Web-Books
in the Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Geschichte
Nach 1918
Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration - US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
Page - 200 -
  • User
  • Version
    • full version
    • text only version
  • Language
    • Deutsch - German
    • English

Page - 200 - in Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration - US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955

Image of the Page - 200 -

Image of the Page - 200 - in Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration - US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955

Text of the Page - 200 -

2. „Education for Victory“ 200 rialisierungserfahrung als solche prägender war als das Erlebnis Amerika“,873 führte nur in wenigen Fällen zu wirklich großem Erfolg. Neben der Wiener Schriftstellerin Hertha Pau- li , die gemeinsam mit ihrem Mann eine erfolgreiche Biografie über Alfred Nobel verfasst hatte , erzielte insbesondere der bereits erwähnte österreichische Schriftsteller Hans Habe mit seinem 1941 erschienen autobiografischen Roman zum Fall Frankreichs ( „A Thousand Shall Fall“ ), der in einer Auflage von über vier Millionen erschien , den größten Erfolg ei- nes deutschsprachigen Exil-Autors in Amerika.874 Aber trotz so mancher sprachlichen Verständigungsprobleme , der zuweilen sicher nicht leicht zu verkraftenden sozialen Isolation875 und Negativerfahrungen amerikanischer Le- benskultur 876 empfanden viele der emigrierten Intellektuellen , Künstler und Schriftsteller das amerikanische Exil als demokratisches Refugium.877 So schrieben Erika und Klaus 873 Popp , „Aber hier war alles anders …“. Amerikabilder der deutschsprachigen Exilliteratur , a. a. O., 290. 874 Ebd., 289 875 Beispiele österreichischer US-Exilanten sind in diesem Zusammenhang Edgar Zilsel ( 1891–1941 ), Josef Luitpold Stern ( 1886–1966 ) oder Karl ( 1879–1963 ) und Charlotte Bühler ( 1893–1974 ). Der Wissen- schaftshistoriker Edgar Zilsel vermochte in der Erinnerung seines Sohnes Paul Zilsel „mit der unge- wohnten Sprache und dem blinden , verständnislosen Rattenlabyrinth , das die Stadt New York den armen Leuten darbietet , mit den Hungersubventionen der gelehrten Gesellschaften , die Refugeewissenschaftler unterstützten“, nicht klarzukommen und verübte in dieser depravierten Isolation , in der er wissenschaft- lich keinen Anschluss finden konnte und sich mit den österreichischen Exil-Sozialisten überwarf , schließ- lich Selbstmord. Siehe : Paul Zilsel , Über Edgar Zilsel. In : Friedrich Stadler ( Hrsg. ), Vertriebene Vernunft II. Emigration und Exil österreichischer Wissenschaft 1930–1940 , Wien  – München 1988 , 930 ff. ; zu Zilsels Zeit im US-Exil siehe weiters : In der Emigration gestorben. Edgar Zilsel. In : Austrian Labor Information , No. 24 , March–April 1943 , 9. Der sozialdemokratische Arbeiterdichter und Volksbildner Josef Luitpold Stern arbeitete als Fürsorger in den Slums in Philadelphia und fühlte sich , wie einzelne Briefe belegen , trotz reger Betätigung in den USA nicht besonders wohl ; erst 1948 konnte er , nach Be- reitstellung der nötigen materiellen Mittel , nach Österreich zurückkehren. Vgl. Walther Viktor , Dichter und Volksbildner [ Josef Luitpold Stern ]. In : Austro American Tribune. Anti-Nazi Monthly , Vol. IV , No. 9 , April 1946 , 11 f. [ ÖNB MF 2273 ] ; zu Stern siehe jüngst : Marcus Strohmeier , Lernen um zu kämpfen  – kämpfen um zu siegen. Josef Luitpold Stern ( 1886–1966 ), Wien 2011 , 15 f. Obwohl Karl und Charlotte Bühler bereits in den 1920er-Jahren an mehreren amerikanischen Universitäten gelehrt hatten und in Wien außergewöhnlich erfolgreich waren , konnten sie tragischerweise in den USA letztlich nicht Fuß fassen und verstummten , „als sie kein Echo für ihre Ideen fanden und auch keine Universitätspositionen erhielten.“ Coser , Die österreichische Emigration als Kulturtransfer , Europa  – Amerika , a. a. O., 99. 876 Zum literarischen Niederschlag dieser Negativ-Erfahrungen , die zum Teil an die breite Palette vorgän- gige Amerika-Bilder anknüpften , siehe insbesondere die Darstellung bei : Popp , „Aber hier war alles an- ders …“. Amerikabilder , a. a. O., 106 ff. 877 Zuweilen entfalteten Emigranten in den USA auch Bildungsaktivitäten mit beträchtlichen Einfluss und Nachhaltigkeit auf inneramerikanischen Entwicklungen. So konstatiert Karl-Heinz Füssl für das am 25. September 1933 in den Bergen von North Carolina gegründete „Black Mountain College“ ( BMC ), eine alternative Gründung „radikaler Bildungs- und Gemeinschaftskultur“, einen „nachhaltigen Einfluß auf den inneramerikanischen Bildungsdiskurs“. In diesem College waren eine Vielzahl deutscher [ sic ] Künstler , Gelehrter und Wissenschafter tätig , so z. B. Josef Albers , Ernst Krenek [ sic ] , Peter Bergmann ,
back to the  book Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration - US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955"
Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration
Subtitle
US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
Author
Christian H. Stifter
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2014
Language
German
License
CC BY-NC-ND 3.0
Size
17.0 x 24.0 cm
Pages
762
Keywords
US-Reorientierung, Amerika, USA, Besatzungszeit, Demokratisierung, Amerikanisierung, Entnazifizierung, Kalter Krieg, Österreich, Universität, Wissenschaft, Wien
Categories
Geschichte Nach 1918

