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Nach 1918
Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration - US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
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1. Images , Stereotype und Vorurteile 90 „Angeblich sind die US-Amerikaner als Hüter der Demokratie frei , sie bestimmen mit ihrem Wahlzettel scheinbar den Kurs des Landes für die nächste Regierungsperiode , nur sieht der einzelne Amerikaner nicht oder nur sehr selten etwas von den politischen Verkaufspsycholo- gen , die es vorher verstanden haben , die Massenteilchen mit einem Magnet , der Presse , Filme , Rundfunk [ … ] von vorneherein so auszurichten , daß die freie demokratische Volksmeinung genau die Wünsche der regierenden Plutokraten erfüllt.“358 In einer regelrechten Flut an Büchern , Broschüren , Zeitungsartikeln , Radiosendungen oder Wochenschauberichten wurden diese Negativ-Stereotype in ständig neuen Variati- onen wiederholt. Angesichts der „Entartung“ Amerikas infolge der hohen Zahl jüdischer Emigranten ( „Rassejuden“ ), der bedenklichen öffentlichen Rolle der „Farbigen“359 sowie der Auswanderung von jetzt „religiös und sozial Anomale[ n ] , Übereiferer[ n ] , Querulanten und Hysteriker[ n ]“360 beantwortete Edmund Fürholzer die von ihm aufgeworfene Frage „Menschen wie wir ?“ rassepolitisch bereits eindeutig negativ.361 Andere Autoren jener Jahre bemühten sich darum , durch die Auflistung von Bei- spielen für „Geschmacklosigkeit“ und „geistigen Urwaldzauber“, die amerikanische Ge- sellschaft in psychiatrischen Termini wie „geisteskrank“, „wahnsinnig“ oder „verrückt“362 lächerlich zu machen beziehungsweise  – in Anknüpfung an bereits existierende Nega- tiv-Stereotype  – darum , nachzuweisen , dass beim Kriegsfeind Amerika , dem „Land ohne Herz“,363 „mangelhafte Erziehung , unzulängliche Bildung und primitiver Geschmack“364 dominierten und dementsprechend  – wenn überhaupt  – nur „Tarzan-Bände“ und billige „Bahnhofsliteratur“365 gelesen würden. Den vorläufigen Kulminationspunkt des NS-Antiamerikanismus bildete schließlich dessen Zusammenfallen mit dem nationalsozialistischen Antibolschewismus. Vor dem Hintergrund des alliierten Kriegsbündnisses mit der Sowjetunion strich man den „Mate- rialismus“ als „tiefe weltanschauliche Gemeinsamkeit“ Amerikas mit dem „Bolschewismus“ heraus. In der bereits zitierten SS-Broschüre heißt es dazu : 358 Ebd. 359 „Mit fünfzehn Millionen Negern und weiteren Millionen mexikanischer Mischlinge sind die USA heute schon kein weißer Staat mehr.“ Edmund Fürholzer , Menschen wie wir ? Ein Amerika-Buch für Europäer , Berlin 1943 , 329. 360 Ebd., 361. 361 „Dass das amerikanische Volk in seiner jetzigen Form nicht in Zukunft bestehen kann , liegt auf der Hand. Der Sieg des europäischen Geistes [ sic ] über jüdischen Vernichtungswillen wird sich in Amerika nicht minder entscheidend auswirken , wie in der Alten Welt.“ Fürholzer , Menschen wie wir ? , a. a. O., 362. 362 Ernst Machek , Verrückte Neue Welt. Ein Panoptikum von Tollheiten , Berlin-Friedenau 1943. 363 So Titel eines mit 40. 000 Exemplaren aufgelegten Hetz-Buches von A. E. Johann [ Johan Wollschlaeger ] ; Ders., Land ohne Herz. Eine Reise ins unbekannte Amerika , Berlin 1942. 364 K. F. Herrmann , Schrifttum. In : Friedrich Schönemann / Adolf Halfeld / Friedrich Kegel et al., Kultur in USA. Die Wirklichkeit eines Massenwahns , Berlin 1943 , 261. 365 Ebd., 250.
