Seite - 341 - in Der griechisch-orientalische Religionsfonds der Bukowina 1783–1949 - Kontinuitäten und Brüche einer prägenden Institution des Josephinismus
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Zusammenfassungen 341
auf ›Raum‹ (›space‹) zu erweitern. Was lässt sich nun aus diesen beiden Erkenntnissen
für den Religionsfonds der Bukowina in einer Zusammenschau ableiten ?
Die von den Ideen der Aufklärung getragenen Reformansätze des Kaisers zeigten sich
in der peripher zum Zentrum Wien gelegenen Bukowina überaus nachhaltig, wie das
schon an anderer Stelle in Bezug auf den allgemeinen Landesausbau des späteren ös-
terreichischen Kronlandes nachgewiesen werden konnte.3 Im Speziellen lässt sich das
unmittelbare Wirken der Organisation des gr.-orient. Religionsfonds bis ins 19. Jahr-
hundert und daran anschließend das der Institution bis zu seiner endgültigen Auflösung
1948 vor allem in der Region selbst aufspüren. Langfristig betrachtet gehört daher der
Religionsfonds der Bukowina wohl zu den ›geglückten‹ Reformen des Josephinismus.
Im geistlichen Regulierungsplan, der Einrichtung eines Konsistoriums für die gr.-orient.
Kirche der Provinz sowie der Gründung des orthodoxen Religionsfonds treffen gleich
zwei zentrale Reformbestrebungen des ausgehenden 18. Jahrhunderts aufeinander : der
Versuch territorialer Arrondierung des Staates nach außen und die Neuorganisation der
orthodoxen (Landes-)Kirche – gleichsam als Teil staatlicher Verwaltungsstrukturie-
rung – nach innen. Beide Schritte bereiteten auf entscheidende Weise die Basis für das
Entstehen eines Landesbewusstseins, einer regionalen Identität der Bukowina bzw. ihrer
Bewohner (mit starkem Bezug zur österreichischen Gesamtstaatsidee). Damit gestaltete
der Religionsfonds sowohl einen zentralen Teil der normativen, organisatorischen ›Ein-
richtung‹ der Provinz. Später begünstigte und förderte er das Entstehen von regionaler
Identität eines bis dahin historisch so nicht existierenden Raumes der ›Bukowina‹ (i.e.
die ehemalige Obere Moldau). Am Beispiel des Religionsfonds lässt sich daher offen die
auf weiten Strecken herrschende Deckungsgleichheit eigener, d.h. jener des Fonds als
Institution, wie staatlich vorgegebener Orientierungsmuster erkennen.
Die Beziehung und gegenseitige Beeinflussung von institutionellem Wandel wie
nationaler Frage erscheint im Hinblick auf den gr.-orient. Religionsfonds der Buko-
wina indes äußerst komplex und nimmt in der Darstellung einen zentralen Platz ein.
Kennzeichnend dafür waren die steten, jedenfalls aber mit jeder Bischofsbesetzung von
neuem zu definierenden innerkirchlichen Standpunkte der Hierarchie. Das Verhältnis
zum Staat folgte indes ohne größere Abweichungen einer weitestgehend loyalen Linie,
die allerdings mit Ende des Ersten Weltkrieges einen markanten Schwenk erfuhr. Davon
ausgehend kann der Religionsfonds der Bukowina zutreffend als imperiale Institution
bezeichnet werden. So streicht etwa die jüngere Institutionenforschung – bezogen auf
Ostmitteleuropa
– für die Phase bis zum Ersten Weltkrieg den immanenten Zusammen-
hang institutioneller sowie rechtlicher Modernisierung besonders heraus. Allerdings sei
dabei die Prägung dieses Konnexes weitgehend von den »Bedürfnissen des Imperial-
3 Scharr 2010, Landschaft.
Der griechisch-orientalische Religionsfonds der Bukowina 1783–1949
Kontinuitäten und Brüche einer prägenden Institution des Josephinismus
- Titel
- Der griechisch-orientalische Religionsfonds der Bukowina 1783–1949
- Untertitel
- Kontinuitäten und Brüche einer prägenden Institution des Josephinismus
- Autor
- Kurt Scharr
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20927-0
- Abmessungen
- 17.4 x 24.5 cm
- Seiten
- 447
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Zum Geleit! 11
- Einleitung 13
- 1. Vorwort 13
- 2. Institutionen als Forschungsgegenstand: Analyse & Methodik 18
- 3. Aspekte des Josephinismus. Der katholische Religionsfonds 34
- 4. Gründung des griechisch-orientalischen Religionsfonds 43
- 5. Die wirtschaftliche Situation des Religionsfonds Mitte des 19
- 6. Nationsidee, Kirche & Religionsfonds 116
- 7. Die wirtschaftliche Situation des Religionsfonds bis 1914 215
- 8. Fondul Bisericesc Ortodox Român 1918–1948 246
- 9. Die wirtschaftliche Situation um 1938 289
- 10. Hebel strukturellen Wandels : Jakobeny – Dornawatra (1784–1949) 306
- 11. Zusammenfassungen 340
- I. Verzeichnis ungedruckter Quellen 371
- II. Abbildungsverzeichnis 377
- III. Abkürzungsverzeichnis 380
- IV. Literaturverzeichnis 381
- V. Personenregister 433
- VI. Synoptische Ortsnamenkonkordanz 439