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4. „The democratic way of life in Austria“
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deroberkommission , in mehreren Fällen Erkenntnisse ausgesprochen , dass ein „verstorbener
öffentlicher Bediensteter die Gewähr [ biete ] , dass er jederzeit rückhaltlos für die selbständige
Republik Österreich eintreten werde. Offenbar hat diese Sonderkommission vermeint , die
Beurteilung des betreffenden Bediensteten sei trotz seines Ablebens wegen der Versorgungs-
ansprüche der Hinterbliebenen vorzunehmen. Diese Rechtsauslegung ist abzulehnen.“1424
Des Weiteren wurden , wenn es sich zum Beispiel bei den betreffenden Personen um
„keine öffentlichen Bediensteten“ handelte , gemäß dem Fehlen der Tatbestandserforder-
nis laut Paragraf 21 des Verbotsgesetzes , von Sonderkommissionen „automatisch positive
Erkenntnisse“ ausgesprochen , mit der „Begründung“, dass die betreffenden Personen eben
„nicht zu dem Kreis der zu beurteilenden Personen“1425 gehören würden. [ Unterstreichun-
gen im Original ]
Ganz besonders kritisierte die Sonderoberkommission aber den Umstand , dass zur Be-
gründung positiver Erkenntnisse gänzlich unzulässige Formulierungen angeführt wurden ,
wie zum Beispiel , dass die Sonderkommission in ihrer Entscheidung „Gnade vor Recht“
habe ergehen lassen oder dass die zu beurteilende Person sich des ihr gewährten „Vertrau-
ensvorschusses“ würdig erweisen „werde“. „Derartige Begründungen haben zu unterbleiben.
Es kann nicht die Aufgabe der Sonderkommissionen sein , Gnade für Recht ergehen zu
lassen , ebenso wenig haben sie Vertrauensvorschüsse zu erteilen.“1426
Eine kursorische Durchsicht der positiven Erkenntnisse der universitären Senatskom-
mission I. Instanz bestätigt die Verwendung wiederkehrender Standardformulierungen
in den Protokollen , die allerdings wenig bis gar nichts mit sachlichen Begründungen zu
tun hatten. So hatten die überprüften Personen „in ihrem Leben viel Unglück gehabt“, sie
unterlagen „im Jahre 1938 einem ( ihm ) völlig fremden Einfluß“, waren „unter Druck [ … ]
der Partei“1427 beigetreten oder hatten „nur aus einer gewissen Furcht und Unbeholfenheit
die Mitgliedschaft angestrebt“.1428 So nimmt es nicht Wunder , dass etwa das Naturhisto-
rische Museum Wien im Jänner 1947 unter seinen insgesamt 57 Bediensteten
š von seinem
„illegalen“ Direktor Josef Wastl1429 einmal ganz abgesehen š alle , bis auf eine Person , die
1424 Ebd., 14.
1425 Ebd., 15.
1426 Ebd., 16.
1427 ÖSTA , AdR , O2 Unterricht , Präsidium 1946 , GZ 401š1. 250 , Ktn. 5 , so z. B. GZ 1237 / 46 , Senatsvor-
sitzender Verdross an Rektorat Univ. Wien , SK I. Instanz , Senat 3 , 1. Februar 1946 , 1.
1428 ÖSTA , AdR , O2 Unterricht , Präsidium 1946 , GZ 401š1. 250 , Ktn. 5 , z. B. Senatsvorsitzender Verdross
an Rektorat Univ. Wien , SK I. Instanz , Senat 3 , 8. Februar 1946 , 1.
1429 Der Rassenanthropologe Dr. Josef Wastl ( 1892š1968 ) wurde am 18. Februar 1938 zum Leiter der An-
thropologischen Abteilung am Naturhistorischen Museum in Wien ernannt , am 20. Oktober 1942 zu
dessen Direktor. Im Auftrag des Reichsministeriums des Innern und der deutschen Gerichte führte
Wastl anthropologisch-erbbiologische Gutachten in Vaterschafts- und Abstammungsprozessen durch.
Wastl trat bereits 1932 der NSDAP bei und galt daher als „Alter Kämpfer“ ( NSDAP-Mitgliedsnr.
