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Berthold Viertel - Eine Biografie der Wiener Moderne
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  274  | Erinnerungsorte  der  Wiener  Moderne spruch […] Punkt für Punkt am Texte zu begründen. […]. Wohl führte eine direkte Linie von Heines Geläufigkeit […] zum Unwesen des modernen Journalismus, zum Feuilleton […]. Übrig blieb aber ein unleugbares Etwas an geistiger Tat, an einer durch alle Heine’schen Pointen hindurch […] wirkenden Gesinnung, an historischer Einsicht […]. Diesen bedeutenden Rest, der mir später, in der Zeit der alle feineren Unterscheidungen niedertretenden Barbarei [des Nationalsozialismus], zur Hauptsa- che wurde, konnte ich damals noch nicht definieren und noch weniger […] verteidi- gen. Also brauste ich auf, was Karl Kraus nicht als eine hinreichende Begründung […] gelten ließ.34 Sowohl Kraus als auch Heine als progressive und politische Autoren mit »jüdi- schen Möglichkeiten« wirkten in Viertel weiter und der Widerspruch um Heine löste sich in der persönlichen und zeitgeschichtlichen Entwicklung schließlich auf.35 Doch das Leben führte zu weiteren Widersprüchen, die weniger leicht bei- zulegen waren. 1911 kennzeichnete wieder eine Übergangsphase in Kraus’ Le- ben : Er positionierte sich nicht nur neu als Satiriker, sondern ließ sich auch heimlich katholisch taufen, hielt nun öfter Vorlesungen und beschloss, die Fackel fortan allein zu schreiben : »Ich habe keine Mitarbeiter mehr. Ich war ihnen neidisch. Sie stoßen mir die Leser ab, die ich selbst verlieren will.«36 Auch Bert- hold Viertel wurde als Mitarbeiter »entlassen«. Viele junge AutorInnen reagier- ten gekränkt auf diesen Schritt, doch Viertel äußerte sich vage verständnisvoll dazu.37 Ihm standen inzwischen viele bedeutsame Zeitschriften wie März, Mer- ker oder Simplicissimus offen. Zudem taten sich Ende 1911 neue berufliche Möglichkeiten für ihn auf. Er ging als Dramaturg zur Wiener Freien Volks- bühne unter der künstlerischen Leitung von Stefan Großmann,38 der für Kraus seit 1900 als »Repräsentant des Zeitgeistes« in seiner Vermischung von Kunst/ Geist und Kommerz, Korruption und Cliquenwesen zu einer satirischen Figur 34 BV 1949, in : Pfäfflin (Hg.), Nähe, 2008, 67. 35 BV, Karl Kraus. Ein Charakter und die Zeit, Dresden 1921, 56–58, Timms, Kraus, 2005, 392–402 ; Kouno, Performativität, 2015, 53–113 : Viertel erkannte mehr und mehr Parallelen zwischen den beiden und bemerkte im Februar 1936, wenige Wochen vor Kraus’ Tod : »Heines Nerven waren offen für die ganze Welt. […] Er war eben ein jüdisches Herz  – und jetzt erst kann man ihn verste- hen.« (BV an Salka Viertel, 21.  Februar 1936, 78.866/9, K34, A : Viertel, DLA). 36 Karl Kraus, Die Fackel 337–337 (1911), 40 ; Kouno, Performativität, 2015, 57–58. 37 BV, Karl Kraus. Ein Charakter und die Zeit, in : Ginsberg (Hg.), Dichtungen und Dokumente, 1956, 232–233. 38 Großmann war ein enger Freund von Viertels »anderem« Lehrer Alfred Polgar (Weinzierl, Ulrich, Karl Kraus und Alfred Polgar, in : Kraus-Hefte, Heft 8, Oktober 1978, 4–9).
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Berthold Viertel Eine Biografie der Wiener Moderne
Titel
Berthold Viertel
Untertitel
Eine Biografie der Wiener Moderne
Autor
Katharina Prager
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2018
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20832-7
Abmessungen
15.5 x 23.2 cm
Seiten
368
Kategorie
Biographien

Inhaltsverzeichnis

  1. Ein chronologischer Ăśberblick 7
  2. Einleitend 19
  3. 1. BERTHOLD VIERTELS RĂśCKKEHR IN DIE Ă–STERREICHISCHE MODERNE DURCH EXIL UND REMIGRATION
    1. Außerhalb Österreichs – Die Entstehung des autobiografischen Projekts 47
    2. Innerhalb Österreichs – Konfrontationen mit »österreichischen Illusionen« 75
  4. 2. ERINNERUNGSORTE DER WIENER MODERNE
    1. Moderne in Wien 99
    2. Monarchisches GefĂĽhl 118
    3. Galizien 129
    4. JĂĽdisches Wien 139
    5. Katholische Dienstmädchen 150
    6. Deutsche Kultur 161
    7. Luegers Wien 173
    8. MitschĂĽler Hitler 184
    9. Jugendliche Kulturanarchisten 196
    10. Familie Adler 209
    11. Studium 228
    12. Sexuelle Emancipation 245
    13. Karl Kraus 268
    14. Theater 291
    15. Erster Weltkrieg 310
    16. Nachsatz 333
    17. Archivalien 336
    18. Dank 342
    19. Literaturverzeichnis 344
    20. Bildnachweis 358
    21. Personenregister 359
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