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Gründung des griechisch-orientalischen Religionsfonds 79
nig vertrauenswürdig eingestuft, zweifelte man doch an seiner Bonität.131 Offenbar hatte
Mustazza spätestens zu Beginn des Jahres 1802 neuerlich einen Antrag eingereicht und
bat, die Pacht der betreffenden Güter nicht mehr zu verlängern, damit sie zum Kauf
freigestellt werden könnten. Mit Mai 1802 hatte sich der Bukowiner Adelige für einen
Betrag von 331.000 Gulden bereit erklärt, die Liegenschaften zu erwerben.132 Daraufhin
war Wien sichtlich bemüht, den »wahren Werth« dieser Güter zu ermitteln.133 Mit der
Sicherstellung der Kaufsumme und dem Verzicht von Entschädigungsklagen aus frühe-
ren Abmachungen sollten Mustazza per 1. Mai 1802 die Liegenschaften endlich übertra-
gen bekommen, »weil andurch allen bisherigen Weitläufigkeiten und Einstrengungen
auf einmal ein Ende gemacht […] werden würde«.134
Fühlte man sich von Mustazza übervorteilt oder hatte die Verwaltung vor Ort in der
Person des Staatsgüterinspektors Franz Pauli135 bereits begonnen, das Anliegen aus eige-
nen Überlegungen zu bremsen ? Seitens der Hofkanzlei und der vereinigten politischen
Hofstelle als dem Religionsfonds vorgeordneter Behörde gab es indes keine Einwände.
Zudem lief die Pachtfrist per 1. April 1802 ohnedies aus und die Eingaben an die mol-
dauische Regierung, ausständige Pachtzinse einzutreiben, blieben weiterhin »fruchtlos«.
Aus der Perspektive der Wiener Zentralbehörden wollte man daher »diese Güter je eher
je lieber los werden«.136 Im Februar 1802 erging folglich per kaiserlichem Handbillet der
Auftrag an das galizische Landesgubernium, die betreffenden Liegenschaften an Mus-
tazza zu veräußern. Wiederholte Einwände Paulis gegen diesen Verkauf blieben offen-
bar unberücksichtigt. Sie warfen allerdings ein bezeichnendes Licht auf den weiteren
Verkaufsprozess, der zunehmend ins Stocken geraten sollte.137 Noch im Juni desselben
Jahres ließ das ostgalizische Gubernium
– offenbar parallel zu den Verkaufsgesprächen
–
einen neuen Pachtschilling für die meisten der moldauischen Liegenschaften auf die
Dauer von zwei bis drei Jahren festsetzen, zur Einbringung der Rückstände betraute
131 »[…] schlechterdings für unfähig halte, neue und zwar so betrachtliche Guter, als die Bukowiner
Religionsfondsgüter in der Moldau sind, an sich zu kaufen« ; ÖSTA-FHKA Domänen Fasz. 10/1.816
Nr. 93, Sitzung v. 16.VII.1801.
132 ÖSTA-FHKA galiz. Domänen Fasz. 10 57–1615/111, Sitzung Hofrat v. Erben v. 13./20.I.1802.
133 ÖSTA-HHKA Faßbender Karton 3 Fasz. IX/18 v. 22.II.1802, Handschreiben a. Hofrat v. Holzmeis-
ter.
134 ÖSTA-FHKA galiz. Domänen Fasz. 10/1.816 Nr. 41, Sitzung v. 16.XII.1801.
135 Pauli war zunächst Wirtschaftsdirektor der Herrschaft Radautz und seit 1801 Direktor der gesam-
ten Staatsgüter in der Bukowina ; ÖSTA-FHKA galiz. Domänen Nr. 108 Fasz. 10 Juli-Dez. 1801,
Bericht des ostgalizischen Landesguberniums a.d. Kaiser, Lemberg v. 17.IV.1801.
136 ÖSTA-FHKA galiz. Domänen Fasz 10 36–4275/279, Note geheime Hof- und Staatskanzlei, Wien
27.I.1802 ; Fasz. 10 130–10642/708, Hofrat v. Erben, Wien v. 24.III.1801.
137 ÖSTA-FHKA galiz. Domänen Fasz. 10 2–5306/346, Präsidialschreiben a. ostgalizisches Gubernium
v. 6.II.1802 ; Abschrift Handbillet v. 1.II.1802.
Der griechisch-orientalische Religionsfonds der Bukowina 1783–1949
Kontinuitäten und Brüche einer prägenden Institution des Josephinismus
- Titel
- Der griechisch-orientalische Religionsfonds der Bukowina 1783–1949
- Untertitel
- Kontinuitäten und Brüche einer prägenden Institution des Josephinismus
- Autor
- Kurt Scharr
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20927-0
- Abmessungen
- 17.4 x 24.5 cm
- Seiten
- 447
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Zum Geleit! 11
- Einleitung 13
- 1. Vorwort 13
- 2. Institutionen als Forschungsgegenstand: Analyse & Methodik 18
- 3. Aspekte des Josephinismus. Der katholische Religionsfonds 34
- 4. Gründung des griechisch-orientalischen Religionsfonds 43
- 5. Die wirtschaftliche Situation des Religionsfonds Mitte des 19
- 6. Nationsidee, Kirche & Religionsfonds 116
- 7. Die wirtschaftliche Situation des Religionsfonds bis 1914 215
- 8. Fondul Bisericesc Ortodox Român 1918–1948 246
- 9. Die wirtschaftliche Situation um 1938 289
- 10. Hebel strukturellen Wandels : Jakobeny – Dornawatra (1784–1949) 306
- 11. Zusammenfassungen 340
- I. Verzeichnis ungedruckter Quellen 371
- II. Abbildungsverzeichnis 377
- III. Abkürzungsverzeichnis 380
- IV. Literaturverzeichnis 381
- V. Personenregister 433
- VI. Synoptische Ortsnamenkonkordanz 439