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20 Einleitung
propagierte Werte für eine Institution wichtiger sein können als tatsächlich gesetzte
Handlungen.12 Hier versucht die neuere Institutionenforschung anzusetzen. Obwohl sie
sich selbst wenig im Klaren über die Kohärenz des eigenen Ansatzes ist, so will diese
Richtung innerhalb der Soziologie, in der Wahl der Ausgangsfragestellung sowie Unter-
suchungsebene differenzieren.13 Dabei soll die lokale Ebene sowie die der eigentlichen
Institution verlassen werden und ein weiteres Umfeld ins Blickfeld gerückt werden, was
argumentativ wenig überzeugt und sich in der Realität letztlich kaum von der älteren
Richtung abhebt. Die vorliegende Studie orientiert sich daher methodisch weitgehend
am Ansatz der älteren Institutionenforschung, wie er von Selznick vertreten wird.
Der kaum noch einzugrenzende, übergeordnete Sammelbegriff von Institution als
die Summe der Spielregeln einer Gesellschaft (nach Durkheim), wie er vereinzelt in
der Wirtschaftssoziologie Verwendung findet (und nicht zwangsläufig an eine konkrete
Organisation gebunden ist), soll hier nicht weiter verfolgt werden. Wohl ist jedoch der
von da ausgehende Impuls eines in der Analyse zu betonenden zeitlichen Aspektes zu
berücksichtigen, der Gegenwart und Zukunft mit der Vergangenheit über die Konti-
nuität der Institutionen (und ihren Wandel) einer Gesellschaft verknüpft.14 So werden
auch in der Theorie des Kultur-Ansatzes Institutionen häufig als ›Vermittlungsinstanzen
kultureller Sinnproduktion‹15 und in einer erweiterten Perspektive als Steuerungs- wie
Integrationsinstrumente16 bzw. »als Vermittlungsmechanismen zwischen Individuen
und sozialen Strukturen«17 gesehen. Vereinfacht formuliert differenziert die Soziologie
dabei zwischen politischen und sozialen Institutionen, betont aber gleichzeitig deren
immanente Verwobenheit, wobei die soziale Institution ist als Begriff hingegen weiter zu
fassen sei. Eine (politische) Institution kann zwar durch normative Satzungen einen for-
mellen Charakter annehmen (etwa als rechtlich definierte juristische Person), sie kann
andererseits aber auch über ihre indirekte – zunächst nicht ›kodifizierte‹ – Wirkung
informeller Natur sein. Den informellen Existenzsinn, die Intention, erfährt die Institu-
tion über ihre maßgeblichen Akteure und die von ihnen eingebrachten Ideen18, was in
reduzierter Form dem Ansatz von Selznick entspricht. Das kann weitestgehend ebenso
für die soziale Institution geltend gemacht werden.
12 Brunsson 1989, Organization. Den freundlichen Hinweis verdanke ich Niels Grüne anlässlich ei-
ner Diskussion zum Thema in Innsbruck am 28. Nov. 2014.
13 Lowndes 1996, Varieties, 184 u. 195 ; Maurer & Schmid (Hg.) 2002, Institutionalismus, 15.
14 North 1991, Institutions, VII u. 3.
15 Rehberg 1994, Institutionen, 57.
16 Göhler 1994, Institutionen, 39.
17 Maurer & Schmid 2002, Institutionalismus, 11.
18 Béland & Cox 2011, Introduction, 9–10.
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Der griechisch-orientalische Religionsfonds der Bukowina 1783–1949
Kontinuitäten und Brüche einer prägenden Institution des Josephinismus
- Titel
- Der griechisch-orientalische Religionsfonds der Bukowina 1783–1949
- Untertitel
- Kontinuitäten und Brüche einer prägenden Institution des Josephinismus
- Autor
- Kurt Scharr
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20927-0
- Abmessungen
- 17.4 x 24.5 cm
- Seiten
- 447
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Zum Geleit! 11
- Einleitung 13
- 1. Vorwort 13
- 2. Institutionen als Forschungsgegenstand: Analyse & Methodik 18
- 3. Aspekte des Josephinismus. Der katholische Religionsfonds 34
- 4. Gründung des griechisch-orientalischen Religionsfonds 43
- 5. Die wirtschaftliche Situation des Religionsfonds Mitte des 19
- 6. Nationsidee, Kirche & Religionsfonds 116
- 7. Die wirtschaftliche Situation des Religionsfonds bis 1914 215
- 8. Fondul Bisericesc Ortodox Român 1918–1948 246
- 9. Die wirtschaftliche Situation um 1938 289
- 10. Hebel strukturellen Wandels : Jakobeny – Dornawatra (1784–1949) 306
- 11. Zusammenfassungen 340
- I. Verzeichnis ungedruckter Quellen 371
- II. Abbildungsverzeichnis 377
- III. Abkürzungsverzeichnis 380
- IV. Literaturverzeichnis 381
- V. Personenregister 433
- VI. Synoptische Ortsnamenkonkordanz 439