Seite - 321 - in Der griechisch-orientalische Religionsfonds der Bukowina 1783–1949 - Kontinuitäten und Brüche einer prägenden Institution des Josephinismus
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Hebel strukturellen Wandels: Jakobeny – Dornawatra (1784–1949) 321
Die in der Sache insgesamt ablehnende Haltung des Kirchengremiums zeigte zugleich
auch seine innere Gespaltenheit, war doch der amtierende Archimandrit ebenso in
der Gruppe zur Gründung der Bukowiner Industriebank vertreten, wie er dem Kon-
sistorium als Rat angehörte. Für Bendella musste wohl die Aussicht, die Bürde der im
Raum stehenden Übernahme durch den Religionsfonds doch noch abwenden zu kön-
nen, ausschlaggebend dafür gewesen sein. Aber selbst den anderen Teilnehmern kann
man kaum eigennütziges Handeln vorwerfen. Sie hatten ihrerseits klar die veritable und
unvermeidliche Strukturkrise in der Bergwerksregion wie in der allgemein schwachen
Industrie des Kronlandes heraufziehen sehen, hätte man tatsächlich einen Konkurs
der Werke in Kauf genommen. Andererseits musste der politischen Landeselite jedoch
ebenso völlig klar gewesen sein, dass eine derartige Bank dieses strukturelle Defizit auf
Dauer nicht aufzufangen im Stande gewesen wäre. Dafür sollten folglich die Mittel des
potenten Religionsfonds, die sich aus seinen Gütern erwirtschaften ließen, herhalten.
Das wiederum konnte die Kirche kaum gutheißen, musste sie doch ihrerseits befürch-
ten, damit einer endgültigen Entfremdung ihres Eigentums selbst den Weg zu ebnen.
Vor diesem Hintergrund stellte sich die Übernahme der Manzschen Werke durch den
gr.-orient. Religionsfonds und dessen organisatorische Neuaufstellung unter Wiener
Dirigat als eine für alle Interessensgruppen durchaus konsensfähige wie pragmatische
Lösung dar. Zudem gelangten im Frühsommer 1873 offensichtlich Informationen über
eine Verpachtung der Güter vorzeitig an die Öffentlichkeit, sodass man kirchlicherseits
aus dieser Richtung im Falle einer Zustimmung heftige Kritik befürchten musste.60 Al-
lerdings war die offizielle Überschreibung der Werke in das Eigentum des Religions-
fonds nach langwierigen Verhandlungen – ungeachtet des bischöflichen Protestes –
schon am 10. Jänner 1870 in Kimpolung erfolgt.61 De facto hatte man in der Bukowina
wohl schon zuvor angenommen, dieser Entwicklung mit der Gründung der angestreb-
ten Bank eine andere Richtung geben zu können.
Die mit der rechtlichen Übernahme eingerichtete Direktverwaltung oblag vorerst noch
dem Landespräsidium der Bukowina als Vertretung der Wiener Zentralstellen.62 Zum
neuen Berg- und Hüttenwerkverwalter bestellte der Landespräsident den aus Hannover
stammenden Oberbergrat Bruno Walter.63 Mit der abgeschlossenen Restrukturierung
des Fonds übernahm die neu eingerichtete »k.k. Direction der Güter des Bukowiner grie-
60 DACZ 320/3/3260, fol. 32, Konsistorium an bischöfliches Ordinariat v. 21.VI./3.VII.1873 ; fol. 58f.,
Konsistorium an Ministerium f. Kultus & Unterricht v. 22.V./3.VI.1872 ; offensichtlich hatte die Zei-
tung Der Patriot. Wochenschrift für Politik und Volkswirtschaft (Nr. 9/1872) darüber berichtet und
damit in der Bevölkerung für einigen Unmut gesorgt.
61 DACZ 3/1/3412, fol. 1, Bericht Oberfinanzrat Dr. Hammer an Landespräsidium v. 4.I.1870.
62 DACZ 3/1/3413, fol. 2, Bergwerksverwaltung Jakobeny an Landespräsidium v. 4.IV.1870.
63 DACZ 3/1/3412, fol. 33, Bruno Walter an Landespräsidium, 22.III.1870.
Der griechisch-orientalische Religionsfonds der Bukowina 1783–1949
Kontinuitäten und Brüche einer prägenden Institution des Josephinismus
- Titel
- Der griechisch-orientalische Religionsfonds der Bukowina 1783–1949
- Untertitel
- Kontinuitäten und Brüche einer prägenden Institution des Josephinismus
- Autor
- Kurt Scharr
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20927-0
- Abmessungen
- 17.4 x 24.5 cm
- Seiten
- 447
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Zum Geleit! 11
- Einleitung 13
- 1. Vorwort 13
- 2. Institutionen als Forschungsgegenstand: Analyse & Methodik 18
- 3. Aspekte des Josephinismus. Der katholische Religionsfonds 34
- 4. Gründung des griechisch-orientalischen Religionsfonds 43
- 5. Die wirtschaftliche Situation des Religionsfonds Mitte des 19
- 6. Nationsidee, Kirche & Religionsfonds 116
- 7. Die wirtschaftliche Situation des Religionsfonds bis 1914 215
- 8. Fondul Bisericesc Ortodox Român 1918–1948 246
- 9. Die wirtschaftliche Situation um 1938 289
- 10. Hebel strukturellen Wandels : Jakobeny – Dornawatra (1784–1949) 306
- 11. Zusammenfassungen 340
- I. Verzeichnis ungedruckter Quellen 371
- II. Abbildungsverzeichnis 377
- III. Abkürzungsverzeichnis 380
- IV. Literaturverzeichnis 381
- V. Personenregister 433
- VI. Synoptische Ortsnamenkonkordanz 439