Seite - 138 - in Der griechisch-orientalische Religionsfonds der Bukowina 1783–1949 - Kontinuitäten und Brüche einer prägenden Institution des Josephinismus
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138 Die Institution: Struktur & Werte
Da das alte Residenzgebäude seit 1842 endgültig nicht mehr bewohnbar war (vgl.
Abb. 15), musste der Bischof und seine Konsistorialkanzlei in ein Privathaus verlegt wer-
den. Dieses ›dauerhafte‹ Provisorium schien sich nicht beheben zu lassen. Nicht nur,
dass zur Mitte des 19. Jahrhunderts generell zu wenig Kubatur in Czernowitz existierte,
selbst die vorhandenen Möglichkeiten waren oftmals zu teuer bzw. häufig aus hygieni-
schen Gründen unzumutbar. Nach dem dritten Umzug innerhalb von acht Jahren sah
Hackmann keine andere Möglichkeit mehr, als sich direkt mit einer drängenden Bitte an
das Kultusministerium zu wenden, »damit die vor 50 Jahren zur Erbauung eines neuen,
für die Würde des Bischofs angemessenen Wohngebäudes eingeleiteten Verhandlungen
finalisiert« würden.85 Das Müllersche Haus, das Hackmann zu diesem Zeitpunkt be-
wohnte und das ihm die Behörde gegen seinen Willen zugewiesen hatte86, war als Quar-
tier unhaltbar geworden, verbreiteten sich doch darin seiner eigenen Schilderung nach
»wegen der schmalen und schlecht angebrachten Aborte solche übelriechenden Dünste,
[die durch die] beinahe in allen Zimmern herrschende[n] Luftzüge für die Gesundheit
gefährlich werden«.87 Die Bukowiner Kreisadministration konnte daran jedoch vorerst
nichts ändern, da das Amt bei allfälligen Reparaturen am alten Residenzgebäude mit
»bedeutenden Kosten« für den Religionsfond rechnete ; Kosten, die man offensicht-
lich dafür zu diesem Zeitpunkt nicht decken wollte.88 Auch das Angebot Hackmanns,
die Miete für ein entsprechendes Gebäude, das Baron Mustazza zur Verfügung stellen
würde, aus dem »für einen Bischof beschränkt bemessenen Gehalte« selbst finanzieren
zu wollen, hatte keine Zustimmung der dafür zuständigen Instanz in der vorgeordneten
galizischen Landesverwaltung zu erwarten.89 Der Vorschlag war durchaus nicht unge-
wöhnlich. Für die Einrichtungsgegenstände war der Bischof auch bereits selbst aufge-
kommen bzw. hatte aus Fondsmitteln dafür lediglich ein Darlehen (sic !) bewilligt be-
kommen.90
fäule handeln ; beide Schwammarten greifen die Zellulose oder das Lignin der (in diesem Fall schon
verbauten) Holzsubstanz an und vermindern damit ihre Tragfähigkeit bzw. Stabilität erheblich.
85 DACZ 1026/1/1225, fol. 1, Hackmann an Ministerium für Cultus und Unterricht v. 24.VIII./5.
IX.1851.
86 DACZ 1026/1/1225, fol. 9, Gubernialverwaltung Lemberg an Hackmann v. 27.VIII.1851
87 DACZ 1026/1/1225, fol. 5, Hackmann an Landesstelle v. 30.VII./11.VIII.1851
88 DACZ 1026/1/1225, fol. 11, Kreisamt Czernowitz an Landesgubernium Lemberg v. 9.X.1851.
89 DACZ 1023/1/1225, fol. 56–61, Hackmann an Landeschef der Bukowina Baron Henninger v.
24.VIII./5.V.; sowie Kreisamt Czernowitz an Landesgouverneur Goluchowski v. 2.XII. und Hack-
mann an Landesgubernium Lemberg v. 2./14.XII.1851.
90 ÖSTA-AVA, Kultus AK gr.-or. Karton 2, 22737–1837, allerhöchster Vortrag der vereinten Hofkanzlei
v. 21.IX.1837 ; Hackmann beantragte 3.000 fl. Gehaltsvorschuss, die ihm der Kaiser (v. 4.XI.1837)
gegen Rückzahlung in 36 Monatsraten bewilligte.
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Der griechisch-orientalische Religionsfonds der Bukowina 1783–1949
Kontinuitäten und Brüche einer prägenden Institution des Josephinismus
- Titel
- Der griechisch-orientalische Religionsfonds der Bukowina 1783–1949
- Untertitel
- Kontinuitäten und Brüche einer prägenden Institution des Josephinismus
- Autor
- Kurt Scharr
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20927-0
- Abmessungen
- 17.4 x 24.5 cm
- Seiten
- 447
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Zum Geleit! 11
- Einleitung 13
- 1. Vorwort 13
- 2. Institutionen als Forschungsgegenstand: Analyse & Methodik 18
- 3. Aspekte des Josephinismus. Der katholische Religionsfonds 34
- 4. Gründung des griechisch-orientalischen Religionsfonds 43
- 5. Die wirtschaftliche Situation des Religionsfonds Mitte des 19
- 6. Nationsidee, Kirche & Religionsfonds 116
- 7. Die wirtschaftliche Situation des Religionsfonds bis 1914 215
- 8. Fondul Bisericesc Ortodox Român 1918–1948 246
- 9. Die wirtschaftliche Situation um 1938 289
- 10. Hebel strukturellen Wandels : Jakobeny – Dornawatra (1784–1949) 306
- 11. Zusammenfassungen 340
- I. Verzeichnis ungedruckter Quellen 371
- II. Abbildungsverzeichnis 377
- III. Abkürzungsverzeichnis 380
- IV. Literaturverzeichnis 381
- V. Personenregister 433
- VI. Synoptische Ortsnamenkonkordanz 439