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Geschichte
Nach 1918
Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration - US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
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4. „The democratic way of life in Austria“ 454 ins Gefängnis geworfen worden“1969 wurde mit wüsten Droh rufen beantwortet , wobei Anwesende den Redner als „Feigling“ und als „Verräter“ beschimpft haben sollen. Im wei- teren Verlauf sei es zwischen einer kleinen Gruppe kommunistischer Studenten und der rechts konservativen Mehrheit zu heftigen Wort gefechten gekommen ; dabei hätten die Kommunisten in Sprechchören „Kultura , Kultura“ skandiert , worauf die Gegenseite mit Rufen wie „Geht nach Rußland !“1970 geantwortet haben soll. Laut dem Bericht anwesen- der Beamter der Staatspolizei habe daraufhin „tosender Beifall der Mehrheit der Anwesen- den“ eingesetzt ; mit Bezug auf Rabofskys Feststellung , dass sein Bruder für „Österreichs Unabhängigkeit“ sein Leben gelassen hatte , seien Zurufe wie „ ‚Nicht schade um dieses Schwein. Warum leben Sie noch. Niederknallen‘ u. Ä.“1971 laut geworden. Zu besonderer Entrüstung habe schließlich der ‚stolze‘ Ausruf eines Studierenden , er sei ein SS-Mann gewesen , geführt , worauf das Publikum mit lautem Applaus geantwortet habe.1972 Wie die Akademische Rundschau in der Analyse der Zeitungsberichterstattung rückbli- ckend auf diese Vorfällen feststellte  – worauf sich im Übrigen auch ein Bericht der US- Education Division bezog  –, habe sich dieser Vorfall jedoch deutlich anders als in der Tagespresse kolportiert zugetragen. Bei einer Diskussion darüber , in welcher Form zurück- gekehrten Soldaten , Kriegsgefangenen oder Invaliden bei ihrem Studium geholfen werden könnte , habe ein ehemaliger KZ-Häftling ausgerufen , dass er sich weigere , neben früherem KZ-Wachpersonal oder SS-Spitzeln auf den Hörsaalbänken Platz zu nehmen. Dem habe ein anderer Student entgegnet , dass das wohl ein extremes Beispiels sei , zumal derartige Personen ohnedies nicht zum Studium an der Universität zugelassen würden.1973 In diesem Moment habe sich ein weiterer , gesundheitlich angeschlagener Student mit schwer ver- nehmbarer , leiser Stimme zu Wort gemeldet und mit dem Satz begonnen : „Ich war ein SS- Mann“. Wie sich herausstellte , hatte dieser Student , der Mitglied der Waffen-SS gewesen war ,1974 im Krieg einen Kehl kopf durchschuss erlitten. Auf Zuruf , er solle lauter sprechen , habe sich der Vor sitzende der Wahlversammlung an die anwesenden Medizinstudenten ge- richtet und gemeint , es sei wohl unschwer zu erkennen , dass es dem Invaliden nicht möglich wäre , lauter zu sprechen. Dieser habe aber fortgesetzt und gesagt , dass er es heute sehr be- dauere , der SS angehört zu haben. In krauser Argumentation , die sein Recht auf Zulassung 1969 „Freche Nazi-Provokationen an der Wiener Universität“. In : Österreichische Zeitung , 15. Novem ber 1946 , 2. 1970 Erhardt an Secretary of State / Washington , D.C. Communist Riot and Demonstration Against Vienna University , November 22 , 1946 , No. 2063 , 3. NARA II , RG 84 , Foreign Service Posts of the Depart- ment of State. Austria , POLAD & USCOA , Classified Records 1945–55 , Box 3 , 2. 1971 ÖSTA / AdR , BMfI , Mappe : Die Hochschulwahlen in Wien , Anhang zu TB Nr. 340 , 18. November 1946 , 1. Zit. nach : Huber , Studenten im Schatten der NS-Zeit , a. a. O., 165. 1972 Erhardt an Secretary of State / Washington D.C., Communist Riot and Demonstration Against Vienna University , a. a. O., 2. 1973 Ebd., 2. 1974 UAW , MED S8 , 419 , Eidesstaatliche Erklärung des Studenten L. vom 19. September 1946. Vgl. nach : Huber , Studenten im Schatten der NS-Zeit , a. a. O., 178.
