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Kerne, Kooperation und Konkurrenz - Kernforschung in Österreich im internationalen Kontext (1900–1950)
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Page - 86 - in Kerne, Kooperation und Konkurrenz - Kernforschung in Österreich im internationalen Kontext (1900–1950)

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Österreich-Ungarn und die internationale Radioaktivitätsforschung, 1899–191886 des niederländischen Physikers Heike Kamerlingh Onnes und der Familie Bohr in Kopenhagen von und nach Großbritannien geschickt. Im Gegenzug half Rutherford einem Bekannten Meyers, der in Großbritannien interniert worden war.269 Das Institut für Radiumforschung bot außerdem einigen Wissenschaftlern aus den Kronländern der Monarchie, die aus politischen Gründen aus ihrer Heimat geflüchtet waren, eine Arbeitsstelle : Tadeusz Godlewski, Professor an der TH Lemberg und ab 1915 in Wien mit radiochemischen Arbeiten beschäftigt,270 Marian von Smoluchow- ski, der in Krakau wirkende Schüler Franz Serafin Exners und seine beiden Schüler Józef Patkowski und Stanisław Loria waren vor der russischen Okkupation aus Galizien geflüchtet und setzten ihre Radioaktivitätsforschungen in Wien fort.271 Das Institut für Radiumforschung hielt den Verleih von Präparaten auch unter den erschwerten Bedingungen des Krieges aufrecht. Der Verleih diente zweifelsohne als Schmiermittel, um sich einzelne Radioaktivisten und Radioaktivistinnen außerhalb Österreich-Ungarns, an denen ein besonderes Interesse bestand, über den Krieg hinaus gewogen zu halten. Kamerlingh Onnes in Leiden erhielt beispielsweise 1915 ein Thorium-E-Präparat, möglicherweise auch als Dank für die Unterstützung Robert Lawsons.272 Trotzdem gingen die meisten Präparate an Kolleginnen und Kollegen in befreundeten Staaten, mit denen langjährige Austauschverhältnisse bestanden. Der Ordinarius für Physik an der TH Dresden und ehemalige Assistent von Fritz Kohl- rausch, Wilhelm Hallwachs, erhielt ein Stückchen Radiumbleichlorid.273 Georg von Hevesy setzte seine in Wien begonnenen Arbeiten zum elektrochemischen Verhalten des Thorium B und C in Ungarn mit einem aus Wien entliehenen Radiothor-Präparat fort.274 Allerdings zeigt das Beispiel Otto Hahns und Lise Meitners in Berlin, dass auch die deutsch-österreichischen Kontakte nicht ohne Friktionen abliefen. Meitner stand in einem regen Briefwechsel mit Meyer und anderen Radioaktivisten aus Österreich. Hahn und Meitner hatten 1913 damit begonnen, nach der Abzweigung des Actiniums von der Uranzerfallsreihe zu suchen, mussten ihre Versuche aber nach Kriegsbeginn vorübergehend einstellen, da Hahn sich freiwillig an die Front meldete. Erst im Okto- 269 Vgl. AÖAW, FE-Akten, IR, NL Meyer, K 18, Fiche 293 : Meyer an Rutherford vom 3.9.1915. 270 Godlewski hatte zur gleichen Zeit wie Hahn bei Rutherford in Montreal gearbeitet. Vgl. Ernst 1992, 55. 271 Vgl. AÖAW, FE-Akten, IR, NL Meyer, K 18, Fiche 294 : Meyer an Rutherford vom 22.1.1920 ; ebd., K 16, Fiche 256 : Loria an Meyer vom 15.10.1915 ; ebd., K 19, Fiche 304 : Meyer an Schweidler (über Godlewski) vom 29.4.1915. Loria, der vor Kriegsausbruch bei Rutherford in Manchester gearbeitet hatte, übernahm nach dem Krieg die Lehrkanzel Marian von Smoluchowskis an der Universität Lwów in Polen. Vgl. CUL, RC, Add 7653, L 144 : Loria an Rutherford vom 29.3.1921. 272 Vgl. AÖAW, FE-Akten, IR, NL Meyer, K 14, Fiche 231 : Kamerlingh Onnes an Meyer vom 22.10.1916. 273 Vgl. AÖAW, FE-Akten, IR, NL Meyer, K 13, Fiche 201 : Hallwachs an Meyer vom 27.1.1917. 274 Vgl. AÖAW, FE-Akten, IR, NL Meyer, K 13, Fiche 212 : Hevesy an Meyer vom 21.1.1918.
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Kerne, Kooperation und Konkurrenz Kernforschung in Österreich im internationalen Kontext (1900–1950)
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Kerne, Kooperation und Konkurrenz
Subtitle
Kernforschung in Österreich im internationalen Kontext (1900–1950)
Author
Silke Fengler
Editor
Carola Sachse
Mitchell G. Ash
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2014
Language
German
License
CC BY-NC-ND 4.0
ISBN
978-3-205-79512-4
Size
17.0 x 24.0 cm
Pages
380
Keywords
Institute for Radium Research, nuclear research in Austria, History of science, National Socialism, The Cold War --- Radiuminstitut, Kernforschung in Österreich, Wissenschaftsgeschichte, Nationalsozialismus, Wissenschaftskooperation, Kalter Krieg
Categories
Naturwissenschaften Chemie
Naturwissenschaften Physik

