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250 Die Institution: Struktur & Werte
betraf vor allem die Ebene von Autonomiefragen der Regionen sowie des neuen Zen-
trums und befeuerte zugleich die Diskussionen der Eliten mit ihren sehr unterschied-
lichen Erfahrungen wie Vorstellungen von Staatlichkeit.11 Das betraf selbstverständ-
lich auch den Nerv der orthodoxen Landeskirche, den Erzbischof, das Konsistorium
und den Religionsfonds. Innerhalb der Bukowina zeichneten sich zu diesem Zeitpunkt
erste Linien ab, welche die Epochengrenze deutlich umrissen und für die Jahre bis 1940
bestimmend bleiben sollten : eine ungeteilte Bukowina unter rumänischer Herrschaft,
eine Agrarreform – die den Landhunger der mehrheitlich bäuerlichen Bevölkerung
stillen und in der Luft hängende soziale Unruhen von vornherein entschärfen sollte –,
sowie die Autonomiefrage.
Flondor hatte zunächst den nicht rumänischen Gruppen in der Bukowina eine Bei-
behaltung ihrer Autonomie in kulturellen Fragen versprochen, was allerdings schon
bald von den königlichen Militärbehörden in der Realität weitgehend ignoriert wur-
de.12 Dieser Aspekt rückte politisch ohnedies rasch in den Hintergrund, wenngleich er
weiterhin ausreichend gesellschaftlichen Konfliktstoff barg, der das Leben in der Buko-
wina während der beiden Jahrzehnte nach 1918 dominierte.13 Innerhalb der rumäni-
schen Fraktion im Lande kristallisierten sich zwei Richtungen heraus, jeweils getragen
von ihren politischen Vertretern : dem Großgrundbesitzer Flondor und dem Universi-
tätsprofessor für Südosteuropäische Geschichte an der Universität Czernowitz Nistor.
Flondor war politisch im Kronland um die Jahrhundertwende mit der Gründung der
Rumänischen Nationalpartei (Partidul Naţional Român din Bucovina) in Erscheinung
getreten. Er versuchte mit seiner Bewegung – in offenem Gegensatz zu Nistor – die so-
zialen Nöte der rumänischen Bauern und Landpriesterschaft politisch zu kanalisieren.
Bei Nistor stand hingegen die nationale Idee als richtungsweisende politische Losung im
absoluten Vordergrund, weniger das Ziel einer Lösung der sozialen Frage. Das hatten
seine bisherigen Arbeiten als Historiker schon erkennen lassen.14 Flondors Forderun-
gen nach einem Kirchenkongress und nach Reformen im Agrarbereich waren stets so-
wohl an die österreichische Verwaltung als auch an die gr.-orient. Kirchenhierarchie, als
Vertreter des Großgrundbesitzes im Lande, adressiert.15 Während des Krieges verblieb
der Großgrundbesitzer aus Storożynetz in der Bukowina. Seine Verhandlungen mit der
russischen Besatzungsmacht
– zugunsten der Bevölkerung
– brachten ihm jedoch in der
11 Dazu im Wesentlichen für Siebenbürgen : Müller 2015, Geschichtsregionen.
12 Hausleitner 2000, Epochengrenze, 113.
13 Hausleitner 2001, Rumänisierung ; ders. 2002, Zwangsrumänisierung.
14 Valenciuc 2011, Preoţimea, 8 ; Hausleiter 2014, Historiker, 74.
15 Zu Person und politischer Tätigkeit von Flondor vgl. Gafiţa 2004, Consideraţii ; ders. 2008, Débuts ;
Purici 2004, Flondor.
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Der griechisch-orientalische Religionsfonds der Bukowina 1783–1949
Kontinuitäten und Brüche einer prägenden Institution des Josephinismus
- Titel
- Der griechisch-orientalische Religionsfonds der Bukowina 1783–1949
- Untertitel
- Kontinuitäten und Brüche einer prägenden Institution des Josephinismus
- Autor
- Kurt Scharr
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20927-0
- Abmessungen
- 17.4 x 24.5 cm
- Seiten
- 447
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Zum Geleit! 11
- Einleitung 13
- 1. Vorwort 13
- 2. Institutionen als Forschungsgegenstand: Analyse & Methodik 18
- 3. Aspekte des Josephinismus. Der katholische Religionsfonds 34
- 4. Gründung des griechisch-orientalischen Religionsfonds 43
- 5. Die wirtschaftliche Situation des Religionsfonds Mitte des 19
- 6. Nationsidee, Kirche & Religionsfonds 116
- 7. Die wirtschaftliche Situation des Religionsfonds bis 1914 215
- 8. Fondul Bisericesc Ortodox Român 1918–1948 246
- 9. Die wirtschaftliche Situation um 1938 289
- 10. Hebel strukturellen Wandels : Jakobeny – Dornawatra (1784–1949) 306
- 11. Zusammenfassungen 340
- I. Verzeichnis ungedruckter Quellen 371
- II. Abbildungsverzeichnis 377
- III. Abkürzungsverzeichnis 380
- IV. Literaturverzeichnis 381
- V. Personenregister 433
- VI. Synoptische Ortsnamenkonkordanz 439