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Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration
Subtitle
US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
Author
Christian H. Stifter
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2014
Language
German
License
CC BY-NC-ND 3.0
Size
17.0 x 24.0 cm
Pages
762
Keywords
US-Reorientierung, Amerika, USA, Besatzungszeit, Demokratisierung, Amerikanisierung, Entnazifizierung, Kalter Krieg, Österreich, Universität, Wissenschaft, Wien
Categories
Geschichte Nach 1918

Table of contents

  1. Vorbemerkung 11
  2. Einleitung 15
  3. 1. Images , Stereotype und Vorurteile – Herkunft und Veränderung der kulturellen Geringschätzung der USA in Europa seit dem 18. Jahrhundert 31
    1. Das Bild Amerikas aus europäischer Sicht bis Anfang der 1930er-Jahre 33
    2. Spiegelung : Anmerkungen zum Bild Deutschlands und Österreichs aus US-amerikanischer Sicht 66
    3. NS-Feindbild Amerika : Antiamerikanismus als Kampf gegen „Niggerkultur“, „Judenstaat“ und „westliche Demokratie“ 82
  4. 2. „ Education for Victory“ – US-Demokratisierungs-Konzepte und die zivilen Reeducation-Planungen für ein post-totalitäres Europa , 1941–1945 97
    1. „Education in Wartime“ – Nationalsozialismus als Fundamentalbedrohung der US-amerikanischen Zivilgesellschaft 99
    2. „Our Country’s Call to Service“ – konkrete Auswirkungen des Verteidigungs- und Abwehr-Diskurses 107
    3. Binnenamerikanische Reeducation : Stärkung nationaler Moral , Militarisierung des Bildungswesens und Bildungsreform 108
    4. Educational Reconstruction – Überlegungen und Konzepte 1942–1943 / 44 zur Demokratisierung nach Kriegsende 138
    5. „What to do with the mentally ill Germans ?“ Ursprünge , Entwicklung und Veränderungen der zivilen Reeducation-Konzepte , 1940–1944 157
    6. Exkurs : die österreichische Emigration in den USA – ein kultur- und bildungspolitisch folgenloses Kapitel für die Nachkriegsplanungen 175
    7. Spätphase der zivilgesellschaftlichen Überlegungen und Konzepte zur Reeducation und Reorientation 1943 / 44–1945 – langfristige Reorientierung als Paradigma 201
    8. Missing Link : Fehlende Umsetzung der Reorientierungs-Konzepte in die militärischen Planungen , 1943–1945 210
    9. „Takeover“ durch die U.S. Army : Wirrwarr und Kompetenzgerangel – Ausdünnung der Reorientation auf ‚unpolitische‘ Säuberungsmaßnahmen 210
    10. Randnotiz zu einem fehlgeschlagenen Experiment der US-Armee – POW-Camps zur Reeducation 228
    11. Zur Rolle Österreichs in der Reeducation-Planung der US-Militärstäbe 1943 / 44–1945 239
    12. Österreich – ein unklarer Planungsfaktor alliierter Politik bis 1944 / 45 239
    13. Militärisch-gremiale Detailplanung für Österreich – Administrationsunterlagen ohne Reorientation als Ergebnis 248
  5. 3. Beginn der US-Reorientierung nach 1945 – die Education Division als zentrale US-Militärbehörde 265
  6. 4. „ The democratic way of life in Austria“ – erste Umsetzungsphase bis zum Nationalsozialistengesetz 1947 : Zwischen Laissez Faire , strenger Observation und milder Beurteilung 277
    1. Kooperation statt Intervention und die Folgen für die Entnazifizierung im Bildungsbereich : das Fallbeispiel Universität 277
    2. Ausgangslage : Perspektive nötiger ‚Säuberungsmaßnahmen‘ 277
    3. Bestimmungen zur Entnazifizierung in US-Planungsdirektiven 288
    4. Die Ausgangssituation an den Universitäten im Frühjahr 1945 292
    5. Personalsäuberungen durch „Sonderkommissionen“ und deren Senate 318
    6. Entnazifizierung am Beispiel der Universität Wien 346
    7. Rückkehr unerwünscht ? – Maßnahmen zur Rückholung österreichischer WissenschafterInnen aus der Emigration 365
    8. Fallbeispiel : Ernst Karl Winter ( 1895–1959 ) 373
    9. Fallbeispiel : Hans Kelsen ( 1881–1973 ) 393
    10. Fallbeispiel : Felix Ehrenhaft ( 1879–1952 ) 404
    11. Wissenschaftspolitische Restauration und amerikanisch- österreichische Beziehungen. Ein Zwischenresümee 410
    12. Rahmenrichtlinien und Entnazifizierung der Studentenschaft an Österreichs Universitäten 427
    13. ÖH-Wahlen November 1946 : erste Großdemonstration gegen „nazistische Umtriebe“ in der Zweiten Republik und die Folgen 448
    14. Auswirkungen der Hochschulkrawalle : Turbulenzen im Alliierten Rat , Re-Screening der Studierenden und Lehrkräfte 477
    15. Turnaround in der Entnazifizierungspolitik – Kontroverse zwischen State Department und War Department 502
  7. 5. US-Reorientierungs-Planungen im Frühen Kalten Krieg : Zwischen Popularisierung des „American Way of Life“ und Psychologischer Kriegsführung , 1947–1950 517
    1. Longe Range Policy 1946 / 47 – Paradigmenwechsel : langfristige zivile Reorientierungs-Konzepte anstelle militärischer Kontrolle 517
    2. Elitenbildung über „Austauschprogramme“: zentrales Element der besatzungspolitisch auf gewer teten US-Reorientierung ab 1947 / 48 548
    3. Die ideologische Überformung der US-Reorientierung durch Propagandakampagnen des Kalten Krieges 562
    4. Cultural Exchange – Rahmenbedingungen der US-Kulturoffensive 562
    5. Reorientierung und psychologische Kriegsführung : „War of ideas“ – „Campaign of Truth“ – „Struggle for Minds“ 573
  8. 6. Endphase der Besatzung : Akademische Austauschprogramme und ihre Umsetzung in Österreich , 1950–1955 595
    1. Beginn der „U.S. Exchange“-Programme – Seltsamkeiten und Pannen 595
    2. Kurzer Exkurs : das Salzburg-Seminar – akademische Freiheit mit Hindernissen 609
    3. Umstrukturierung und Expansion : neuer Anlauf unter Supervision des U.S. Department of State 616
    4. Übernahme durch das State Department – Instrumentalisierung des „Exchange-Program“ als Teil der psychologischen Kriegsführung gegen die Sowjetunion 625
    5. ‚Phasing out‘ – zivile Verwaltung und Beginn der Normalisierung 638
    6. Schlussbemerkung 655
    7. Quellenverzeichnis 665
    8. Literaturverzeichnis 673
    9. Verzeichnis der Abkürzungen 735
    10. Personenverzeichnis 741
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