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Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration
Subtitle
US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
Author
Christian H. Stifter
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2014
Language
German
License
CC BY-NC-ND 3.0
Size
17.0 x 24.0 cm
Pages
762
Keywords
US-Reorientierung, Amerika, USA, Besatzungszeit, Demokratisierung, Amerikanisierung, Entnazifizierung, Kalter Krieg, Österreich, Universität, Wissenschaft, Wien
Categories
Geschichte Nach 1918

Table of contents

  1. Vorbemerkung 11
  2. Einleitung 15
  3. 1. Images , Stereotype und Vorurteile – Herkunft und Veränderung der kulturellen Geringschätzung der USA in Europa seit dem 18. Jahrhundert 31
    1. Das Bild Amerikas aus europäischer Sicht bis Anfang der 1930er-Jahre 33
    2. Spiegelung : Anmerkungen zum Bild Deutschlands und Österreichs aus US-amerikanischer Sicht 66
    3. NS-Feindbild Amerika : Antiamerikanismus als Kampf gegen „Niggerkultur“, „Judenstaat“ und „westliche Demokratie“ 82
  4. 2. „ Education for Victory“ – US-Demokratisierungs-Konzepte und die zivilen Reeducation-Planungen für ein post-totalitäres Europa , 1941–1945 97
    1. „Education in Wartime“ – Nationalsozialismus als Fundamentalbedrohung der US-amerikanischen Zivilgesellschaft 99
    2. „Our Country’s Call to Service“ – konkrete Auswirkungen des Verteidigungs- und Abwehr-Diskurses 107
    3. Binnenamerikanische Reeducation : Stärkung nationaler Moral , Militarisierung des Bildungswesens und Bildungsreform 108
    4. Educational Reconstruction – Überlegungen und Konzepte 1942–1943 / 44 zur Demokratisierung nach Kriegsende 138
    5. „What to do with the mentally ill Germans ?“ Ursprünge , Entwicklung und Veränderungen der zivilen Reeducation-Konzepte , 1940–1944 157
    6. Exkurs : die österreichische Emigration in den USA – ein kultur- und bildungspolitisch folgenloses Kapitel für die Nachkriegsplanungen 175
    7. Spätphase der zivilgesellschaftlichen Überlegungen und Konzepte zur Reeducation und Reorientation 1943 / 44–1945 – langfristige Reorientierung als Paradigma 201
    8. Missing Link : Fehlende Umsetzung der Reorientierungs-Konzepte in die militärischen Planungen , 1943–1945 210
    9. „Takeover“ durch die U.S. Army : Wirrwarr und Kompetenzgerangel – Ausdünnung der Reorientation auf ‚unpolitische‘ Säuberungsmaßnahmen 210
    10. Randnotiz zu einem fehlgeschlagenen Experiment der US-Armee – POW-Camps zur Reeducation 228
    11. Zur Rolle Österreichs in der Reeducation-Planung der US-Militärstäbe 1943 / 44–1945 239
    12. Österreich – ein unklarer Planungsfaktor alliierter Politik bis 1944 / 45 239
    13. Militärisch-gremiale Detailplanung für Österreich – Administrationsunterlagen ohne Reorientation als Ergebnis 248
  5. 3. Beginn der US-Reorientierung nach 1945 – die Education Division als zentrale US-Militärbehörde 265
  6. 4. „ The democratic way of life in Austria“ – erste Umsetzungsphase bis zum Nationalsozialistengesetz 1947 : Zwischen Laissez Faire , strenger Observation und milder Beurteilung 277
    1. Kooperation statt Intervention und die Folgen für die Entnazifizierung im Bildungsbereich : das Fallbeispiel Universität 277
    2. Ausgangslage : Perspektive nötiger ‚Säuberungsmaßnahmen‘ 277
    3. Bestimmungen zur Entnazifizierung in US-Planungsdirektiven 288
    4. Die Ausgangssituation an den Universitäten im Frühjahr 1945 292
    5. Personalsäuberungen durch „Sonderkommissionen“ und deren Senate 318
    6. Entnazifizierung am Beispiel der Universität Wien 346
    7. Rückkehr unerwünscht ? – Maßnahmen zur Rückholung österreichischer WissenschafterInnen aus der Emigration 365
    8. Fallbeispiel : Ernst Karl Winter ( 1895–1959 ) 373
    9. Fallbeispiel : Hans Kelsen ( 1881–1973 ) 393
    10. Fallbeispiel : Felix Ehrenhaft ( 1879–1952 ) 404
    11. Wissenschaftspolitische Restauration und amerikanisch- österreichische Beziehungen. Ein Zwischenresümee 410
    12. Rahmenrichtlinien und Entnazifizierung der Studentenschaft an Österreichs Universitäten 427
    13. ÖH-Wahlen November 1946 : erste Großdemonstration gegen „nazistische Umtriebe“ in der Zweiten Republik und die Folgen 448
    14. Auswirkungen der Hochschulkrawalle : Turbulenzen im Alliierten Rat , Re-Screening der Studierenden und Lehrkräfte 477
    15. Turnaround in der Entnazifizierungspolitik – Kontroverse zwischen State Department und War Department 502
  7. 5. US-Reorientierungs-Planungen im Frühen Kalten Krieg : Zwischen Popularisierung des „American Way of Life“ und Psychologischer Kriegsführung , 1947–1950 517
    1. Longe Range Policy 1946 / 47 – Paradigmenwechsel : langfristige zivile Reorientierungs-Konzepte anstelle militärischer Kontrolle 517
    2. Elitenbildung über „Austauschprogramme“: zentrales Element der besatzungspolitisch auf gewer teten US-Reorientierung ab 1947 / 48 548
    3. Die ideologische Überformung der US-Reorientierung durch Propagandakampagnen des Kalten Krieges 562
    4. Cultural Exchange – Rahmenbedingungen der US-Kulturoffensive 562
    5. Reorientierung und psychologische Kriegsführung : „War of ideas“ – „Campaign of Truth“ – „Struggle for Minds“ 573
  8. 6. Endphase der Besatzung : Akademische Austauschprogramme und ihre Umsetzung in Österreich , 1950–1955 595
    1. Beginn der „U.S. Exchange“-Programme – Seltsamkeiten und Pannen 595
    2. Kurzer Exkurs : das Salzburg-Seminar – akademische Freiheit mit Hindernissen 609
    3. Umstrukturierung und Expansion : neuer Anlauf unter Supervision des U.S. Department of State 616
    4. Übernahme durch das State Department – Instrumentalisierung des „Exchange-Program“ als Teil der psychologischen Kriegsführung gegen die Sowjetunion 625
    5. ‚Phasing out‘ – zivile Verwaltung und Beginn der Normalisierung 638
    6. Schlussbemerkung 655
    7. Quellenverzeichnis 665
    8. Literaturverzeichnis 673
    9. Verzeichnis der Abkürzungen 735
    10. Personenverzeichnis 741
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