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Aspekte des Josephinismus. Der katholische Religionsfonds 35
zentralstaatlichen Machtdurchgriffes – deckt Schindling damit freilich nicht ab.6 Neu-
erdings greift die historische Forschung »das Elend der Kategorien« in Bezug auf Auf-
klärung und Josephinismus in den Geschichtswissenschaften wieder vermehrt auf.7 Nur
wenige Studien widmeten sich bis dato den Langzeitwirkungen des Josephinismus auf
der Ebene der österreichischen bzw. habsburgischen Länder.8 An Zahl noch geringer
ist in dieser Hinsicht die Auseinandersetzung auf breiter Basis über das durch den Jo-
sephinismus begründete Verhältnis von Kirche und Staat innerhalb der verschiedenen
Regionen.9 Und das, obwohl schon 1945 Fritz Valjavec auf die zu wenig beachtete lange
Dauer des Josephinismus als Gesamterscheinung hingewiesen hat.10 Zudem diskutieren
die Geschichtswissenschaften die Kirche-Staat-Beziehung des Josephinismus bis heute
nahezu ausschließlich in Bezug auf die katholische Kirche.11 Gerade in der Haltung Jo-
sephs II. gegenüber den nicht katholischen Konfessionen zeigte sich jedoch die ange-
sprochene Praxis der Aufklärung. »Ohne Begeisterung, doch entschlossen« – so sein
Biograph François Fejtö
– trieb den Kaiser hier allen voran das Staatsinteresse und nicht
der Gedanke an Glaubens- oder gar politische Freiheit.12 In paralleler Betrachtung –
und die katholische Kirche blieb ja im Habsburgerreich bis zuletzt in konfessioneller
Hinsicht tonangebend – stellt sich allein aus diesem qualitativen Unterschied heraus in-
nerhalb der allgemeinen Kirchenreform für die (in der Bukowina besonders betroffene)
Orthodoxie die Frage nach einem weiteren ›Josephinismus‹. Daher wäre es wohl auch
gerechtfertigt im Rahmen der josephinischen Kirchenpolitik in Betreff der Konfessio-
nen nicht nur von einer Pluralität der Wirkungen, sondern unter Umständen auch von
einem heterogenen Reformansatz in der durch den Kaiser angestrengten Sache an sich
zu sprechen.
Es sind vor allem vergleichende Studien, die bislang fehlen und die vorhandenen Er-
gebnisse zur Wirkmächtigkeit dieses Reformphänomens zusammenführen könnten, um
damit ein räumliches Bild des Josephinismus für alle Territorien der Habsburgermon-
6 Schindling 1997, Aspekte, 683.
7 Fillafer 2016, Elend.
8 Reinalter 1993, Josephinismus, 8 ; Reinalter (Hg.) 2008, Josephinismus ; für Rumänien (respek-
tive den Teilraum Siebenbürgen) vgl. etwa zuletzt Bud 2015, Limitele ; Bud geht darin vor allem
auf die Wirkungsgeschichte und die Imagination(en) zu Joseph
II. aus rumänisch-siebenbürgischer
Perspektive nach dessen Tod 1790 bis zum Zerfall der Habsburgermonarchie ein.
9 Dazu beispielhaft die Arbeiten von Franz 1908, Studien ; Bernhauer 1989, Kirche sowie Rajsp
2002, Religionsfonds.
10 Valjavec ²1945, Josephinismus, IX u. XII.
11 Leisching ²1995, Kirche.
12 Fejtö 1956, Joseph
II., 272f.
Der griechisch-orientalische Religionsfonds der Bukowina 1783–1949
Kontinuitäten und Brüche einer prägenden Institution des Josephinismus
- Titel
- Der griechisch-orientalische Religionsfonds der Bukowina 1783–1949
- Untertitel
- Kontinuitäten und Brüche einer prägenden Institution des Josephinismus
- Autor
- Kurt Scharr
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20927-0
- Abmessungen
- 17.4 x 24.5 cm
- Seiten
- 447
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Zum Geleit! 11
- Einleitung 13
- 1. Vorwort 13
- 2. Institutionen als Forschungsgegenstand: Analyse & Methodik 18
- 3. Aspekte des Josephinismus. Der katholische Religionsfonds 34
- 4. Gründung des griechisch-orientalischen Religionsfonds 43
- 5. Die wirtschaftliche Situation des Religionsfonds Mitte des 19
- 6. Nationsidee, Kirche & Religionsfonds 116
- 7. Die wirtschaftliche Situation des Religionsfonds bis 1914 215
- 8. Fondul Bisericesc Ortodox Român 1918–1948 246
- 9. Die wirtschaftliche Situation um 1938 289
- 10. Hebel strukturellen Wandels : Jakobeny – Dornawatra (1784–1949) 306
- 11. Zusammenfassungen 340
- I. Verzeichnis ungedruckter Quellen 371
- II. Abbildungsverzeichnis 377
- III. Abkürzungsverzeichnis 380
- IV. Literaturverzeichnis 381
- V. Personenregister 433
- VI. Synoptische Ortsnamenkonkordanz 439