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290 Die Institution: Struktur & Werte
Enteignungsquote in den neu hinzugekommenen Provinzen lag bezeichnenderweise deut-
lich höher als im Regat selbst.2 In der Bukowina war die Agrarfrage allerdings schon vor
dem Ersten Weltkrieg ein Politikum gewesen, das auch in der Öffentlichkeit kontrovers dis-
kutiert wurde.3 Das österreichische Kronland wies neben dem Religionsfonds eine Reihe
von Großgrundbesitzern aus, die insgesamt fast 64% des kultivierbaren Bodens zu eigen
hatten, sodass der Rest bei einer entsprechenden Bevölkerungsdichte von teilweise 80 Per-
sonen auf einen Quadratkilometer nur auf vergleichsweise kleine Wirtschaftseinheiten von
oftmals weniger als einem Hektar zurückgreifen konnte.4 Im Hinblick auf die davon betrof-
fene Fläche von etwa sechs Millionen Hektar ist die Agrarreform des Königreiches jedoch
durchaus als bedeutend einzuschätzen. Sie transformierte ein Land der Großgrundbesitzer
in ein Land der Kleinbauern.5 Eine überbordende Bürokratie6, fehlender politischer Wille,
die Ansätze auch konsequent umzusetzen, sowie die technisch und personell vielfach un-
genügenden Rahmenbedingungen führten indes die Reform trotz der realisierten Landum-
verteilungen in eine Sackgasse. Der angestrebte großflächige Abbau sozialer Polarisation
konnte auf weiten Strecken in keinster Weise auch nur annähernd erreicht werden.7
In der Bukowina erfuhr die praktische Umsetzung durch die schon genannten
Gründe ebenso erhebliche Verzögerungen. Die Realisierung der Reformbemühungen
schleppte sich oftmals bis zum Ausbruch des Zweiten Weltkrieges. Dadurch gelangten
Vorhaben vielfach gar nicht mehr zu einer definitiven Regelung. Es sollte den rigiden so-
zialistischen Kollektivierungsmaßnahmen der Zeit nach 1948 überlassen werden, hier
–
diesmal unumkehrbar
– völlig neue Strukturen zu schaffen.
So konnten in den fünf betroffenen Judeţe (Kreis) des ehemaligen österreichischen
Kronlandes (Cernăuţi, Rădăuţi, Suceava, Storojineţ und Câmpolung) im Zeitraum von
Standardwerk und liefert einen detaillierten Überblick zu den gesetzlichen Grundlagen der Reform,
ihrer Anwendung sowie ihren Folgen ; allerdings lässt die Darstellung bei Şandru nur schwer einen
Vergleich zwischen den so heterogenen Regionen des Königreiches zu ; in der Beziehung erscheint
die Analyse bei Bulgaru (2003/1968, Reforma) zielführender, besonders die Zusammenfassung im
Vorwort von Păun Ion Otiman (V-XXIV).
2 Huber 1973, Grundzüge, 119.
3 Rumpler & Scharr (Hg.) 2015, Kataster.
4 Şandru 1975, Reforma, 25.
5 Müller 2001, Agrarpopulismus, 77f.
6 Für die Bukowina existierte – wie für alle anderen Provinzen auch – ein eigenes Agrarreformgesetz,
online-Version [http://www.monitoruljuridic.ro/], Legea nr. 3608/1921 pentru reforma ăgrară din Buco-
vina v. 30.VII.1921 sowie Decret Nr. 4.823 v. 22.XI.1921 privind aprobarea Regulamentului pentru pune-
rea in aplicare a legii agrare din Bucovina, Monitorul Oficial nr. 192 v. 26.XI.1921 ; ebenso hatte Bukarest
für die Bukowina besondere Durchführungsbestimmungen erlassen, ANR-B FMAD, inv. 1486, pach.
138, Regulamentul Special pentru Aplicarea pe teren a lucrărilor de expropr. în Bucovina, fol. 33–38.
7 Murgescu 2015, Agriculture, 57.
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Der griechisch-orientalische Religionsfonds der Bukowina 1783–1949
Kontinuitäten und Brüche einer prägenden Institution des Josephinismus
- Titel
- Der griechisch-orientalische Religionsfonds der Bukowina 1783–1949
- Untertitel
- Kontinuitäten und Brüche einer prägenden Institution des Josephinismus
- Autor
- Kurt Scharr
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20927-0
- Abmessungen
- 17.4 x 24.5 cm
- Seiten
- 447
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Zum Geleit! 11
- Einleitung 13
- 1. Vorwort 13
- 2. Institutionen als Forschungsgegenstand: Analyse & Methodik 18
- 3. Aspekte des Josephinismus. Der katholische Religionsfonds 34
- 4. Gründung des griechisch-orientalischen Religionsfonds 43
- 5. Die wirtschaftliche Situation des Religionsfonds Mitte des 19
- 6. Nationsidee, Kirche & Religionsfonds 116
- 7. Die wirtschaftliche Situation des Religionsfonds bis 1914 215
- 8. Fondul Bisericesc Ortodox Român 1918–1948 246
- 9. Die wirtschaftliche Situation um 1938 289
- 10. Hebel strukturellen Wandels : Jakobeny – Dornawatra (1784–1949) 306
- 11. Zusammenfassungen 340
- I. Verzeichnis ungedruckter Quellen 371
- II. Abbildungsverzeichnis 377
- III. Abkürzungsverzeichnis 380
- IV. Literaturverzeichnis 381
- V. Personenregister 433
- VI. Synoptische Ortsnamenkonkordanz 439