Seite - 308 - in Der griechisch-orientalische Religionsfonds der Bukowina 1783–1949 - Kontinuitäten und Brüche einer prägenden Institution des Josephinismus
Bild der Seite - 308 -
Text der Seite - 308 -
308 Die Institution: Struktur & Werte
Die Schuld an der bislang ausgebliebenen Ausbeutung dieser Bodenschätze schob man
indes im Hinblick auf die vorhergegangenen Landesherren wahlweise dem »türkischen
Geiz« oder den »polnischen Intrigen« zu.9 Tatsächlich trugen wohl die ausgesprochene
Randlage des Gebietes, seine dünne Besiedlung und der geringe infrastrukturelle Er-
schließungsgrad der Gebirgsgegenden dafür die hauptsächliche Schuld.
In dem einmal ins Auge gefassten kommerziell betriebenen Abbau dieser Rohstoffe ver-
folgte die Staatsverwaltung nicht nur die Absicht der Versorgung der Provinz mit Indust-
rieprodukten, sondern setzte darin auch die Hoffnung auf eine erfolgreiche Kolonisierung
der ansonsten bevölkerungsarmen und wenig attraktiven Berggebiete um Jakobeny10, zu-
mal hier die strategisch wichtige Verbindungsstraße über den Borgo-Pass (rum. Tihuţa)
nach Siebenbürgen durchführte.11 Im Nachhinein kritisierte man diese frühen, staatlich
initiierten Versuche. Diese kleinen »Schürfunternehmungen [seien] sämmtlich ohne die
erforderliche Fachkenntnis, als reines Lottospiel betrieben« worden und daher nicht mehr
als »planlose Maulwurfsminen« gewesen.12 Selbst ein amtlicher Bericht musste eingestehen,
dass »verschiedene Schürfe in verschiedenen Gegenden mit namhaften Unkosten verge-
bens angelegt wurden«.13 Zeitgenossen wie der Lemberger Professor für Naturwissenschaf-
ten Balthasar Hacquet, der diesen Raum aus mehreren intensiven Bereisungen während
des letzten Dezenniums des 18. Jahrhunderts genau kennengelernt hatte, erkannten den
drohenden Teufelskreis, in den dieses Bergbaugebiet zu geraten drohte ; nämlich, dass
die ergiebigen Lagerstätten durch mangelhafte lokale Aufbereitungstechnik und fehlende
Facharbeiter letztlich zu einer schlechten Qualität führen mussten, die sich dann wiederum
selbst in der Region nur beschränkt und mäßig ertragreich absetzen ließe.14
Jenisch (Canzlers Magazin I, 289–307, Leipzig 1790)] ; »An Mineralien ist die Bukowina eben nicht
arm […] bei Jacobeny sind ergiebige Eisen- und bei Kirlibaba, am Berge Dadul [?] Bleibergwerke« ;
Grigorovici (Hg.) 1998, Bucovina, 373–433, hier 378, Absatz 5 [Ioan Budai-Deleanu, Kurzgefasste
Bemerkungen über die Bukowina 1813].
9 Grigorovici (Hg.) 1998, Bucovina, 298, Absatz 47 ; Polek (Hg.) 1897, Beschreibung, 14.
10 »Die Eisengruben allein bey Jakobeni, die schon die nöthigen Werkstätte[n] haben, geben Versi-
cherungen nach die Hofnung zu einer für die Gewerkschaften vortheilhaften Ausbeute, und für das
Land zu einer guten Nahrungsquelle, wenn dazu die nöthige Unterstützung gegeben wird« ; ANR-B
CAR XXI/30, Rationarium-Provinciae 1786, fol. 25.
11 ÖSTA-HHSTA, Hofkanzlei Karton 234, Kolowrath an Kaiser v. 29.I.1787.
12 Czernowitzer Zeitung Nr. 23 v. 14.II.1868, Die Eisen-Industrie und die Montan-Werke der Bukowina
(Anonymus).
13 ANR-B CAR XXI/30, Rationarium Provinciae 1786, fol. 24.
14 Scharr (Hg.) 2004, Karpaten, 82–86 ; Original unter [http://www.literature.at/default.alo] abruf-
bar ; in einem Bericht des Ministerialrates v. Beust an den Ackerbauminister werden eine Reihe sol-
cher Mängel aufgelistet : »Anstatt von den vorhandenen schönen Wasserkräften für die Anlage von
Walzwerken Gebrauch zu machen, hat man sich lediglich auf die Erzeugung von ordinärem Stabei-
Open Access © 2020 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO.KG, WIEN
Der griechisch-orientalische Religionsfonds der Bukowina 1783–1949
Kontinuitäten und Brüche einer prägenden Institution des Josephinismus
- Titel
- Der griechisch-orientalische Religionsfonds der Bukowina 1783–1949
- Untertitel
- Kontinuitäten und Brüche einer prägenden Institution des Josephinismus
- Autor
- Kurt Scharr
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20927-0
- Abmessungen
- 17.4 x 24.5 cm
- Seiten
- 447
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Zum Geleit! 11
- Einleitung 13
- 1. Vorwort 13
- 2. Institutionen als Forschungsgegenstand: Analyse & Methodik 18
- 3. Aspekte des Josephinismus. Der katholische Religionsfonds 34
- 4. Gründung des griechisch-orientalischen Religionsfonds 43
- 5. Die wirtschaftliche Situation des Religionsfonds Mitte des 19
- 6. Nationsidee, Kirche & Religionsfonds 116
- 7. Die wirtschaftliche Situation des Religionsfonds bis 1914 215
- 8. Fondul Bisericesc Ortodox Român 1918–1948 246
- 9. Die wirtschaftliche Situation um 1938 289
- 10. Hebel strukturellen Wandels : Jakobeny – Dornawatra (1784–1949) 306
- 11. Zusammenfassungen 340
- I. Verzeichnis ungedruckter Quellen 371
- II. Abbildungsverzeichnis 377
- III. Abkürzungsverzeichnis 380
- IV. Literaturverzeichnis 381
- V. Personenregister 433
- VI. Synoptische Ortsnamenkonkordanz 439