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154 Die Institution: Struktur & Werte
Czernowitzer theologische Einrichtung, ins Leben. Die Academia widmete sich dem
Unterricht des Kirchengesangs. Sie hatte ihre Wurzeln teilweise in der seit 1881 beste-
henden, ebenfalls von Morariu-Andriewicz initiierten Gesellschaft Armonia. Als Dorf-
pfarrer in Czahor war ihm der Mangel an Schulbüchern in rumänischer Sprache und
der seitens der Priesterschaft nur wenig ausgeprägte Hang, neben ihren religiösen Auf-
gaben auch solche der breiteren Volksbildung zu übernehmen, bewusst geworden.134 In
seine Amtszeit fällt daher auch die Gründung der Candela (1882–1946), einer bilingual
rumänisch-ruthenischen Zeitschrift – geführt von den Professoren der theologischen
Fakultät der Universität Czernowitz
– und die Einrichtung einer eigenen Druckerei 1883
mit seinem Namen.135 Beides sollte zu einer verbesserten Volksbildung beitragen.
Zugleich verfolgte der ›self made man‹ – wie ihn ein zeitgenössischer Biograph cha-
rakterisierte136 – mit Vehemenz seine eigenen politischen Ziele, zunächst als Vertreter
des geistlichen Großgrundbesitzes mit einer Virilstimme im Bukowiner Landtag (1867)
und von 1867 bis 1870 auch als Abgeordneter im Wiener Reichsrat. Mit der Ernennung
bzw. Weihe zum Erzbischof und Metropoliten 1880137 war schließlich die Mitgliedschaft
im Herrenhaus verbunden. Sein unablässiges Streben nach einer Verfassung und sein
Eintreten für das Recht nach Selbstbestimmung der Kirche der Bukowina gehörten le-
benslang zu den zentralen Anliegen des Geistlichen. Nach fünfzehn Jahren an der Spitze
der gr.-orient. Landeskirche verstarb Morariu-Andriewicz in seiner Residenz in Czer-
nowitz.
Zum Ableben des Erzbischofs am 15. April 1895 erschien eine Reihe von Nachru-
fen in der Bukowiner Presse aber auch in anderen Zeitungen der Doppelmonarchie. Ihr
Grundtenor ist, wie in solchen Texten üblich, pietätvoll und positiv. So schreibt etwa
die Bukowinaer Post : »Der verblichene Kirchenfürst war ein fester Charakter, der ei-
gene Schmied seines Glückes, der Alles was er erreichte, hauptsächlich nur sich selbst zu
danken hatte.«138 Das auflagenstarke und liberale Neue Wiener Tagblatt geht in seinem
134 Reli 1935, Mitropolitul, 6.
135 Die erste Nummer der Candela [Das Ewiglicht] erschien am 1.VII.1882 ; Găina 1907, Arhiepisco-
pul, 14 ; mit dieser Zeitschrift sollte ein Kommunikationsorgan zwischen Klerikern unterschiedli-
cher Muttersprache geschaffen werden ; Turczynski 1993, Geschichte, 173.
136 »El a fost un self made man în toată puterea cuvântului« [Er war ein self made man im vollsten
Sinne des Wortes] ; ein anderer Zeitgenosse, Găina (1907, Arhiepiscopul, 28 ; zum 50. Priester-
jubiläum), beschreibt ihn als »un bărbat foarte erudit drept şi energic« [eine Persönlichkeit hoch
gelehrt, gerecht und tatkräftig] ; Vorobchievici 1893, Privire, 15.
137 Ernennung am 17.III.1880 ; Weihe in der Dreifaltigkeitskirche (heutige Griechenkirche zur Hl.
Dreifaltigkeit), Wien am 6.IV., Aufnahme in das Herrenhaus am 3.V., Inauguration Czernowitz am
8.V.1880.
138 Bukowinaer Post Nr. 218 v. 18.IV.1895, 1ff.
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Der griechisch-orientalische Religionsfonds der Bukowina 1783–1949
Kontinuitäten und Brüche einer prägenden Institution des Josephinismus
- Titel
- Der griechisch-orientalische Religionsfonds der Bukowina 1783–1949
- Untertitel
- Kontinuitäten und Brüche einer prägenden Institution des Josephinismus
- Autor
- Kurt Scharr
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20927-0
- Abmessungen
- 17.4 x 24.5 cm
- Seiten
- 447
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Zum Geleit! 11
- Einleitung 13
- 1. Vorwort 13
- 2. Institutionen als Forschungsgegenstand: Analyse & Methodik 18
- 3. Aspekte des Josephinismus. Der katholische Religionsfonds 34
- 4. Gründung des griechisch-orientalischen Religionsfonds 43
- 5. Die wirtschaftliche Situation des Religionsfonds Mitte des 19
- 6. Nationsidee, Kirche & Religionsfonds 116
- 7. Die wirtschaftliche Situation des Religionsfonds bis 1914 215
- 8. Fondul Bisericesc Ortodox Român 1918–1948 246
- 9. Die wirtschaftliche Situation um 1938 289
- 10. Hebel strukturellen Wandels : Jakobeny – Dornawatra (1784–1949) 306
- 11. Zusammenfassungen 340
- I. Verzeichnis ungedruckter Quellen 371
- II. Abbildungsverzeichnis 377
- III. Abkürzungsverzeichnis 380
- IV. Literaturverzeichnis 381
- V. Personenregister 433
- VI. Synoptische Ortsnamenkonkordanz 439