein, ich hätte umlernen müssen. Aber  – ewiger Backfisch der ich irgendwo bin  – trotz allem habe ich noch immer Vorstellungen, Hoffnungen von Liebe […].93 Als junger Star-Regisseur in Dresden nahm Berthold Viertel offenbar wieder außereheliche Beziehungen auf, während Salka Viertel mit ihrem ersten Sohn schwanger war : »Ist es denn nicht der natürliche Verlauf der Dinge […], dass ein Mann seiner schwangeren Frau untreu wird ?«94  – Nur wenige Jahre später, 1923, nahm sich dann aber auch Salka Viertel solche Freiheiten heraus und hatte in Hamburg eine Liebesbeziehung mit dem Kunsthistoriker Ludwig Münz, Berthold Viertels engstem Freund aus dem Kraus-Kreis.95 92 BV, Das Gnadenbrot, Hellerau 1927, 24. 93 Salka Viertel an BV, 4. September 1928, 78.907/3, K45, A : Viertel, DLA. 94 BV, Autobiographie, o.D., o.S., K12, A : Viertel, DLA. 95 Prager, Salka Viertel, 2007, 66–67.
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Berthold Viertel Eine Biografie der Wiener Moderne
Titel
Berthold Viertel
Untertitel
Eine Biografie der Wiener Moderne
Autor
Katharina Prager
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2018
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20832-7
Abmessungen
15.5 x 23.2 cm
Seiten
368
Kategorie
Biographien

Inhaltsverzeichnis

  1. Ein chronologischer Ăśberblick 7
  2. Einleitend 19
  3. 1. BERTHOLD VIERTELS RĂśCKKEHR IN DIE Ă–STERREICHISCHE MODERNE DURCH EXIL UND REMIGRATION
    1. Außerhalb Österreichs – Die Entstehung des autobiografischen Projekts 47
    2. Innerhalb Österreichs – Konfrontationen mit »österreichischen Illusionen« 75
  4. 2. ERINNERUNGSORTE DER WIENER MODERNE
    1. Moderne in Wien 99
    2. Monarchisches GefĂĽhl 118
    3. Galizien 129
    4. JĂĽdisches Wien 139
    5. Katholische Dienstmädchen 150
    6. Deutsche Kultur 161
    7. Luegers Wien 173
    8. MitschĂĽler Hitler 184
    9. Jugendliche Kulturanarchisten 196
    10. Familie Adler 209
    11. Studium 228
    12. Sexuelle Emancipation 245
    13. Karl Kraus 268
    14. Theater 291
    15. Erster Weltkrieg 310
    16. Nachsatz 333
    17. Archivalien 336
    18. Dank 342
    19. Literaturverzeichnis 344
    20. Bildnachweis 358
    21. Personenregister 359
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