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316 Die Institution: Struktur & Werte
tende Hinweis auf die Rolle des Werkes für die »Gebirgsbewohner« als »einzige Quelle
ihres Erwerbes und Existenz« durfte dabei wohl als dramatisierendes Argument nicht
unerwähnt bleiben.46
Die Bukowiner Öffentlichkeit reagierte ungehalten auf die schleppenden Verhand-
lungen zwischen den Eigentümern der Manzschen Werke und dem Religionsfonds als
größtem Gläubiger. In einer Artikelserie der Czernowitzer Zeitung kritisierte ein anony-
mer Autor offen Regierungskreise in ihrem »vagen Verständnis für die Tragweite […]
von Montanunternehmungen«, denen »rundweg alle Lebens- und Existenzfähigkeit
abgesprochen« und »nicht einmal die Parität mit einem Bier- oder Brandwein-Erzeu-
gungs-Etablissement« gewährt wird.47 In ähnlicher Weise rügte die Handels- und Ge-
werbekammer die »stiefmütterliche Behandlung […] durch überspannte Holzpreise«
seitens des Staates.48 Auch der Historiker Raimund F. Kaindl beklagte in seinen Studien
Armut und Hoffnungslosigkeit unter den früheren Minenarbeitern. Er forderte in glei-
cher Weise vom Staat eine Wiedereröffnung der Werke (vgl. Abb. 64/65).49 Unter dieser
Situation hatte letztlich ebenso die bislang von den Gewerken mitgetragene Verkehrsin-
frastruktur rund um Jakobeny (vor allem die Straßenverbindungen ins Siebenbürgische)
zu leiden.50 Selbst der zuständige Lemberger Berghauptmann Johann Juraski unter-
strich bei aller Kritik zu deren momentaner Lage die »Wichtigkeit dieser […] Montan-
werke [als] der Mittelpunkt eines industriellen Culturlebens, dessen Verschwinden ein
socialer Rückschritt für den Wohlstand der ganzen Provinz wäre […] ein Stück Cultur-
geschichte des karpathischen Ostens«.51
46 DACZ 3/1/2125, Joseph Manz v. Mariensee an Landesregierung v. 25.II.1862, fol. 1.
47 Czernowitzer Zeitung 1868 Nr. 23 (14.II.), 24 (16.II.), 27 (21.II.), 30 (26.II.), 32 (1.III.), 40 (15.III.)
und 101 (7.VII.) ; hier Nr. 30 (26.II.), Die Eisen-Industrie und die Montan-Werke der Bukowina (An-
onymus).
48 Wochenschrift der Bukowiner Handels- und Gewerbekammer Nr. 44, Czernowitz v. 5.XI.1852, 363.
49 Kaindl 1902, Ansiedlungswesen, 343.
50 Czernowitzer Zeitung 1868 Nr. 40 (15.III.), Die Eisen-Industrie und die Montan-Werke der Bukowina
(Anonymus) ; Anonymus 1862, Hauptbericht, 38 ; die Straße »von Jakobeni im Thale der goldenen
Bistritz aufwärts über Kirlibaba in die Marmaros war vor Zeiten, wo sich die Montanindustrie in
diesen Gegenden eines besonderen Aufschwunges erfreute, selbst von schwersten Wagen benützt
und gut erhalten. Jetzt ist der Verkehr nur mehr mit Gefahr und bloß für schmale Erzkarren mög-
lich« ; DACZ 3/1/3556, Ministerium d. Inneren an Landespräsidium, Bericht ca. 1870.
51 Juraski 1867, Berg- und Hüttenwerke, 146 und 156–160 ; das Zitat stammt aus der einleitenden
Fußnote des Beitrages, die von der Redaktion der Zeitschrift hinzugefügt wurde, der verantwortliche
Redakteur, Dr. Otto Freiherr v. Hingenau, war zu diesem Zeitpunkt Ministerialrat im Finanzministe-
rium.
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Der griechisch-orientalische Religionsfonds der Bukowina 1783–1949
Kontinuitäten und Brüche einer prägenden Institution des Josephinismus
- Titel
- Der griechisch-orientalische Religionsfonds der Bukowina 1783–1949
- Untertitel
- Kontinuitäten und Brüche einer prägenden Institution des Josephinismus
- Autor
- Kurt Scharr
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20927-0
- Abmessungen
- 17.4 x 24.5 cm
- Seiten
- 447
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Zum Geleit! 11
- Einleitung 13
- 1. Vorwort 13
- 2. Institutionen als Forschungsgegenstand: Analyse & Methodik 18
- 3. Aspekte des Josephinismus. Der katholische Religionsfonds 34
- 4. Gründung des griechisch-orientalischen Religionsfonds 43
- 5. Die wirtschaftliche Situation des Religionsfonds Mitte des 19
- 6. Nationsidee, Kirche & Religionsfonds 116
- 7. Die wirtschaftliche Situation des Religionsfonds bis 1914 215
- 8. Fondul Bisericesc Ortodox Român 1918–1948 246
- 9. Die wirtschaftliche Situation um 1938 289
- 10. Hebel strukturellen Wandels : Jakobeny – Dornawatra (1784–1949) 306
- 11. Zusammenfassungen 340
- I. Verzeichnis ungedruckter Quellen 371
- II. Abbildungsverzeichnis 377
- III. Abkürzungsverzeichnis 380
- IV. Literaturverzeichnis 381
- V. Personenregister 433
- VI. Synoptische Ortsnamenkonkordanz 439