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38 Die Organisation: Von der Gründung zur Konsolidierung
Dienerin am Staat fungieren und eine möglichst breite wie direkte Kontaktmöglichkeit
mit dem Staatsvolk herstellen helfen.23 Dafür musste allerdings die einheitliche Ausbil-
dung der Priester (außerhalb der bischöflichen Seminare) und deren regelmäßiges, stan-
desgemäßes Einkommen garantiert werden. Ebenso bedurfte die Pfarr- und Diözesan-
regulierung – die unter anderem eine annähernde Deckungsgleichheit politischer und
kirchlicher Verwaltungsgrenzen im Staatsinneren herbeiführen sollte – einer stabilen
wie dauerhaften Finanzierung. Dergestalt war klar, dass das ›fiskale Element‹, die Finan-
zierung des Staates und seiner neuen Aufgaben, zum Dreh- und Angelpunkt seit den
Reformen Maria Theresias geriet.24 Eine dafür vermeintlich ausreichend gut sprudelnde
Quelle glaubten der Staat und sein oberster Repräsentant, der Kaiser, im Kirchenvermö-
gen entdeckt zu haben.
Erste Ansätze – die jedoch nicht realisiert wurden – den Regularklerus der Habsbur-
germonarchie zur Gänze einer staatlichen Verwaltung zu unterstellen bzw. zumindest
die Überschüsse aus den geistlichen Stiftungen abzuschöpfen, tauchen bereits in den
1750er Jahren auf.25 Die lombardische Guinta economale von 1765
– sie säkularisierte 80
Klöster und leitete dabei ihr Vermögen einer eigenen Verwaltungsbehörde, dem Regio
economato, zu – gilt hingegen als frühes auch tatsächlich umgesetztes Beispiel dieser
Politik26, auf das Joseph II. zur Finanzierung seiner Staatskirchenreform später zurück-
greifen sollte. Ein anderer Vorläufer, der strukturelle Ähnlichkeiten mit dem späteren
Religionsfonds aufwies, war der 1773 aus dem Vermögen des auch im Habsburgerreich
aufgehobenen Jesuitenordens angelegte ›Exjesuitenfonds‹ bzw. ›Studienfonds‹.27 Bereits
1781 ließ der Kaiser bestehende Religionsfundi, die Maria-Theresia zur Mission der Pro-
testanten geschaffen hatte, zur Finanzierung von Seelsorgestellen und Schulen umwid-
men. Schließlich folgten dem Patent vom 12. Jänner 1781 zur Aufhebung der Klöster
am 28. Februar 1782 und am 23. Mai 1783 weitere Verordnungen Joseph II., die den
Umgang mit dem durch die Säkularisierung frei gewordenen Vermögen regeln sollten.
Das daraus zu erlösende Kapital war zweckgebunden und einer zu errichtenden Reli-
gions- bzw. Pfarrkasse zuzuführen.28 Mit dieser ersten Phase der Klosteraufhebungen
war die Gründung des katholischen Religionsfonds eingeleitet worden. Wenig später,
23 Valjavec ²1945, Josephinismus, 62 u. 65.
24 Holzknecht 1914, Ursprung, 66 u. 79.
25 Reinhardt 1966, Kirchenreform, 110 u. 117.
26 Hock & Bidermann 1879, Staatsrath, 394.
27 Maček 2002, Religionsfond, 416.
28 Verwendung des Vermögens der aufgehobenen Klöster, Kropatschek, Handbuch II, 272 ; abgedruckt
in Klueting (Hg.) 1995, Josephinismus, 295 (Nr. 121) ; im Überblick Hussarek 1909, Religions-
fonds, 92.
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Der griechisch-orientalische Religionsfonds der Bukowina 1783–1949
Kontinuitäten und Brüche einer prägenden Institution des Josephinismus
- Titel
- Der griechisch-orientalische Religionsfonds der Bukowina 1783–1949
- Untertitel
- Kontinuitäten und Brüche einer prägenden Institution des Josephinismus
- Autor
- Kurt Scharr
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20927-0
- Abmessungen
- 17.4 x 24.5 cm
- Seiten
- 447
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Zum Geleit! 11
- Einleitung 13
- 1. Vorwort 13
- 2. Institutionen als Forschungsgegenstand: Analyse & Methodik 18
- 3. Aspekte des Josephinismus. Der katholische Religionsfonds 34
- 4. Gründung des griechisch-orientalischen Religionsfonds 43
- 5. Die wirtschaftliche Situation des Religionsfonds Mitte des 19
- 6. Nationsidee, Kirche & Religionsfonds 116
- 7. Die wirtschaftliche Situation des Religionsfonds bis 1914 215
- 8. Fondul Bisericesc Ortodox Român 1918–1948 246
- 9. Die wirtschaftliche Situation um 1938 289
- 10. Hebel strukturellen Wandels : Jakobeny – Dornawatra (1784–1949) 306
- 11. Zusammenfassungen 340
- I. Verzeichnis ungedruckter Quellen 371
- II. Abbildungsverzeichnis 377
- III. Abkürzungsverzeichnis 380
- IV. Literaturverzeichnis 381
- V. Personenregister 433
- VI. Synoptische Ortsnamenkonkordanz 439