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Berthold Viertel - Eine Biografie der Wiener Moderne
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  294  | Erinnerungsorte  der  Wiener  Moderne So gab Viertel pflichtschuldig an, dass auch er noch die »verewigten Großen« des »alten« Burgtheaters wie Adolf von Sonnenthal gesehen habe, doch er trau- erte ihm als Symbolfigur der humanistischen Tradition nicht wie Karl Kraus »zu tief« nach, »um irgendeine modische Erscheinung gelten zu lassen.«14 Ihm gin- gen die »modischen Erscheinungen«, die es ab 1890 am Burgtheater gab, hinge- gen nicht weit genug : Der eben als Burgtheaterdirektor angetretene Max Burckhard brachte in seiner achtjährigen Amtszeit erstmals Sozialdramen von Ibsen, Hauptmann und Anzengruber auf die Bühne und führte verbilligte Nachmittagsvorstellungen für SchülerInnen, StudentInnen und ArbeiterInnen ein, von denen wohl auch Bert- hold Viertel profitierte. Schon 1898 wurde er von Paul Schlenther abgelöst, der als Ibsen-Übersetzer, Hauptmann-Biograf und Mitbegründer des Vereins Freie Bühne in Berlin zwar Viertels Enthusiasmus für den deutschen Naturalismus teilte, sich am Burgtheater allerdings auf »Klassiker« konzentrierte. Schlenthers Direktion prägte Viertels Bild von einem Burgtheater, an dem abseits der Klas- siker Lustspiele von Schönthan, Blumenthal und Kadelburg den Spielplan be- herrschten und wo naturalistische und sozialkritische Dramatik die Ausnahme blieb.15 Schlenthers Nachfolger Alfred von Berger sah Berthold Viertel 1910 bereits mit den Augen eines Theaterpraktikers und schätzte ihn, der das Burgtheater nach zwei Jahren wieder verließ, im Gegensatz zu nachkommenden Direktoren wie den »christlich-arischen« Max von Millenkovich oder den »feuilletonistisch geeigneten« Leopold von Andrian-Werburg. Letztere waren nach Viertel beauf- tragt, das Burgtheater noch im Weltkrieg als kulturelles Bollwerk Österreichs hochzuhalten und übernahmen damit den »unsichersten diplomatischen Posten der Monarchie.«16 Mit gutem Theater hatte das Burgtheater, das längst jede »Fühlung mit der Kunst der Zeit« verloren hatte, für Viertel ohnehin nie etwas zu tun : Es hatte nur »das Jargonstück und die Neuwiener Operette« als »zweifelhafteste Vergnü- gen« zu bieten und ein Starkult um die »von Überkommenheiten und Schein- 14 BV, Karl Kraus und das Burgtheater bzw. Das Burgtheater, in : Heidenreich (Hg.), Berthold Viertel Schriften, 1970, 404–405 bzw. 235–237. 15 BV, Das Burgtheater, in : Heidenreich (Hg.), Berthold Viertel Schriften, 1970, 235–237. Zwar brachte auch Schlenther Ibsen und Hauptmann, doch weit weniger oft als unter Burckhard. Für manche waren diese wenigen Inszenierungen zu radikal und so musste etwa Hauptmanns Rosa Bernd 1904 aufgrund einer Intervention der Erzherzogin Valerie abgesetzt werden  – vgl. Hada- mowsky, Wien. Theatergeschichte, 1988, 404–414 ; Alth, Minna von (Hg.), Burgtheater 1776–1976. Aufführungen und Besetzungen von zweihundert Jahren, Bde 1–2, Wien 1978. 16 BV, Der Olymp und das Burgtheater, in : Heidenreich (Hg.), Berthold Viertel Schriften, 1970, 232– 235, und BV, Wien, die Theaterstadt, o.D. [um 1918], 142/c, K30, A : Viertel, DLA.
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Berthold Viertel Eine Biografie der Wiener Moderne
Titel
Berthold Viertel
Untertitel
Eine Biografie der Wiener Moderne
Autor
Katharina Prager
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2018
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20832-7
Abmessungen
15.5 x 23.2 cm
Seiten
368
Kategorie
Biographien

Inhaltsverzeichnis

  1. Ein chronologischer Überblick 7
  2. Einleitend 19
  3. 1. BERTHOLD VIERTELS RÜCKKEHR IN DIE ÖSTERREICHISCHE MODERNE DURCH EXIL UND REMIGRATION
    1. Außerhalb Österreichs – Die Entstehung des autobiografischen Projekts 47
    2. Innerhalb Österreichs – Konfrontationen mit »österreichischen Illusionen« 75
  4. 2. ERINNERUNGSORTE DER WIENER MODERNE
    1. Moderne in Wien 99
    2. Monarchisches Gefühl 118
    3. Galizien 129
    4. Jüdisches Wien 139
    5. Katholische Dienstmädchen 150
    6. Deutsche Kultur 161
    7. Luegers Wien 173
    8. Mitschüler Hitler 184
    9. Jugendliche Kulturanarchisten 196
    10. Familie Adler 209
    11. Studium 228
    12. Sexuelle Emancipation 245
    13. Karl Kraus 268
    14. Theater 291
    15. Erster Weltkrieg 310
    16. Nachsatz 333
    17. Archivalien 336
    18. Dank 342
    19. Literaturverzeichnis 344
    20. Bildnachweis 358
    21. Personenregister 359
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