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Fondul Bisericesc Ortodox Român 1918–1948 271
mehr abzeichnenden Desaster offensichtlich entgegensteuern. Dagegen formierte sich
der unerwartet heftige Protest von Gläubigen der Diözese.90 Man adressierte in dieser
Angelegenheit selbst ein Telegramm an den König und bat ihn, das Erbe des Religions-
fonds für die Eparchie zu beschützen.91 Es bleibt jedoch zu vermuten, dass die Liberalen
um Nistor auch diesen Protest gezielt initiiert hatten, um die Bukarester Regierung in
der Öffentlichkeit zu desavouieren. Selbst wenn diese Anschuldigungen letztlich von
politischen Gegnern mit ihren jeweils eigenen Interessen formuliert wurden, so waren
sie dennoch nicht völlig aus der Luft gegriffen. Das mehr und mehr in politischen Sack-
gassen festgefahrene System der Religionsfondsverwaltung wäre zu diesem Zeitpunkt
bereits gründlich zu reformieren gewesen. Die Ende 1929 ausgebrochene Wirtschafts-
krise legte seit der Gründung des Fonds in dieser Form noch nie dagewesene struktu-
relle Mängel offen. So geriet der Fonds 1932 beispielsweise selbst bei der Anweisung von
Gehältern an Geistliche der Bukowina regelmäßig in monatelangen Zahlungsverzug.92
Gerade diese Mängel aber stellte Nistor stets wortreich in Abrede. Für ihn arbeitete die
Fondsverwaltung in keinster Weise schlechter als während der österreichischen Periode
und die Kritik der Regierung, so Nistor, würde nur bekannt stereotype Phrasen hervor-
bringen.93
Als am 4. Juli 1935 der amtierende Metropolit Cotlarciuc verstarb, wurde der Weg für
die Neuwahl eines Nachfolgers frei. Am 17. Oktober desselben Jahres entschied sich die
Synodalversammlung, Visarion Puiu94 – der seit 1923 als Bischof von Hotin in Bălţi
residierte – zum neuen Metropoliten der Bukowina zu bestellen. Die feierliche Inthro-
nisierung fand am 10. November 1935 in der Kathedrale von Czernowitz statt. Damit
war erstmals ein Geistlicher zum Metropoliten der Bukowina geweiht worden, der selbst
90 DACZ 988/1/71, Aufruf der Gläubigen an den Eparchialrat, mit seinen Abgeordneten gegen die
Reformvorlage der Bukarester Regierung einzutreten v. 25.III.1933.
91 ANR-B Fonds 2720 pach. 71–1933, fol. 24, Telegramm orthodoxer Gläubiger der Bukowiner Ep-
archie an König Carol II. v. 25.III.1933 ; die Gläubigen hatten sich dazu zuvor im Synodalsaal der
Residenz in Czernowitz versammelt.
92 Timu 1936, Dezastrul, 5.
93 Nistor 1932, Ani, 5 u. 25.
94 Am 27.II.1879 in Paşcani, einem Ort in der nordwestlichen Moldau, als Sohn eines Zugsführers
geboren, studierte Theologie in Roman, Iaşi, Bukarest und an der geistlichen Mohila-Akademie in
Kiew. Er erhielt seine ersten Weihen 1905, stieg 1908 zum Archimandriten auf ; 1909 zum Vikar der
Eparchie Untere Donau ernannt, leitete von 1909–1918 das theologische Seminar zum Hl. Andreas
in Galaţi. 1921 ging er zunächst als Bischof nach Argeş (Muntenien) und 1923 in die neu gegründete
Diözese von Hotin, einem Suffraganbistum von Czernowitz ; biographische Angaben nach Valen-
ciuc 2004, Puiu, 41f., ANR-B Fonds 823 Visarion Puiu, Prefaţă (1995) ; Puiu 2014, Însemnări, Ad-
denda.
Der griechisch-orientalische Religionsfonds der Bukowina 1783–1949
Kontinuitäten und Brüche einer prägenden Institution des Josephinismus
- Titel
- Der griechisch-orientalische Religionsfonds der Bukowina 1783–1949
- Untertitel
- Kontinuitäten und Brüche einer prägenden Institution des Josephinismus
- Autor
- Kurt Scharr
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20927-0
- Abmessungen
- 17.4 x 24.5 cm
- Seiten
- 447
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Zum Geleit! 11
- Einleitung 13
- 1. Vorwort 13
- 2. Institutionen als Forschungsgegenstand: Analyse & Methodik 18
- 3. Aspekte des Josephinismus. Der katholische Religionsfonds 34
- 4. Gründung des griechisch-orientalischen Religionsfonds 43
- 5. Die wirtschaftliche Situation des Religionsfonds Mitte des 19
- 6. Nationsidee, Kirche & Religionsfonds 116
- 7. Die wirtschaftliche Situation des Religionsfonds bis 1914 215
- 8. Fondul Bisericesc Ortodox Român 1918–1948 246
- 9. Die wirtschaftliche Situation um 1938 289
- 10. Hebel strukturellen Wandels : Jakobeny – Dornawatra (1784–1949) 306
- 11. Zusammenfassungen 340
- I. Verzeichnis ungedruckter Quellen 371
- II. Abbildungsverzeichnis 377
- III. Abkürzungsverzeichnis 380
- IV. Literaturverzeichnis 381
- V. Personenregister 433
- VI. Synoptische Ortsnamenkonkordanz 439