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Umstrukturierung und Expansion
allgegen
wärtigen Werbung , dem Wahlsystem ,2624 den Medien sowie den sozialen Problemen ,
wobei auch hier die Kritik unter den Studierenden am deutlichsten ausfiel.2625 Die Ergeb-
nisse dieser Umfrage zusammen fassend konstatiert Oliver Schmidt , dass die Wirkung der
USA-Besuchsreisen auch im Fall der österreichischen KandidatInnen positiv bewertet wur-
de : „In accordance with American intentions and not unlike their German exchange fellows
Austrian exchanges returned home with a keener interest in analyzing domestic problems ,
and a professed desire to contribute to their solutions.“2626
Dass die Austauschkandidaten im Zusammenhang der „Exchange Programs“ offenkun-
dig genauer auf ihre politische Verlässlichkeit beziehungsweise auf ihre NS-Vergangenheit
geprüft wurden , als das bei der Entnazifizierung durch US-Militärstellen im allgemei-
nen der Fall war , dokumentiert der Fall des Landes hauptmannes Heinrich Gleißner. Im
April 1948 wurde im Zuge einer routinemäßigen Überprüfung der amerikanischen G2-
Entnazifizierungs sektion in Österreich anhand des beschlagnahmten „NSDAP Central
Index File“ in Berlin ( die zentrale NSDAP-Mitgliederkartei ) festgestellt , dass Gleißner
–
im Gegensatz zu seinen eigenen Angaben – seit April 1941 als NSDAP-Mitglied geführt
worden war. Diese Information wurde von der US-Militäradministration aber unterdrückt ,
„in der vagen Hoffnung , daß sich die Sache von selbst erledigen werde.“2627 Tatsächlich
hatte sich der Leiter der US-Entnazifizierungssektion in Österreich , Joseph L. Zaring ,
nach anfänglichem Zögern wegen der Prominenz Gleißners dafür ausgesprochen , die ös-
terreichische Bundesregierung über die zweifelhafte Infor mations lage zur Person Gleiß-
ners in Kenntnis zu setzen und die üblichen Entnazi fizierungsgesetze anzuwenden , da zu
vermuten stehe , dass die Informationen früher oder später ohnehin an die Öffentlichkeit
kommen würden. Immerhin verfügte der CIC im Dezember 1948 über Hinweise , dass
einzelne Informationen bereits an die Kommunisten durchgesickert waren.2628 Zaring riet
daher
– allerdings vergeblich
– dazu , die Angelegenheit der öster reichischen Regierung zur
Entscheidung zu überlassen , da die USA andernfalls riskieren würden , „dass die betreffen-
de Information zu einem überraschenden und ungünstigen Zeitpunkt bekannt werde.“2629
Die Angelegenheit blieb unentschieden , bis die ( angebliche ) NSDAP-Mitgliedschaft
Gleißners im Zusammenhang mit der geplanten Teilnahme der beiden Landeshauptleute
Josef Klaus2630 und Heinrich Gleißner am US-Austauschprogram wiederholt themati-
2624 So bewerteten drei von vier Visitatoren das US-amerikanische Wahlsystem im Hinblick auf die Wahl
von Einzelpersonen zwar als grundsätzlich positiv , lehnten dieses hinsichtlich der Wahl politischer Par-
teien jedoch ab. Ebd., 423 f.
2625 Schmidt , Civil Empire by Co-optation , a. a. O., 423.
2626 Ebd., 438.
2627 Tweraser , US-Militärregierung Oberösterreich. Bd. 1 , a. a. O., 232.
2628 Schuster , Politische Restauration und Entnazifizierungspolitik in Ober
österreich , a. a. O., 180.
