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Institutionen als Forschungsgegenstand: Analyse & Methodik 19
Vor allem US-amerikanische Soziologen wie Philip Selznick dachten die Weberschen
Ideen rationaler Ordnung nach 1945 weiter. Sie konzentrierten sich dabei jedoch nicht
ausschließlich auf die rationalen Dimensionen organisatorischen Verhaltens. Letztere –
so Selznick – »remain at once indispensable to the continued existence of the system of
coordination and at the same time the source of friction, dilemma, doubt, and ruin«.5
Damit verweist Selznick bereits auf eine prozessuale Entwicklung von Institutionen, die
er zunächst noch als adaptive social structures umschreibt. Gleichzeitig lässt sich hierin
eine Annäherung an Emil Durkheims struktural-funktionalistischen Institutionenan-
satz (Glaubensvorstellungen und Verhaltensvorstellungen als Institution, die über Be-
rufskooperationen in der Gesellschaft wirksam werden) erkennen.6 Später konkretisiert
Selznick die Auffassung der schrittweisen Institutionalisierung ursprünglicher Organi-
sationen als einen vorwiegend durch soziale Kräfte (social forces) gesteuerten Prozess.
Allerdings gilt es dabei zu berücksichtigen, dass Institutionen in ihrer Genese nicht im-
mer zwangsläufig einer zeitlich vorausgehenden Organisation bedürfen.7 Der zentrale
Sinngehalt dieses Institutionalisierungsprozesses erschließt sich für Selznick in der all-
mählichen Durchdringung einer Organisation mit Werten (infuse with value).8 Dement-
sprechend nehmen in der von ihm weithin grundgelegten (älteren) Institutionentheorie
values einen zentralen Platz ein. Die Analyse dieser Werte setzt einen Schwerpunkt auf
deren jeweilige Verankerung sowie Wirkmächtigkeit in der Organisationskultur und
in deren sozialer Struktur.9 Mit der Verinnerlichung von Werten erwächst innerhalb
der Institution das Gefühl einer eigenständigen Persönlichkeit mit einer abgrenzba-
ren Identität (»as an organization acquires a self, a distinctive identity, it becomes an
institution«).10 Im Gegensatz zu den nach Weber rational administrativen, auf Effizienz
hinzielenden Aufgaben einer Organisation gleicht sich im Zuge dieses Institutionali-
sierungsprozesses die Organisation an das Streben interner Akteure und an die values
der sie umgebenden Gesellschaft an.11 Der schwedische Soziologe Nils Brunsson hat
Ende der 1980er Jahre bereits provokant darauf hingewiesen, dass unter Umständen
5 Selznick 1948, Foundations, 25.
6 Durkheim 1992/1930, Arbeitsteilung, 55, 69–75.
7 Rehberg 2002, Institutionalismus, 42.
8 Selznick 1957, Leadership, 16f.
9 Selznick 1996, Institutionalizm, 271.
10 Selznick 1957, Leadership, 21 ; ähnlich argumentiert Charles Perrow in seinen Überlegungen zur
Theorie der Institutionen, »that at least some organizations do take on a life of their own«, Perrow
1979, Organizations, 184.
11 »The process of institutionalization is the process of organic growth, wherein the organization ad-
apts to the strivings of internal groups and the values of the external society«, Perrow 1979, Orga-
nizations, 186.
Der griechisch-orientalische Religionsfonds der Bukowina 1783–1949
Kontinuitäten und Brüche einer prägenden Institution des Josephinismus
- Titel
- Der griechisch-orientalische Religionsfonds der Bukowina 1783–1949
- Untertitel
- Kontinuitäten und Brüche einer prägenden Institution des Josephinismus
- Autor
- Kurt Scharr
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20927-0
- Abmessungen
- 17.4 x 24.5 cm
- Seiten
- 447
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Zum Geleit! 11
- Einleitung 13
- 1. Vorwort 13
- 2. Institutionen als Forschungsgegenstand: Analyse & Methodik 18
- 3. Aspekte des Josephinismus. Der katholische Religionsfonds 34
- 4. Gründung des griechisch-orientalischen Religionsfonds 43
- 5. Die wirtschaftliche Situation des Religionsfonds Mitte des 19
- 6. Nationsidee, Kirche & Religionsfonds 116
- 7. Die wirtschaftliche Situation des Religionsfonds bis 1914 215
- 8. Fondul Bisericesc Ortodox Român 1918–1948 246
- 9. Die wirtschaftliche Situation um 1938 289
- 10. Hebel strukturellen Wandels : Jakobeny – Dornawatra (1784–1949) 306
- 11. Zusammenfassungen 340
- I. Verzeichnis ungedruckter Quellen 371
- II. Abbildungsverzeichnis 377
- III. Abkürzungsverzeichnis 380
- IV. Literaturverzeichnis 381
- V. Personenregister 433
- VI. Synoptische Ortsnamenkonkordanz 439