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Aspekte des Josephinismus. Der katholische Religionsfonds 39
am 26. Juli 1782, gründete Joseph II. die Geistliche Hofkommission und bestimmte sie
zur zentralen Administration des frei gewordenen Kirchenvermögens.29 Eine gänzliche
Abhängigkeit der Kirche von der Staatsgewalt war in den katholischen Ländern kaum
durchsetzbar30, wohl aber eine unter anderem auch über den Religionsfonds ausgeübte
zentrale Kontrolle. Über die Institution des Religionsfonds gelang es dem Staat letztlich,
sowohl die Bischöfe als auch die Klöster nahezu zur Gänze aus der Verwaltung des Kir-
chenvermögens hinauszudrängen.31 Spätere Novellen des Religionsfonds ermöglichten
indes eine gewisse, wenngleich immer noch durch das letztliche Entscheidungsrecht der
staatlichen Behörden nach wie vor maßgeblich kontrollierte Mitsprache kirchlicher In-
stitutionen wie etwa der Konsistorien bei der Mittelverwendung.32
Die theoretischen Grundlagen dafür aus staatskirchenrechtlicher Sicht hatte Paul Jo-
seph Riegger (1705–1775) aufbereitet. Demnach war mit diesem Schritt, die Kirchen-
güter einer staatlichen Aufsicht zu unterstellen, die »Freiheit des Staates von der Kir-
che« wieder hergestellt. Die Rechte und die Pflichten des Herrschers wurden sinngemäß
durch den Staat wahrgenommen.33 Der zeitweise aus Kirchenkreisen geäußerte Vor-
wurf, damit lediglich Kapital »auf kirchlicher Seite aufzulösen […] um [es] auf staatli-
cher Seite in großen Fonds anzuhäufen oder auf kirchlicher Seite zu atomisieren«34, ist
in dieser Form kaum haltbar. Selbst gegenüber dem Josephinismus kritische Stimmen
verweisen darauf, dass mit dem Religionsfonds das Kirchengut keineswegs der Kirche
entfremdet wurde, im Gegenteil, die Mittelverwendung streng zweckgebunden »ganz
allein zur Beförderung der Religion, und des damit so eng verknüpften und so schul-
digen Besten des Nächsten verwendet werden«.35 Das erlöste und dem Religionsfonds
zugewiesene Kapital36 war in seiner rechtlichen Natur als ›fideikommissarisch‹ zu sehen,
wonach »das ganze geistliche Vermögen nach dessen echtem Ursprung und Endzweck,
auch nach dem wahren Geist der Kirche als ein für das Beste des Seelenheils und der
Armuth bestimmtes Patrimonium anzusehen sei, wovon die geistlichen Individuen und
29 Errichtung des ›geistlichen Ökonomats‹, Österreichische Zentralverwaltung II/4, 74–79 ; abgedruckt
in Klueting (Hg.) 1995, Josephinismus, 298 (Nr. 124).
30 Rieser 1963, Geist, XI ; Aretin 1985, Josephinismus, 521.
31 Hörtnagl 1950, Stellung, 106.
32 Im Zuge der Reformen nach 1848 und des Konkordats von 1855 wurde den Bischöfen ein Recht auf
Einsicht in das Gebaren des Fonds gewährt jedoch kein unmittelbarer Einfluss darauf. Hussarek
1909, Religionsfonds, 94.
33 Seifert 1973, Riegger, 274 u. 345f.
34 Rieser 1963, Geist, 43 ; in der Argumentation ähnlich Zenker 1909, Kirche, 47.
35 Brunner 1874, Joseph II., 200 u. 225 ; a. d. Kabinettschreiben Joseph II. a. Graf Blümegen
27.II.1782, zit. nach Hussarek 1909, Religionsfonds, 92.
36 Im Detail vgl. die Auflistung der ursprünglichen Religionsfondszuflüsse mit den entsprechenden
Hofdekreten bei Helfert 1825², Kirchenvermögen, § 105.
Der griechisch-orientalische Religionsfonds der Bukowina 1783–1949
Kontinuitäten und Brüche einer prägenden Institution des Josephinismus
- Titel
- Der griechisch-orientalische Religionsfonds der Bukowina 1783–1949
- Untertitel
- Kontinuitäten und Brüche einer prägenden Institution des Josephinismus
- Autor
- Kurt Scharr
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20927-0
- Abmessungen
- 17.4 x 24.5 cm
- Seiten
- 447
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Zum Geleit! 11
- Einleitung 13
- 1. Vorwort 13
- 2. Institutionen als Forschungsgegenstand: Analyse & Methodik 18
- 3. Aspekte des Josephinismus. Der katholische Religionsfonds 34
- 4. Gründung des griechisch-orientalischen Religionsfonds 43
- 5. Die wirtschaftliche Situation des Religionsfonds Mitte des 19
- 6. Nationsidee, Kirche & Religionsfonds 116
- 7. Die wirtschaftliche Situation des Religionsfonds bis 1914 215
- 8. Fondul Bisericesc Ortodox Român 1918–1948 246
- 9. Die wirtschaftliche Situation um 1938 289
- 10. Hebel strukturellen Wandels : Jakobeny – Dornawatra (1784–1949) 306
- 11. Zusammenfassungen 340
- I. Verzeichnis ungedruckter Quellen 371
- II. Abbildungsverzeichnis 377
- III. Abkürzungsverzeichnis 380
- IV. Literaturverzeichnis 381
- V. Personenregister 433
- VI. Synoptische Ortsnamenkonkordanz 439