Table of contents

  1. Vorbemerkung 11
  2. Einleitung 15
  3. 1. Images , Stereotype und Vorurteile – Herkunft und Veränderung der kulturellen Geringschätzung der USA in Europa seit dem 18. Jahrhundert 31
    1. Das Bild Amerikas aus europäischer Sicht bis Anfang der 1930er-Jahre 33
    2. Spiegelung : Anmerkungen zum Bild Deutschlands und Österreichs aus US-amerikanischer Sicht 66
    3. NS-Feindbild Amerika : Antiamerikanismus als Kampf gegen „Niggerkultur“, „Judenstaat“ und „westliche Demokratie“ 82
  4. 2. „ Education for Victory“ – US-Demokratisierungs-Konzepte und die zivilen Reeducation-Planungen für ein post-totalitäres Europa , 1941–1945 97
    1. „Education in Wartime“ – Nationalsozialismus als Fundamentalbedrohung der US-amerikanischen Zivilgesellschaft 99
    2. „Our Country’s Call to Service“ – konkrete Auswirkungen des Verteidigungs- und Abwehr-Diskurses 107
    3. Binnenamerikanische Reeducation : Stärkung nationaler Moral , Militarisierung des Bildungswesens und Bildungsreform 108
    4. Educational Reconstruction – Überlegungen und Konzepte 1942–1943 / 44 zur Demokratisierung nach Kriegsende 138
    5. „What to do with the mentally ill Germans ?“ Ursprünge , Entwicklung und Veränderungen der zivilen Reeducation-Konzepte , 1940–1944 157
    6. Exkurs : die österreichische Emigration in den USA – ein kultur- und bildungspolitisch folgenloses Kapitel für die Nachkriegsplanungen 175
    7. Spätphase der zivilgesellschaftlichen Überlegungen und Konzepte zur Reeducation und Reorientation 1943 / 44–1945 – langfristige Reorientierung als Paradigma 201
    8. Missing Link : Fehlende Umsetzung der Reorientierungs-Konzepte in die militärischen Planungen , 1943–1945 210
    9. „Takeover“ durch die U.S. Army : Wirrwarr und Kompetenzgerangel – Ausdünnung der Reorientation auf ‚unpolitische‘ Säuberungsmaßnahmen 210
    10. Randnotiz zu einem fehlgeschlagenen Experiment der US-Armee – POW-Camps zur Reeducation 228
    11. Zur Rolle Österreichs in der Reeducation-Planung der US-Militärstäbe 1943 / 44–1945 239
    12. Österreich – ein unklarer Planungsfaktor alliierter Politik bis 1944 / 45 239
    13. Militärisch-gremiale Detailplanung für Österreich – Administrationsunterlagen ohne Reorientation als Ergebnis 248
  5. 3. Beginn der US-Reorientierung nach 1945 – die Education Division als zentrale US-Militärbehörde 265
  6. 4. „ The democratic way of life in Austria“ – erste Umsetzungsphase bis zum Nationalsozialistengesetz 1947 : Zwischen Laissez Faire , strenger Observation und milder Beurteilung 277
    1. Kooperation statt Intervention und die Folgen für die Entnazifizierung im Bildungsbereich : das Fallbeispiel Universität 277
    2. Ausgangslage : Perspektive nötiger ‚Säuberungsmaßnahmen‘ 277
