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Institutionen als Forschungsgegenstand: Analyse & Methodik 29
tion trug der Fonds zunächst noch den äußeren Charakter einer ständischen Vertretung,
der sich davon allerdings nicht zuletzt durch die zentrale und maßgebende Mitsprache
Wiens abzuheben begann.
These 2: Institutioneller Wandel und nationale Frage
Während der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts geriet der Religionsfonds in steigen-
dem Maße zum Instrument nationaler Interessen, wobei das orientierende Element
regionaler Identitätsschaffung nach wie vor Bedeutung hatte. Die wechselnden politi-
schen Haltungen seiner regionalen Entscheidungsträger von Eugen Hackmann über
Silvester Morariu-Andriewicz bis hin zu Wladimir Repta spiegeln diesen Wandel wider,
aber auch den persönlichen Glaubenskonflikt über die gefährdete Kircheneinheit. In-
nerregional wird der Religionsfonds zur Stellschraube der gr.-orient. Kirche, die sich
zunehmend als rumänisch-orthodoxe Kirche versteht und die wirtschaftlich mächtige
Institution des Fonds gezielt zur Mobilisierung und Elitenreproduktion in ihrem Sinne
einsetzt. Die ebenso orthodoxen, jedoch ruthenischen Gläubigen der Bukowina profitie-
ren nur mehr in geringem Maße von den Möglichkeiten des Fonds.
Parallel zur wachsenden wirtschaftlichen Machtbasis (These 3) verläuft eine (zu-
nächst auf das Habsburgerreich beschränkte) Konfliktlinie an Begehrlichkeiten zwi-
schen den conationalen rumänischen Bistümern der Monarchie (Czernowitz, Her-
mannstadt), die sich in ihrer strukturellen Basis erheblich unterscheiden. Die starke
regionale Verankerung des Religionsfonds in der Bukowina setzt in der Frage der Verei-
nigung der orthodoxen rumänischen Bistümer beidseits der Karpaten mit Sitz in Czer-
nowitz (Cisleithanien) und Hermannstadt (Transleithanien) wirtschaftliche wie regional
basierte Interessen vor nationale Ideen. Der Religionsfonds und der Bukowiner Bischof
bremsen damit die nationalrumänische Bewegung der Habsburgermonarchie zum
Nachteil der in der ungarischen Reichshälfte lebenden Rumänen aus.
These 3: Institutioneller Wandel und regionale Modernisierung
Die ursprüngliche Intention Wiens, den Religionsfonds zur wirtschaftlichen Basis ei-
ner regionalen, aber vom Zentrum aus kontrollierten Entwicklung zu machen, greift
verstärkt erst seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Der Fonds beteiligt sich an
tragender Stelle an der Modernisierung des Kronlandes und versucht Krisenerschei-
nungen durch Umstrukturierungsmaßnahmen abzufangen (z. B. das Eisenwerk in
Jakobeny). Die voranschreitende Erschließung der Bukowina ermöglicht ihm dabei
gleichzeitig, seine enormen (Wald-)Ressourcen erstmals gewinnbringend in ein inter-
nationales Wirtschaftssystem einzuspeisen. Teil dieses Wandels ist indes auch eine allge-
Der griechisch-orientalische Religionsfonds der Bukowina 1783–1949
Kontinuitäten und Brüche einer prägenden Institution des Josephinismus
- Titel
- Der griechisch-orientalische Religionsfonds der Bukowina 1783–1949
- Untertitel
- Kontinuitäten und Brüche einer prägenden Institution des Josephinismus
- Autor
- Kurt Scharr
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20927-0
- Abmessungen
- 17.4 x 24.5 cm
- Seiten
- 447
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Zum Geleit! 11
- Einleitung 13
- 1. Vorwort 13
- 2. Institutionen als Forschungsgegenstand: Analyse & Methodik 18
- 3. Aspekte des Josephinismus. Der katholische Religionsfonds 34
- 4. Gründung des griechisch-orientalischen Religionsfonds 43
- 5. Die wirtschaftliche Situation des Religionsfonds Mitte des 19
- 6. Nationsidee, Kirche & Religionsfonds 116
- 7. Die wirtschaftliche Situation des Religionsfonds bis 1914 215
- 8. Fondul Bisericesc Ortodox Român 1918–1948 246
- 9. Die wirtschaftliche Situation um 1938 289
- 10. Hebel strukturellen Wandels : Jakobeny – Dornawatra (1784–1949) 306
- 11. Zusammenfassungen 340
- I. Verzeichnis ungedruckter Quellen 371
- II. Abbildungsverzeichnis 377
- III. Abkürzungsverzeichnis 380
- IV. Literaturverzeichnis 381
- V. Personenregister 433
- VI. Synoptische Ortsnamenkonkordanz 439