Seite - 181 - in Der griechisch-orientalische Religionsfonds der Bukowina 1783–1949 - Kontinuitäten und Brüche einer prägenden Institution des Josephinismus
Bild der Seite - 181 -
Text der Seite - 181 -
Nationsidee, Kirche & Religionsfonds 181
Eusebius Popowicz, gab es durchaus Stimmen, die im »Interesse des Friedens« ganz
pragmatisch eine Teilung befürworteten, zugleich aber dabei stets den ausgesprochen
rumänischen Charakter der Diözese betonten und »für alle Dienststellen der Zentral-
verwaltung« Rumänisch als erste Diözesansprache verlangten.252 Für die Jungruthenen
galten diese Argumente wenig, stand doch Popowicz als Altruthene dem nationalrumä-
nischen Lager nahe.253
In der Öffentlichkeit hingegen waren andererseits die von der Bukowinaer Post noch
zum Priesterjubiläum des Metropoliten reichlich gestreuten Rosen eineinhalb Jahre spä-
ter bereits merklich vergessen. In einem fordernden Tonfall verlangte dieselbe Zeitung
jetzt ein entschiedeneres Auftreten gegen die politischen Bestrebungen der Ruthenen.
Herr Erzbischof Czuperkowicz, Anwalt Ihrer Kirche, wo sind Sie ? Imponieren Sie uns, aber
imponieren Sie auch jenen Aufdringlichen, die unberufen sich in Angelegenheiten der gr.-or.
Kirche mengen mit Sendschreiben, gleich dem Hakmann’schen !254
Die Abgeordneten Pihuliak und N. v. Wassilko setzten zeitgleich im Gegenzug alles da-
ran, den Rückhalt für ihre Partei innerhalb der ruthenischen Bevölkerung der Buko-
wina weiter auszubauen bzw. sich selbst als ihre alleinigen Sprecher in der Öffentlichkeit
zu stilisieren. Im Jänner 1899 überreichten beide dem Erzbischof ein auf Beschluss der
1898 erfolgten Versammlung verfasstes und gedrucktes dreiseitiges Memorandum, in
dem sie neuerlich auf die »traurige Lage des orthodoxen ruthenischen Volkes [der] Bu-
kowina auf kirchlichem Gebiete« aufmerksam machten. Nur in einer nationalen Tei-
lung der gr.-orient. Diözese glaubten beide Politiker noch einen gangbaren Ausweg zu
sehen. Da dieses Ziel unter den gegebenen Umständen wenig Aussicht auf Erfolg hatte,
unterbreiteten Wassilko und Pihuliak dem Metropoliten vorerst einmal eine Reihe von
Vorschlägen zur Entspannung der Situation. So sollten beispielsweise das Konsistorium
in zwei nationale Sektionen geteilt und der Erzbischof sowie der Bischof von Radautz
jeweils abwechselnd aus dem rumänischen bzw. ruthenischen Klerus heraus besetzt
werden.255
252 ANB – Iancu Flondor 945, fol. 17–22 ; Eusebius Popowicz (rum. Eusebiu Popovici) war von 1875
bis 1908 ord. Universitätsprofessor für Kirchengeschichte an der theologischen Fakultät der Czer-
nowitzer Universität ; seit 1908 Ehrenmitglied der Rumänischen Akademie der Wissenschaften.
253 Prokopowitsch 1965, Nationalbewegung, 82.
254 Bukowinaer Post Nr. 858 v. 27.VI.1899, 1, Smal-Stockis jüngste That.
255 Das Memorandum liegt in gedruckter Form sowohl in Deutsch als auch in Ruthenisch vor ; DACZ
320/3/67, fol. 67 (ruthenisch) ; DACZ 320/3/4, fol. 186f., Heilige orthodox-katholische Metropolitan-
synode ! (deutsch, mit Originalunterschriften von Wassilko und Pihuliak).
Der griechisch-orientalische Religionsfonds der Bukowina 1783–1949
Kontinuitäten und Brüche einer prägenden Institution des Josephinismus
- Titel
- Der griechisch-orientalische Religionsfonds der Bukowina 1783–1949
- Untertitel
- Kontinuitäten und Brüche einer prägenden Institution des Josephinismus
- Autor
- Kurt Scharr
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20927-0
- Abmessungen
- 17.4 x 24.5 cm
- Seiten
- 447
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Zum Geleit! 11
- Einleitung 13
- 1. Vorwort 13
- 2. Institutionen als Forschungsgegenstand: Analyse & Methodik 18
- 3. Aspekte des Josephinismus. Der katholische Religionsfonds 34
- 4. Gründung des griechisch-orientalischen Religionsfonds 43
- 5. Die wirtschaftliche Situation des Religionsfonds Mitte des 19
- 6. Nationsidee, Kirche & Religionsfonds 116
- 7. Die wirtschaftliche Situation des Religionsfonds bis 1914 215
- 8. Fondul Bisericesc Ortodox Român 1918–1948 246
- 9. Die wirtschaftliche Situation um 1938 289
- 10. Hebel strukturellen Wandels : Jakobeny – Dornawatra (1784–1949) 306
- 11. Zusammenfassungen 340
- I. Verzeichnis ungedruckter Quellen 371
- II. Abbildungsverzeichnis 377
- III. Abkürzungsverzeichnis 380
- IV. Literaturverzeichnis 381
- V. Personenregister 433
- VI. Synoptische Ortsnamenkonkordanz 439