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Berthold Viertel - Eine Biografie der Wiener Moderne
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  Theater |  293 geblieben, welche meine Schwester bis ins hohe Alter an jene glücklichen, weil inspi- rierten Zeiten gemahnen mag.10 Schon damals wollte Berthold Viertel bemerkt haben, dass es ihm nicht gelang, seine Helden nachzuspielen und er habe entsprechend keine ernsthaften schau- spielerischen Ambitionen entwickelt. Wichtiger wurde ihm, die dramatisierte Ideen weiterzudenken und Stücke »zu Ende« zu dichten, wie er es auch später als Regisseur tun würde. Um 1897, also mit 14 Jahren, wurde Berthold Viertel durch seinen Freund Max Werter zum leidenschaftlichen und ständigen Theatergeher. Ähnlich wie bei Karl Kraus dürfte auch für Viertel das Theater jenen Emotionen Raum ge- boten haben, die im Alltags- und Familienleben nicht ausagiert werden konnten und zugleich einen Indikator für die »Temperatur« des gesellschaftlichen Le- bens dargestellt haben.11 Das wird etwa deutlich, wenn er die 1898 eröffnete »offene Operettenbühne in Venedig in Wien«, wo der eiserne Rathausmann mit dem Donauweibchen tanzte, kritisch betrachtete : [Das Donauweibchen] sang : ›Du von Eisen, ich von Stein, piekfein !‹ ? Das zu sehen und zu hören, wurde ich […] nicht müde, es bot dem jungen Nihilisten, zu dem ich mich damals bereits empor oder hinab entwickelt hatte, das sinnfällige und sinnenge- fällige Beispiel eines Tanzes am historischen Abgrund […].12 Als ein wesentlicher Indikator für den Zustand der Wiener Gesellschaft, ja, so- gar als »Mikrokosmos«, der den »Makrokosmos« spiegelte, wurde vielfach das Burgtheater angesehen. Für Stefan Zweig war es der entscheidende Initiations- ort der Jugend im Wiener »Hochkulturfanatismus« und auch insofern ist es interessant, dass Berthold Viertels »Theatergeschichte« mit dem Raimundthea- ter beginnt.13 Viertel unterstrich zwar ebenfalls die gesellschaftliche Bedeutung dieser höchsten Kulturinstitution, doch er sah sie mit den Augen eines »Sohnes« kritisch : »Burgtheaterfähig« bedeutete für ihn einen »Zustand der Reife« er- reicht zu haben, der alles Neue, Kritische, Radikale und Experimentelle aus- schloss. Das Burgtheater gehörte eindeutig der offiziellen Kulturszene, dem »Olymp« der erhaltenden »Väter« an, doch konnte es auch den zerstörenden »Söhnen« nicht ganz gleichgültig sein : 10 BV, [Die gefesselte Phantasie], in : Bolbecher/Kaiser (Hg.), Viertel, Cherub, 1990, 61–64. 11 Timms, Kraus, 2005, 351–360. 12 BV, [Die gefesselte Phantasie], in : Bolbecher/Kaiser (Hg.), Viertel, Cherub, 1990, 60 ; Hadamowsky, Wien. Theatergeschichte, 1988, 744–749. 13 Zweig, Welt, 1992, 29–35 ; Rathkolb, Mythos Burgtheater, in : Die Zeit, 10. Oktober 2013.
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Berthold Viertel Eine Biografie der Wiener Moderne
Titel
Berthold Viertel
Untertitel
Eine Biografie der Wiener Moderne
Autor
Katharina Prager
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2018
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20832-7
Abmessungen
15.5 x 23.2 cm
Seiten
368
Kategorie
Biographien

Inhaltsverzeichnis

  1. Ein chronologischer Überblick 7
  2. Einleitend 19
  3. 1. BERTHOLD VIERTELS RÜCKKEHR IN DIE ÖSTERREICHISCHE MODERNE DURCH EXIL UND REMIGRATION
    1. Außerhalb Österreichs – Die Entstehung des autobiografischen Projekts 47
    2. Innerhalb Österreichs – Konfrontationen mit »österreichischen Illusionen« 75
  4. 2. ERINNERUNGSORTE DER WIENER MODERNE
    1. Moderne in Wien 99
    2. Monarchisches Gefühl 118
    3. Galizien 129
    4. Jüdisches Wien 139
    5. Katholische Dienstmädchen 150
    6. Deutsche Kultur 161
    7. Luegers Wien 173
    8. Mitschüler Hitler 184
    9. Jugendliche Kulturanarchisten 196
    10. Familie Adler 209
    11. Studium 228
    12. Sexuelle Emancipation 245
    13. Karl Kraus 268
    14. Theater 291
    15. Erster Weltkrieg 310
    16. Nachsatz 333
    17. Archivalien 336
    18. Dank 342
    19. Literaturverzeichnis 344
    20. Bildnachweis 358
    21. Personenregister 359
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