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Berthold Viertel - Eine Biografie der Wiener Moderne
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  300  | Erinnerungsorte  der  Wiener  Moderne […] von den Vorstellungen, die Stefan Großmann […] an Sonntagnachmittagen an verschiedenen bourgeoisen Theatern  – also im wechselnden fremden Rahmen und mit wechselndem fremdem Ensemble  – abzuhalten pflegte, eine erfrischende […] Kraft aus, die der eigenartig lähmenden, abflauenden Wirkung der sonstigen […] Wiener Theater-Narrheit sehr unähnlich war.44 Dennoch sah Berthold Viertel auch die problematischen Seiten der neuen Volksbühne  – etwa ihren Ruf als »Parteitheater«. Auch wenn Stefan Großmann diese Zuschreibung zurückwies, war das Naheverhältnis zur Sozialdemokratie doch sichtbar, wenn vor den Reichtagswahlen 1911 entsprechende Stücke am Spielplan standen :45 In ihrem Anliegen, das Theater dem »Proletariat« zu öffnen, galt die Volksbühne jedenfalls als »sozialistisches Theater«, das nach sozialdemo- kratischem Bildungskonzept die Arbeiterschaft durch humanistische Klassiker »erziehen« wollte. Die Faust-Inszenierung des Jahre 1911 stellte hierbei einen Höhepunkt dar. Viertel war bekannt skeptisch gegen »Volksbildung, wie man sie damals verstand«, also gegen die »Übernahme der sogenannten ›allgemeinen Bildung‹« als Fundament einer neuen Arbeiterkultur.46 In anderen Bereichen blieben die sozialen und demokratischen Ideale der Volksbühne oft Lippenbe- kenntnis : Zwei unterschiedliche Sitzplatzkategorien bedingten Ungerechtigkei- ten und es gelang kaum, ärmere Publikumsschichten zu erreichen. Das Publi- kum bestand zu 50 Prozent aus der »Oberschicht« der Arbeiterschaft und ansonsten aus AkademikerInnen, kleinen BeamtInnen und Gewerbetreiben- den.47 Nicht zuletzt war die Gründung der Wiener Freien Volksbühne um etwa 15 Jahre zu spät erfolgt : Die naturalistischen Jahre in Berlin und Paris waren vorbei, der Naturalismus  – soweit das in Österreich möglich war  – durchgesetzt. Auch gab es in Wien bereits an vielen Theatern verbilligte Vorstellungen für theater- fernere Schichten.48 Und Großmann selbst agierte als künstlerischer Leiter recht unbekümmert autokratisch : »Im Grunde sind Theater nie mit dem um- ständlichen und viel zu wenig elastischen Apparat der Demokratie zu führen.«49 44 BV, Volksbühne 1911, in : Heidenreich (Hg.), Berthold Viertel Schriften, 1970, 230. 45 Zucker, Großmann, 2007, 136–137 ; Grünwald, Wiener Freie Volksbühne, 1932, 15–19. 46 BV, Volksbühne 1911, in : Heidenreich (Hg.), Berthold Viertel Schriften, 1970, 230 ; siehe »Familie Adler«. 47 Zucker, Großmann, 2007, 123–125 ; Grünwald, Wiener Freie Volksbühne, 1932,51–52. 48 Es hatte schon 1890 eine Volksbühnenvereinsgründung seitens der offiziellen Kulturszene gegeben, die Engelbert Pernerstorfer zusammen mit Arthur Schnitzler, Hugo von Hofmannsthal und Felix Salten versuchte. Grünwald, Wiener Freie Volksbühne, 1932, 11–13, 33 ; Hadamowsky, Wien. The- atergeschichte, 1988, 778 ; Zucker, Großmann, 2007, 112–113. 49 Großmann, Ich war begeistert, 1931, 174.
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Berthold Viertel Eine Biografie der Wiener Moderne
Titel
Berthold Viertel
Untertitel
Eine Biografie der Wiener Moderne
Autor
Katharina Prager
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2018
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20832-7
Abmessungen
15.5 x 23.2 cm
Seiten
368
Kategorie
Biographien

Inhaltsverzeichnis

  1. Ein chronologischer Überblick 7
  2. Einleitend 19
  3. 1. BERTHOLD VIERTELS RÜCKKEHR IN DIE ÖSTERREICHISCHE MODERNE DURCH EXIL UND REMIGRATION
    1. Außerhalb Österreichs – Die Entstehung des autobiografischen Projekts 47
    2. Innerhalb Österreichs – Konfrontationen mit »österreichischen Illusionen« 75
  4. 2. ERINNERUNGSORTE DER WIENER MODERNE
    1. Moderne in Wien 99
    2. Monarchisches Gefühl 118
    3. Galizien 129
    4. Jüdisches Wien 139
    5. Katholische Dienstmädchen 150
    6. Deutsche Kultur 161
    7. Luegers Wien 173
    8. Mitschüler Hitler 184
    9. Jugendliche Kulturanarchisten 196
    10. Familie Adler 209
    11. Studium 228
    12. Sexuelle Emancipation 245
    13. Karl Kraus 268
    14. Theater 291
    15. Erster Weltkrieg 310
    16. Nachsatz 333
    17. Archivalien 336
    18. Dank 342
    19. Literaturverzeichnis 344
    20. Bildnachweis 358
    21. Personenregister 359
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