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Kooperation statt Intervention und die Folgen für die Entnazifizierung
wissenschaftliche Personal der anderen Fakultäten und „Senat III“1488 für die Überprüfung
der übrigen Bediensteten der Universität Wien , mit dem Rechtsphilosophen und Völker-
rechtswissenschafter Alfred Verdross1489 an der Spitze.
Die Senate setzten sich jeweils aus vier Mitgliedern zusammen , die vom Staatsamt für
Volksaufklärung ( StVUEK ) bestellt wurden : aus jeweils einem Professor der Juridischen
Fakultät als Vorsitzendem , einem Ordinarius , einem Dozenten oder nicht-habilitierten
Assistenten und einem Behördenvertreter.1490 Als ständige Vertreter für die drei Senats-
vorsitzenden wurden drei weitere Professoren gewählt : Karl Wolff , Hans Planitz1491 und
Hans Arthur Betz und Ass. Alfred Bönisch. ÖSTA / AdR , Bestand 02 , BMfU , 02 , 2C1 – Disziplinar-
kammern , Sonderkommissionen , 1945–1958 , Ktn. 378 , Z. 6721 / 45 , a. a. O., 2.
1488 Vorsitzender des „Senats III“ war Prof. Alfred Verdross , Beisitzer : Prof. Ernst Tomek ; Ersatzmänner wa-
ren : Prof. Josef Weninger , Prof. Hans Schima und Prof. Johannes Gabriel ; 2. Beisitzer ( gewählt von der
Gewerkschaft der Öffentlich Bediensteten ) war : Techn. Oberoff. Karl Jistel , Ersatzmänner : Operpedell
Hans Hammerschmid , Quästor Josef Litschauer , Oberlaborant Rudolf Rauscher , Gärtnermeister Josef
Honomann , Oberoff. Johann Lukas , Oberoff. Georg Roch , Laborant Franz Kriwanek , Oberlaborant Jo-
hann Schwella , Ing. Leopold Borowicka. ÖSTA / AdR , Bestand 02 , BMfU , 2C1 – Disziplinarkammern ,
Sonderkommissionen , 1945–1958 , Ktn. 378 , Z. 6721 / 45 , a. a. O., 3.
1489 Alfred Verdross-Droßberg ( 1890–1980 ), Sohn eines Generals der österreichisch-ungarischen Armee. Ver-
dross studierte an den Universitäten Wien , München und Lausanne Rechts- und Staatswissenschaften
und promovierte 1913 in Wien zum Dr. jur. 1916 wurde er als „Oberleutnant-Auditor“ an den Obersten
Militärgerichtshof berufen. Nach Kriegsende habilitierte sich Verdross und arbeitete bis 1924 als Sektions-
rat im Außenministerium. 1924 wurde er a.o. Professor und erhielt ein Jahr später den Lehrstuhl für Inter-
nationales Recht und Rechtsphilosophie. Daneben war Verdross auch als Vortragender an Wiener Volks-
hochschulen tätig und lehrte an der Wiener Konsularakademie. Vgl. Oliver Rathkolb , Die Rechts- und
Staatswissenschaftliche Fakultät der Universität Wien zwischen Antisemitismus , Deutschnationalismus
und Nationalsozialismus 1938 , davor und danach. In : Heiß et al. ( Hrsg. ), Willfährige Wissenschaft , a. a. O.,
216 ff. Zur Biografie Alfred Verdross’ siehe weiters : Eintrag „Alfred Verdross( -Drossberg )“ im Online
Munziger-Archiv. [ http://www.munzinger.de/search/portrait/Alfred+Verdross+Drossberg / 0 / 6796.html ] ;
siehe weiters : Heribert Franz Köck , Leben und Werk des österreichischen Rechtsgelehrten Alfred Verdross.