2629 Ebd.
2630 Josef Klaus ( 1910–2001 ), promovierter Jurist , ÖVP-Landeshauptmann von Salzburg 1949–1961 und
Kanzler der ersten ÖVP-Alleinregierung in den Jahren 1961–1971 , war zwischen 1933–1934 als ( frühe-
Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration
US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration
- Subtitle
- US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
- Author
- Christian H. Stifter
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2014
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 762
- Keywords
- US-Reorientierung, Amerika, USA, Besatzungszeit, Demokratisierung, Amerikanisierung, Entnazifizierung, Kalter Krieg, Österreich, Universität, Wissenschaft, Wien
- Categories
- Geschichte Nach 1918
Table of contents
- Vorbemerkung 11
- Einleitung 15
- 1. Images , Stereotype und Vorurteile – Herkunft und Veränderung der kulturellen Geringschätzung der USA in Europa seit dem 18. Jahrhundert 31
- 2. „ Education for Victory“ – US-Demokratisierungs-Konzepte und die zivilen Reeducation-Planungen für ein post-totalitäres Europa , 1941–1945 97
- „Education in Wartime“ – Nationalsozialismus als Fundamentalbedrohung der US-amerikanischen Zivilgesellschaft 99
- „Our Country’s Call to Service“ – konkrete Auswirkungen des Verteidigungs- und Abwehr-Diskurses 107
- Binnenamerikanische Reeducation : Stärkung nationaler Moral , Militarisierung des Bildungswesens und Bildungsreform 108
- Educational Reconstruction – Überlegungen und Konzepte 1942–1943 / 44 zur Demokratisierung nach Kriegsende 138
- „What to do with the mentally ill Germans ?“ Ursprünge , Entwicklung und Veränderungen der zivilen Reeducation-Konzepte , 1940–1944 157
- Exkurs : die österreichische Emigration in den USA – ein kultur- und bildungspolitisch folgenloses Kapitel für die Nachkriegsplanungen 175
- Spätphase der zivilgesellschaftlichen Überlegungen und Konzepte zur Reeducation und Reorientation 1943 / 44–1945 – langfristige Reorientierung als Paradigma 201
- Missing Link : Fehlende Umsetzung der Reorientierungs-Konzepte in die militärischen Planungen , 1943–1945 210
- „Takeover“ durch die U.S. Army : Wirrwarr und Kompetenzgerangel – Ausdünnung der Reorientation auf ‚unpolitische‘ Säuberungsmaßnahmen 210
- Randnotiz zu einem fehlgeschlagenen Experiment der US-Armee – POW-Camps zur Reeducation 228
- Zur Rolle Österreichs in der Reeducation-Planung der US-Militärstäbe 1943 / 44–1945 239
- Österreich – ein unklarer Planungsfaktor alliierter Politik bis 1944 / 45 239
- Militärisch-gremiale Detailplanung für Österreich – Administrationsunterlagen ohne Reorientation als Ergebnis 248
- 3. Beginn der US-Reorientierung nach 1945 – die Education Division als zentrale US-Militärbehörde 265
- 4. „ The democratic way of life in Austria“ – erste Umsetzungsphase bis zum Nationalsozialistengesetz 1947 : Zwischen Laissez Faire , strenger Observation und milder Beurteilung 277
- Kooperation statt Intervention und die Folgen für die Entnazifizierung im Bildungsbereich : das Fallbeispiel Universität 277
- Ausgangslage : Perspektive nötiger ‚Säuberungsmaßnahmen‘ 277
- Bestimmungen zur Entnazifizierung in US-Planungsdirektiven 288
- Die Ausgangssituation an den Universitäten im Frühjahr 1945 292
- Personalsäuberungen durch „Sonderkommissionen“ und deren Senate 318
- Entnazifizierung am Beispiel der Universität Wien 346
- Rückkehr unerwünscht ? – Maßnahmen zur Rückholung österreichischer WissenschafterInnen aus der Emigration 365
- Fallbeispiel : Ernst Karl Winter ( 1895–1959 ) 373
- Fallbeispiel : Hans Kelsen ( 1881–1973 ) 393
- Fallbeispiel : Felix Ehrenhaft ( 1879–1952 ) 404
- Wissenschaftspolitische Restauration und amerikanisch- österreichische Beziehungen. Ein Zwischenresümee 410
- Rahmenrichtlinien und Entnazifizierung der Studentenschaft an Österreichs Universitäten 427
- ÖH-Wahlen November 1946 : erste Großdemonstration gegen „nazistische Umtriebe“ in der Zweiten Republik und die Folgen 448
- Auswirkungen der Hochschulkrawalle : Turbulenzen im Alliierten Rat , Re-Screening der Studierenden und Lehrkräfte 477
- Turnaround in der Entnazifizierungspolitik – Kontroverse zwischen State Department und War Department 502
- 5. US-Reorientierungs-Planungen im Frühen Kalten Krieg : Zwischen Popularisierung des „American Way of Life“ und Psychologischer Kriegsführung , 1947–1950 517
- Longe Range Policy 1946 / 47 – Paradigmenwechsel : langfristige zivile Reorientierungs-Konzepte anstelle militärischer Kontrolle 517
- Elitenbildung über „Austauschprogramme“: zentrales Element der besatzungspolitisch auf gewer teten US-Reorientierung ab 1947 / 48 548
- Die ideologische Überformung der US-Reorientierung durch Propagandakampagnen des Kalten Krieges 562
- Cultural Exchange – Rahmenbedingungen der US-Kulturoffensive 562
- Reorientierung und psychologische Kriegsführung : „War of ideas“ – „Campaign of Truth“ – „Struggle for Minds“ 573
- 6. Endphase der Besatzung : Akademische Austauschprogramme und ihre Umsetzung in Österreich , 1950–1955 595
- Beginn der „U.S. Exchange“-Programme – Seltsamkeiten und Pannen 595
- Kurzer Exkurs : das Salzburg-Seminar – akademische Freiheit mit Hindernissen 609
- Umstrukturierung und Expansion : neuer Anlauf unter Supervision des U.S. Department of State 616
- Übernahme durch das State Department – Instrumentalisierung des „Exchange-Program“ als Teil der psychologischen Kriegsführung gegen die Sowjetunion 625
- ‚Phasing out‘ – zivile Verwaltung und Beginn der Normalisierung 638
- Schlussbemerkung 655
- Quellenverzeichnis 665
- Literaturverzeichnis 673
- Verzeichnis der Abkürzungen 735
- Personenverzeichnis 741