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Gründung des griechisch-orientalischen Religionsfonds 57
nistrativen Eingliederung der Bukowina in das Königreich Galizien-Lodomerien 1786,
d.h. dem Ende der Militäradministration, endete auch die Direktverwaltung der Provinz
durch Wien. Beck erhielt die Stelle des Kreishauptmannes, ihm bzw. dem Kreisamt un-
terstand im Weiteren die Güterverwaltung des gr.-orient. Religionsfonds (im Rahmen
der schon erwähnten allgemeinen Kameralverwaltung). Lemberg fungierte in diesen
Belangen als nächst höhere Instanz.79 In der Realität freilich ließ die ausreichende Ver-
sorgung von Priestern und Bischof aus den Mitteln des Religionsfonds noch geraume
Zeit auf sich warten und stellte sich keineswegs als ausreichend dar. So waren die Popen
noch zu Beginn des 19. Jahrhunderts gezwungen, ihren Lebensunterhalt weitgehend
aus dem ihnen zur eigenen Bearbeitung zugeteilten Grund und Boden zu bestreiten.
Selbst der Bischof musste in »schmutzigen und zerfezten Meßgewändern pontifizieren«
und die »Gemeinde auf dem Lande zur Begehung der Sontagmessen« die Kerzen selbst
mitbringen, wie das etwas drastisch ein zeitgenössischer Bericht zum Ausdruck bringt.80
Der Hofkriegsrat, der schon knapp zwei Jahre zuvor den zentralen Stellenwert der
Regulierung der Geistlichkeit für die Einrichtung der Provinz und den zentralstaatli-
chen Einfluss erkannt hatte, setzte sich letztlich in seiner Ansicht durch.81 Unter dem
administrativen Dach des Religionsfonds vereinigten sich nunmehr alle eingezogenen
Liegenschaften der aufgelösten sowie noch bestehenden Klöster. Die Kapitalien waren
zur ›Aufrechterhaltung der Religion‹ streng zweckgewidmet. Vor den Umstrukturierun-
gen durch die Grundentlastung im Gefolge des Jahres 1848 gehörten allein 105 von 190
79 Scharr 2010, Landschaft, 162. Die gr.-orient. Kirche erinnerte – wie auch die Bukowiner Eliten –
die Zeit der galizischen Verwaltung und den Einfluss Lembergs weitgehend negativ : »Fondul reli-
gionariu se supuse Guvernului din Leov. Cum se vor fi administrat averile fondului pe timpul a cela
nu pute dice nimica hotărât, dară de bună samă că aceasta nu s’a facut totdeauna în favorul bisericii
ortodoxe.« [Der Religionsfonds wurde dem Gubernium in Lemberg unterordnet. Wir können nichts
Konkretes darüber aussagen, wie das Vermögen des Fonds zu der Zeit verwaltet wurde, aber offen-
sichtlich ist das nicht immer zugunsten der orthodoxen Kirche geschehen ; Übersetzung L. Madly] ;
Neşciuc 1893, Istoria, 20.
80 Staatsarchiv L’viv 146/4/911 Relation, fol. 51ff. u. 78 (s. Anm. 58) ; »während alle dortigen Pfarrer
zum großten Scandal und Abwürdigung ihres Standes das Feld mit eigenen Händen bauen müssen,
um sich kümmerlich zu ernähren ! ! !« ; ÖSTA-HHSTA Faßbender Karton 4 X/4, fol. 729, Bericht der
k.k. Peczenijczijner (Galizien) Kameralverwaltung v. 9.XII.1802.
81 »In den Händen der Geistlichkeit sind die meisten besitzungen, und in dieser ihrer Gewalt steht
auch das Volk, es findet mithin der Hofkriegsrath für nothwendig, den anfang von einer dauerhaften
nutzbaren Einrichtung der Bucowina dadurch zu machen, daß die Geistlichkeit auf eine solche Art,
die beim Volk kein Ärgerniß, und nicht einmal eine besorgniß ein absehen auf die Religion wirken
kan, auf ihren standsmäßigen Beruf zurückgesetzet, und eingeschränket, der Geistlichkeit ihre Güt-
ter, und Wirtschaften […] pro cassio eingelöset […] und […] denen Herzen des Volkes die noch völ-
lig ermangelnde Bildung nach, und nach eingeflößet, und d. Volk zu gehorsam gegen die weltliche
Obrigkeit herbeygebracht werde« ; ANR-B HKR VI/51, HKR a. Graf Hatzfeld Wien v. 16.VI.1781.
Der griechisch-orientalische Religionsfonds der Bukowina 1783–1949
Kontinuitäten und Brüche einer prägenden Institution des Josephinismus
- Titel
- Der griechisch-orientalische Religionsfonds der Bukowina 1783–1949
- Untertitel
- Kontinuitäten und Brüche einer prägenden Institution des Josephinismus
- Autor
- Kurt Scharr
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20927-0
- Abmessungen
- 17.4 x 24.5 cm
- Seiten
- 447
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Zum Geleit! 11
- Einleitung 13
- 1. Vorwort 13
- 2. Institutionen als Forschungsgegenstand: Analyse & Methodik 18
- 3. Aspekte des Josephinismus. Der katholische Religionsfonds 34
- 4. Gründung des griechisch-orientalischen Religionsfonds 43
- 5. Die wirtschaftliche Situation des Religionsfonds Mitte des 19
- 6. Nationsidee, Kirche & Religionsfonds 116
- 7. Die wirtschaftliche Situation des Religionsfonds bis 1914 215
- 8. Fondul Bisericesc Ortodox Român 1918–1948 246
- 9. Die wirtschaftliche Situation um 1938 289
- 10. Hebel strukturellen Wandels : Jakobeny – Dornawatra (1784–1949) 306
- 11. Zusammenfassungen 340
- I. Verzeichnis ungedruckter Quellen 371
- II. Abbildungsverzeichnis 377
- III. Abkürzungsverzeichnis 380
- IV. Literaturverzeichnis 381
- V. Personenregister 433
- VI. Synoptische Ortsnamenkonkordanz 439