    3. Bestimmungen zur Entnazifizierung in US-Planungsdirektiven 288
    4. Die Ausgangssituation an den Universitäten im Frühjahr 1945 292
    5. Personalsäuberungen durch „Sonderkommissionen“ und deren Senate 318
    6. Entnazifizierung am Beispiel der Universität Wien 346
    7. Rückkehr unerwünscht ? – Maßnahmen zur Rückholung österreichischer WissenschafterInnen aus der Emigration 365
    8. Fallbeispiel : Ernst Karl Winter ( 1895–1959 ) 373
    9. Fallbeispiel : Hans Kelsen ( 1881–1973 ) 393
    10. Fallbeispiel : Felix Ehrenhaft ( 1879–1952 ) 404
    11. Wissenschaftspolitische Restauration und amerikanisch- österreichische Beziehungen. Ein Zwischenresümee 410
    12. Rahmenrichtlinien und Entnazifizierung der Studentenschaft an Österreichs Universitäten 427
    13. ÖH-Wahlen November 1946 : erste Großdemonstration gegen „nazistische Umtriebe“ in der Zweiten Republik und die Folgen 448
    14. Auswirkungen der Hochschulkrawalle : Turbulenzen im Alliierten Rat , Re-Screening der Studierenden und Lehrkräfte 477
    15. Turnaround in der Entnazifizierungspolitik – Kontroverse zwischen State Department und War Department 502
  7. 5. US-Reorientierungs-Planungen im Frühen Kalten Krieg : Zwischen Popularisierung des „American Way of Life“ und Psychologischer Kriegsführung , 1947–1950 517
    1. Longe Range Policy 1946 / 47 – Paradigmenwechsel : langfristige zivile Reorientierungs-Konzepte anstelle militärischer Kontrolle 517
    2. Elitenbildung über „Austauschprogramme“: zentrales Element der besatzungspolitisch auf gewer teten US-Reorientierung ab 1947 / 48 548
    3. Die ideologische Überformung der US-Reorientierung durch Propagandakampagnen des Kalten Krieges 562
    4. Cultural Exchange – Rahmenbedingungen der US-Kulturoffensive 562
    5. Reorientierung und psychologische Kriegsführung : „War of ideas“ – „Campaign of Truth“ – „Struggle for Minds“ 573
  8. 6. Endphase der Besatzung : Akademische Austauschprogramme und ihre Umsetzung in Österreich , 1950–1955 595
    1. Beginn der „U.S. Exchange“-Programme – Seltsamkeiten und Pannen 595
    2. Kurzer Exkurs : das Salzburg-Seminar – akademische Freiheit mit Hindernissen 609
    3. Umstrukturierung und Expansion : neuer Anlauf unter Supervision des U.S. Department of State 616
    4. Übernahme durch das State Department – Instrumentalisierung des „Exchange-Program“ als Teil der psychologischen Kriegsführung gegen die Sowjetunion 625
    5. ‚Phasing out‘ – zivile Verwaltung und Beginn der Normalisierung 638
    6. Schlussbemerkung 655
    7. Quellenverzeichnis 665
    8. Literaturverzeichnis 673
    9. Verzeichnis der Abkürzungen 735
    10. Personenverzeichnis 741
Web-Books
Library
Privacy
Imprint
Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration