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Geschichte
Nach 1918
Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration - US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
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377 Kooperation statt Intervention und die Folgen für die Entnazifizierung erteilt , allerdings mit der Einschränkung auf das Fach „Wirtschaftsgeschichte“.1598 Winter , dessen fachliche Qualifikation damit außer Frage gestanden sei , habe sich mit dieser vorläu- figen Einschränkung der Lehrbefugnis auch einverstanden erklärt , jedoch durch öffentliche Vorwürfe und Volten gegenüber der Fakultät und insbesondere gegen Othmar Spann sowie durch sein insgesamt unkonziliantes Verhalten dazu beigetragen , dass sein Habilitationsan- suchen wegen des „sachlich ungerechtfertigten und formell mehr als ungehörigen Verhaltens“ vom Unterrichtsministerium schließlich abgewiesen worden ist.1599 De facto waren Winters Habilitationsbemühungen  – im genauen Gegenteil zum Wortlaut der vom Dekanat verwen- deten „Abschrift“  – von Anbeginn durch die deutschnationale , pronazistische Ausrichtung des Fakultätskollegiums1600 behindert worden. Winter war als glühendem Verfechter einer österreichischen Eigenständigkeit ein öffentliches Bekenntnis , eine Art Ehrenerklärung zur „deutschen Kulturgemeinschaft“ und zum „verfassungsmäßigen deutschen Charakter der Universität“,1601 noch dazu im Organ der österreichischen NSDAP , abverlangt1602 bezie- einer neuen Habilitationsschrift angekündigt habe. Diese habe er am 5. Jänner 1935 unter dem Titel „Rudolf IV. von Österreich“ für das Fach Soziologie mit den Nebenfächern „Sozialpolitik und Wirt- schaftsgeschichte“ eingereicht. Aufgrund des stark historischen Einschlags der Schrift habe die Kom- mission , die aus Spann , Hold-Ferneck , Hans Mayer , Degenfeld-Schonburg , Heinrich Mitteis und Emil Goldmann bestand , beschlossen , die Professoren Alfons Dopsch und ( Hans ? ) Hirsch um ein Gutachten zu ersuchen. Nach deren Vorliegen sowie weiterer Gutachten von Spann und Degenfeld-Schonburg sei die Kommission dann zu einem positiven Entschluss gekommen. Diese stark weichgezeichnete Darstellung , deren faktische Grundstruktur zutrifft , verdreht jedoch in entscheidender Weise die kausalen Zusammenhänge , weil es keineswegs Winters Initiative gewesen ist , jeweils neue Arbeiten als Bewerbungsgrundlage für seine Habilitierung einzureichen bzw. das Ha- bilitationsverfahren zu unterbrechen , sondern dies geschah eindeutig aufgrund des Drucks seitens des Professorenkollegiums. Vgl. Holzbauer , Ernst Karl Winter ( 1895–1959 ), a. a. O., 163 f. 1598 Vgl. UAW , Personalakt Ernst Karl Winter / 23 , Abschrift Zl. 1 aus 1936 , 3. In demselben Schreiben an die Fakultät , das dann an die Öffentlichkeit gelangte sei  – z. B. im Telegraph vom 4. Dezember 1935  –, habe Winter indes den Vorwurf der Intoleranz und Minderwertigkeit gegenüber den Kommissionsmit- gliedern erhoben  – insbesondere gegenüber Othmar Spann  – und sich damit in einen offenen Konflikt mit der gesamten rechts- und staatswissenschaftlichen Fakultät gebracht. 1599 Gemäß dem Wortlaut der „Abschrift“ habe das Professorenkollegium beantragt , das Bundesministerium für Unterricht möge die Berufung des Habilitationswerbers wegen des „sachlich ungerechtfertigten und formell mehr als ungehörigen Verhaltens nunmehr“ abweisen und „die persönliche Eignung zum Hoch- schulamte ab( zu )sprechen“. Noch im Juli 1935 sei Winter nahe gelegt worden , seine gegen die Fakultät und eines seiner Mitglieder gerichteten Vorwürfe „bedingungslos mit dem Ausdrucke des Bedauerns zu- rückzuziehen“, um die Angelegenheit beizulegen , was Winter allerdings in einem Retourschreiben vom 10. Juli 1935 verweigert habe. UAW , Personalakt Ernst Karl Winter / 23 , Abschrift Zl. 1 aus 1936 , 4. 1600 Winter , Curriculum Vitae , Schreiben an James Riddleberger , a. a. O., 1. 1601 Vgl. Holzbauer , Ernst Karl Winter ( 1895–1959 ), a. a. O., 165 f. 1602 So hatte Dekan Hold-Ferneck gegenüber Winter 1929 / 30 gemeint : „Solange Sie nicht in der ‚Dötz‘ [ Deutschösterreichische Tageszeitung , Organ der österreichischen NSDAP , der Verfasser ] einen Leit- artikel für den Anschluß schreiben werden , werden Sie nicht habilitiert werden“. Zit. nach : Holzbauer , Ernst Karl Winter ( 1895–1959 ), a. a. O., 165.
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Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration
Subtitle
US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
Author
Christian H. Stifter
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2014
Language
German
License
CC BY-NC-ND 3.0
Size
17.0 x 24.0 cm
Pages
762
Keywords
US-Reorientierung, Amerika, USA, Besatzungszeit, Demokratisierung, Amerikanisierung, Entnazifizierung, Kalter Krieg, Österreich, Universität, Wissenschaft, Wien
Categories
Geschichte Nach 1918

Table of contents

  1. Vorbemerkung 11
  2. Einleitung 15
  3. 1. Images , Stereotype und Vorurteile – Herkunft und Veränderung der kulturellen Geringschätzung der USA in Europa seit dem 18. Jahrhundert 31
    1. Das Bild Amerikas aus europäischer Sicht bis Anfang der 1930er-Jahre 33
    2. Spiegelung : Anmerkungen zum Bild Deutschlands und Österreichs aus US-amerikanischer Sicht 66
    3. NS-Feindbild Amerika : Antiamerikanismus als Kampf gegen „Niggerkultur“, „Judenstaat“ und „westliche Demokratie“ 82
  4. 2. „ Education for Victory“ – US-Demokratisierungs-Konzepte und die zivilen Reeducation-Planungen für ein post-totalitäres Europa , 1941–1945 97
    1. „Education in Wartime“ – Nationalsozialismus als Fundamentalbedrohung der US-amerikanischen Zivilgesellschaft 99
    2. „Our Country’s Call to Service“ – konkrete Auswirkungen des Verteidigungs- und Abwehr-Diskurses 107
    3. Binnenamerikanische Reeducation : Stärkung nationaler Moral , Militarisierung des Bildungswesens und Bildungsreform 108
    4. Educational Reconstruction – Überlegungen und Konzepte 1942–1943 / 44 zur Demokratisierung nach Kriegsende 138
    5. „What to do with the mentally ill Germans ?“ Ursprünge , Entwicklung und Veränderungen der zivilen Reeducation-Konzepte , 1940–1944 157
    6. Exkurs : die österreichische Emigration in den USA – ein kultur- und bildungspolitisch folgenloses Kapitel für die Nachkriegsplanungen 175
    7. Spätphase der zivilgesellschaftlichen Überlegungen und Konzepte zur Reeducation und Reorientation 1943 / 44–1945 – langfristige Reorientierung als Paradigma 201
    8. Missing Link : Fehlende Umsetzung der Reorientierungs-Konzepte in die militärischen Planungen , 1943–1945 210
    9. „Takeover“ durch die U.S. Army : Wirrwarr und Kompetenzgerangel – Ausdünnung der Reorientation auf ‚unpolitische‘ Säuberungsmaßnahmen 210
    10. Randnotiz zu einem fehlgeschlagenen Experiment der US-Armee – POW-Camps zur Reeducation 228
    11. Zur Rolle Österreichs in der Reeducation-Planung der US-Militärstäbe 1943 / 44–1945 239
    12. Österreich – ein unklarer Planungsfaktor alliierter Politik bis 1944 / 45 239
    13. Militärisch-gremiale Detailplanung für Österreich – Administrationsunterlagen ohne Reorientation als Ergebnis 248
  5. 3. Beginn der US-Reorientierung nach 1945 – die Education Division als zentrale US-Militärbehörde 265
  6. 4. „ The democratic way of life in Austria“ – erste Umsetzungsphase bis zum Nationalsozialistengesetz 1947 : Zwischen Laissez Faire , strenger Observation und milder Beurteilung 277