In : Zeitschrift für öffentliches Recht , Bd. 42 , 1991 , 31 ff. Neben Josef Dobretsberger , Georg Fleischer , Margit
Fuchs , Leo Gross , Felix Kaufmann , Josef Laurenz Kunz , Adolf Merkl , Rudolf Aladár Métall , Leonidas
Pitamic , Gisela Rohatyn , Sigmund Rohatyn , Fritz Sander , Fritz Schreier , Alfred Schütz und Eric Voegelin
gehörte auch Verdross zum „Wiener Kelsen-Kreis“. Vgl. Tamara Ehs , Vertreibung in drei Schritten. Hans
Kelsens Netzwerk und die Anfänge österreichischer Politikwissenschaft. In : Österreichische Zeitschrift für
Geschichtswissenschaften [ Schwerpunkt : „Vertriebene Wissenschaft“ ] , 21. Jg., 2010 , Bd. 3 , 154.
1490 Den Behördenvertretern kam sozusagen die Rolle des Staatsanwalts zu. Der Behördenvertreter für den
„Senat I“ war der Leiter der Rektoratskanzlei Rudolf Fischer , für „Senat II“ Priv.-Doz. August Knoll , für
„Senat III“ Roland Grassberger. ÖSTA / AdR , Bestand 02 , BMfU , 2C1 – Disziplinarkammern , Sonder-
kommissionen , 1945–1958 , Ktn. 378 , Z. 6721 / 45.
1491 Der deutsche Rechtswissenschafter Hans Planitz ( 1882–1954 ), war von 1929–1930 Rektor der Uni-
versität Köln und von 1936–1939 ebendort Dekan der Rechtswissenschaftlichen Fakultät ; 1941 folgte
er – maßgeblich unterstützt von Dekan Ernst Schönbauer – einem Ruf an die Universität Wien als
Professor für „Deutsches , Bürgerliches und Handelsrecht“. In seiner Rektoratszeit in Köln hatte er sich
eigener Aussage nach gegen nationalsozialistische Aktivitäten gewandt , indem er , wie auf der Home-
Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration
US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration
- Subtitle
- US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
- Author
- Christian H. Stifter
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2014
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 762
- Keywords
- US-Reorientierung, Amerika, USA, Besatzungszeit, Demokratisierung, Amerikanisierung, Entnazifizierung, Kalter Krieg, Österreich, Universität, Wissenschaft, Wien
- Categories
- Geschichte Nach 1918
Table of contents
- Vorbemerkung 11
- Einleitung 15
- 1. Images , Stereotype und Vorurteile – Herkunft und Veränderung der kulturellen Geringschätzung der USA in Europa seit dem 18. Jahrhundert 31
- 2. „ Education for Victory“ – US-Demokratisierungs-Konzepte und die zivilen Reeducation-Planungen für ein post-totalitäres Europa , 1941–1945 97
- „Education in Wartime“ – Nationalsozialismus als Fundamentalbedrohung der US-amerikanischen Zivilgesellschaft 99
- „Our Country’s Call to Service“ – konkrete Auswirkungen des Verteidigungs- und Abwehr-Diskurses 107
- Binnenamerikanische Reeducation : Stärkung nationaler Moral , Militarisierung des Bildungswesens und Bildungsreform 108
- Educational Reconstruction – Überlegungen und Konzepte 1942–1943 / 44 zur Demokratisierung nach Kriegsende 138
- „What to do with the mentally ill Germans ?“ Ursprünge , Entwicklung und Veränderungen der zivilen Reeducation-Konzepte , 1940–1944 157
- Exkurs : die österreichische Emigration in den USA – ein kultur- und bildungspolitisch folgenloses Kapitel für die Nachkriegsplanungen 175
- Spätphase der zivilgesellschaftlichen Überlegungen und Konzepte zur Reeducation und Reorientation 1943 / 44–1945 – langfristige Reorientierung als Paradigma 201
- Missing Link : Fehlende Umsetzung der Reorientierungs-Konzepte in die militärischen Planungen , 1943–1945 210