1. 302. 356 ); nach 1934 gründete er eine illegale „Betriebszelle“ der NSDAP im Naturhistorischen Mu-
seum. Nach dem „Anschluss“ wurde seine illegale Tätigkeit „Kopieren von Protokollen der österreichi-
Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration
US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration
- Subtitle
- US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
- Author
- Christian H. Stifter
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2014
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 762
- Keywords
- US-Reorientierung, Amerika, USA, Besatzungszeit, Demokratisierung, Amerikanisierung, Entnazifizierung, Kalter Krieg, Österreich, Universität, Wissenschaft, Wien
- Categories
- Geschichte Nach 1918
Table of contents
- Vorbemerkung 11
- Einleitung 15
- 1. Images , Stereotype und Vorurteile – Herkunft und Veränderung der kulturellen Geringschätzung der USA in Europa seit dem 18. Jahrhundert 31
- 2. „ Education for Victory“ – US-Demokratisierungs-Konzepte und die zivilen Reeducation-Planungen für ein post-totalitäres Europa , 1941–1945 97
- „Education in Wartime“ – Nationalsozialismus als Fundamentalbedrohung der US-amerikanischen Zivilgesellschaft 99
- „Our Country’s Call to Service“ – konkrete Auswirkungen des Verteidigungs- und Abwehr-Diskurses 107
- Binnenamerikanische Reeducation : Stärkung nationaler Moral , Militarisierung des Bildungswesens und Bildungsreform 108
- Educational Reconstruction – Überlegungen und Konzepte 1942–1943 / 44 zur Demokratisierung nach Kriegsende 138
- „What to do with the mentally ill Germans ?“ Ursprünge , Entwicklung und Veränderungen der zivilen Reeducation-Konzepte , 1940–1944 157
- Exkurs : die österreichische Emigration in den USA – ein kultur- und bildungspolitisch folgenloses Kapitel für die Nachkriegsplanungen 175
- Spätphase der zivilgesellschaftlichen Überlegungen und Konzepte zur Reeducation und Reorientation 1943 / 44–1945 – langfristige Reorientierung als Paradigma 201
- Missing Link : Fehlende Umsetzung der Reorientierungs-Konzepte in die militärischen Planungen , 1943–1945 210
- „Takeover“ durch die U.S. Army : Wirrwarr und Kompetenzgerangel – Ausdünnung der Reorientation auf ‚unpolitische‘ Säuberungsmaßnahmen 210
- Randnotiz zu einem fehlgeschlagenen Experiment der US-Armee – POW-Camps zur Reeducation 228
- Zur Rolle Österreichs in der Reeducation-Planung der US-Militärstäbe 1943 / 44–1945 239
- Österreich – ein unklarer Planungsfaktor alliierter Politik bis 1944 / 45 239
- Militärisch-gremiale Detailplanung für Österreich – Administrationsunterlagen ohne Reorientation als Ergebnis 248
- 3. Beginn der US-Reorientierung nach 1945 – die Education Division als zentrale US-Militärbehörde 265
- 4. „ The democratic way of life in Austria“ – erste Umsetzungsphase bis zum Nationalsozialistengesetz 1947 : Zwischen Laissez Faire , strenger Observation und milder Beurteilung 277
- Kooperation statt Intervention und die Folgen für die Entnazifizierung im Bildungsbereich : das Fallbeispiel Universität 277
- Ausgangslage : Perspektive nötiger ‚Säuberungsmaßnahmen‘ 277
- Bestimmungen zur Entnazifizierung in US-Planungsdirektiven 288
- Die Ausgangssituation an den Universitäten im Frühjahr 1945 292
- Personalsäuberungen durch „Sonderkommissionen“ und deren Senate 318
- Entnazifizierung am Beispiel der Universität Wien 346
- Rückkehr unerwünscht ? – Maßnahmen zur Rückholung österreichischer WissenschafterInnen aus der Emigration 365
- Fallbeispiel : Ernst Karl Winter ( 1895–1959 ) 373
- Fallbeispiel : Hans Kelsen ( 1881–1973 ) 393
- Fallbeispiel : Felix Ehrenhaft ( 1879–1952 ) 404
- Wissenschaftspolitische Restauration und amerikanisch- österreichische Beziehungen. Ein Zwischenresümee 410
- Rahmenrichtlinien und Entnazifizierung der Studentenschaft an Österreichs Universitäten 427
- ÖH-Wahlen November 1946 : erste Großdemonstration gegen „nazistische Umtriebe“ in der Zweiten Republik und die Folgen 448
- Auswirkungen der Hochschulkrawalle : Turbulenzen im Alliierten Rat , Re-Screening der Studierenden und Lehrkräfte 477
- Turnaround in der Entnazifizierungspolitik – Kontroverse zwischen State Department und War Department 502
- 5. US-Reorientierungs-Planungen im Frühen Kalten Krieg : Zwischen Popularisierung des „American Way of Life“ und Psychologischer Kriegsführung , 1947–1950 517
- Longe Range Policy 1946 / 47 – Paradigmenwechsel : langfristige zivile Reorientierungs-Konzepte anstelle militärischer Kontrolle 517
- Elitenbildung über „Austauschprogramme“: zentrales Element der besatzungspolitisch auf gewer teten US-Reorientierung ab 1947 / 48 548
- Die ideologische Überformung der US-Reorientierung durch Propagandakampagnen des Kalten Krieges 562
- Cultural Exchange – Rahmenbedingungen der US-Kulturoffensive 562
- Reorientierung und psychologische Kriegsführung : „War of ideas“ – „Campaign of Truth“ – „Struggle for Minds“ 573
- 6. Endphase der Besatzung : Akademische Austauschprogramme und ihre Umsetzung in Österreich , 1950–1955 595
- Beginn der „U.S. Exchange“-Programme – Seltsamkeiten und Pannen 595
- Kurzer Exkurs : das Salzburg-Seminar – akademische Freiheit mit Hindernissen 609
- Umstrukturierung und Expansion : neuer Anlauf unter Supervision des U.S. Department of State 616
- Übernahme durch das State Department – Instrumentalisierung des „Exchange-Program“ als Teil der psychologischen Kriegsführung gegen die Sowjetunion 625
- ‚Phasing out‘ – zivile Verwaltung und Beginn der Normalisierung 638
- Schlussbemerkung 655
- Quellenverzeichnis 665
- Literaturverzeichnis 673
- Verzeichnis der Abkürzungen 735
- Personenverzeichnis 741