    1. Kooperation statt Intervention und die Folgen für die Entnazifizierung im Bildungsbereich : das Fallbeispiel Universität 277
    2. Ausgangslage : Perspektive nötiger ‚Säuberungsmaßnahmen‘ 277
    3. Bestimmungen zur Entnazifizierung in US-Planungsdirektiven 288
    4. Die Ausgangssituation an den Universitäten im Frühjahr 1945 292
    5. Personalsäuberungen durch „Sonderkommissionen“ und deren Senate 318
    6. Entnazifizierung am Beispiel der Universität Wien 346
    7. Rückkehr unerwünscht ? – Maßnahmen zur Rückholung österreichischer WissenschafterInnen aus der Emigration 365
    8. Fallbeispiel : Ernst Karl Winter ( 1895–1959 ) 373
    9. Fallbeispiel : Hans Kelsen ( 1881–1973 ) 393
    10. Fallbeispiel : Felix Ehrenhaft ( 1879–1952 ) 404
    11. Wissenschaftspolitische Restauration und amerikanisch- österreichische Beziehungen. Ein Zwischenresümee 410
    12. Rahmenrichtlinien und Entnazifizierung der Studentenschaft an Österreichs Universitäten 427
    13. ÖH-Wahlen November 1946 : erste Großdemonstration gegen „nazistische Umtriebe“ in der Zweiten Republik und die Folgen 448
    14. Auswirkungen der Hochschulkrawalle : Turbulenzen im Alliierten Rat , Re-Screening der Studierenden und Lehrkräfte 477
    15. Turnaround in der Entnazifizierungspolitik – Kontroverse zwischen State Department und War Department 502
  7. 5. US-Reorientierungs-Planungen im Frühen Kalten Krieg : Zwischen Popularisierung des „American Way of Life“ und Psychologischer Kriegsführung , 1947–1950 517
    1. Longe Range Policy 1946 / 47 – Paradigmenwechsel : langfristige zivile Reorientierungs-Konzepte anstelle militärischer Kontrolle 517
    2. Elitenbildung über „Austauschprogramme“: zentrales Element der besatzungspolitisch auf gewer teten US-Reorientierung ab 1947 / 48 548
    3. Die ideologische Überformung der US-Reorientierung durch Propagandakampagnen des Kalten Krieges 562
    4. Cultural Exchange – Rahmenbedingungen der US-Kulturoffensive 562
    5. Reorientierung und psychologische Kriegsführung : „War of ideas“ – „Campaign of Truth“ – „Struggle for Minds“ 573
  8. 6. Endphase der Besatzung : Akademische Austauschprogramme und ihre Umsetzung in Österreich , 1950–1955 595
    1. Beginn der „U.S. Exchange“-Programme – Seltsamkeiten und Pannen 595
    2. Kurzer Exkurs : das Salzburg-Seminar – akademische Freiheit mit Hindernissen 609
    3. Umstrukturierung und Expansion : neuer Anlauf unter Supervision des U.S. Department of State 616
    4. Übernahme durch das State Department – Instrumentalisierung des „Exchange-Program“ als Teil der psychologischen Kriegsführung gegen die Sowjetunion 625
    5. ‚Phasing out‘ – zivile Verwaltung und Beginn der Normalisierung 638
    6. Schlussbemerkung 655
    7. Quellenverzeichnis 665
    8. Literaturverzeichnis 673
    9. Verzeichnis der Abkürzungen 735
    10. Personenverzeichnis 741
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