- „Takeover“ durch die U.S. Army : Wirrwarr und Kompetenzgerangel – Ausdünnung der Reorientation auf ‚unpolitische‘ Säuberungsmaßnahmen 210
- Randnotiz zu einem fehlgeschlagenen Experiment der US-Armee – POW-Camps zur Reeducation 228
- Zur Rolle Österreichs in der Reeducation-Planung der US-Militärstäbe 1943 / 44–1945 239
- Österreich – ein unklarer Planungsfaktor alliierter Politik bis 1944 / 45 239
- Militärisch-gremiale Detailplanung für Österreich – Administrationsunterlagen ohne Reorientation als Ergebnis 248
- 3. Beginn der US-Reorientierung nach 1945 – die Education Division als zentrale US-Militärbehörde 265
- 4. „ The democratic way of life in Austria“ – erste Umsetzungsphase bis zum Nationalsozialistengesetz 1947 : Zwischen Laissez Faire , strenger Observation und milder Beurteilung 277
- Kooperation statt Intervention und die Folgen für die Entnazifizierung im Bildungsbereich : das Fallbeispiel Universität 277
- Ausgangslage : Perspektive nötiger ‚Säuberungsmaßnahmen‘ 277
- Bestimmungen zur Entnazifizierung in US-Planungsdirektiven 288
- Die Ausgangssituation an den Universitäten im Frühjahr 1945 292
- Personalsäuberungen durch „Sonderkommissionen“ und deren Senate 318
- Entnazifizierung am Beispiel der Universität Wien 346
- Rückkehr unerwünscht ? – Maßnahmen zur Rückholung österreichischer WissenschafterInnen aus der Emigration 365
- Fallbeispiel : Ernst Karl Winter ( 1895–1959 ) 373
- Fallbeispiel : Hans Kelsen ( 1881–1973 ) 393
- Fallbeispiel : Felix Ehrenhaft ( 1879–1952 ) 404
- Wissenschaftspolitische Restauration und amerikanisch- österreichische Beziehungen. Ein Zwischenresümee 410
- Rahmenrichtlinien und Entnazifizierung der Studentenschaft an Österreichs Universitäten 427
- ÖH-Wahlen November 1946 : erste Großdemonstration gegen „nazistische Umtriebe“ in der Zweiten Republik und die Folgen 448
- Auswirkungen der Hochschulkrawalle : Turbulenzen im Alliierten Rat , Re-Screening der Studierenden und Lehrkräfte 477
- Turnaround in der Entnazifizierungspolitik – Kontroverse zwischen State Department und War Department 502
- 5. US-Reorientierungs-Planungen im Frühen Kalten Krieg : Zwischen Popularisierung des „American Way of Life“ und Psychologischer Kriegsführung , 1947–1950 517
- Longe Range Policy 1946 / 47 – Paradigmenwechsel : langfristige zivile Reorientierungs-Konzepte anstelle militärischer Kontrolle 517
- Elitenbildung über „Austauschprogramme“: zentrales Element der besatzungspolitisch auf gewer teten US-Reorientierung ab 1947 / 48 548
- Die ideologische Überformung der US-Reorientierung durch Propagandakampagnen des Kalten Krieges 562
- Cultural Exchange – Rahmenbedingungen der US-Kulturoffensive 562
- Reorientierung und psychologische Kriegsführung : „War of ideas“ – „Campaign of Truth“ – „Struggle for Minds“ 573
- 6. Endphase der Besatzung : Akademische Austauschprogramme und ihre Umsetzung in Österreich , 1950–1955 595
- Beginn der „U.S. Exchange“-Programme – Seltsamkeiten und Pannen 595
- Kurzer Exkurs : das Salzburg-Seminar – akademische Freiheit mit Hindernissen 609
- Umstrukturierung und Expansion : neuer Anlauf unter Supervision des U.S. Department of State 616
- Übernahme durch das State Department – Instrumentalisierung des „Exchange-Program“ als Teil der psychologischen Kriegsführung gegen die Sowjetunion 625
- ‚Phasing out‘ – zivile Verwaltung und Beginn der Normalisierung 638
- Schlussbemerkung 655
- Quellenverzeichnis 665
- Literaturverzeichnis 673
- Verzeichnis der Abkürzungen 735
- Personenverzeichnis 741