Table of contents

  1. 1. Kernforschung in Österreich im Spannungsfeld von internationalerKooperation und Konkurrenz 9
    1. 1.1 Internationalisierungsprozesse in der Radioaktivitäts- und Kernforschung : Eine Skizze 9
    2. 1.2 Begriffsklärung und Fragestellungen 10
      1. 1.2.2 Ressourcenausstattung und Ressourcenverteilung 12
      2. 1.2.3 Zentrum und Peripherie 14
    3. 1.3 Forschungsstand 16
    4. 1.4 Quellenlage 24
    5. 1.5 Aufbau der Arbeit 26
  2. 2. Österreich-Ungarn und die internationale Radioaktivitätsforschung, 1899–1918 30
    1. 2.1 Österreich-Ungarn in der internationalen Radiumökonomie 31
    2. 2.2 Das regionale Netzwerk formiert sich 40
      1. 2.2.1 Anfänge der Radioaktivitätsforschung im Kontext des Exner-Kreises 40
      2. 2.2.2 Kooperationsformen der Mitglieder 45
      3. 2.2.3 Wissenstransfer vom Zentrum in die Peripherie 46
    3. 2.3 Das Zentrum formiert sich 49
      1. 2.3.1 Gründung des Instituts für Radiumforschung 49
      2. 2.3.2 Verbindungen zur böhmischen Radiumindustrie 54
      3. 2.3.3 Verleih radioaktiver Substanzen durch die Akademie 57
      4. 2.3.4 Bereitstellung radioaktiver Präparate 61
    4. 2.4 Das Zentrum etabliert sich 67
      1. 2.4.1 Wien als metrologisches Zentrum der Monarchie 67
      2. 2.4.2 Die Internationale Radiumstandard-Kommission 69
      3. 2.4.3 Das Scheitern der Nomenklaturfrage im Vielvölkerstaat Österreich-Ungarn 79
    5. 2.5 Die Gefährdung des Zentrums 81
      1. 2.5.1 Die Radioaktivistengemeinschaft und der Erste Weltkrieg 81
      2. 2.5.2 Österreich-Ungarn in der neuen internationalen Radiumökonomie 88
    6. 2.6 Der Radiumreichtum : ein Wiener Monopol 91
  3. 3. Von der Radioaktivitäts- zur Atomzertrümmerungsforschung, 1919–1932 93
    1. 3.1 Die Naturwissenschaften in Österreich nach 1918 94
    2. 3.2 Das regionale Netzwerk festigt sich 97
      1. 3.2.1 Der Exner-Kreis und die Physik im Nachkriegsösterreich 97
      2. 3.2.2 Der Exner-Kreis zwischen Kooperation und Konkurrenz 107
    3. 3.3 Das Zentrum (re-)formiert sich 109
      1. 3.3.1 Wiederaufleben des internationalen Netzwerks 109
      2. 3.3.2 Wiederaufnahme des internationalen Präparateverleihs 117
      3. 3.3.3 »Unter keinen Bedingungen verbandelt« : Kooperationen mit der Industrie 122
      4. 3.3.4 Rückkehr auf die internationale Bühne 131
    4. 3.4 Das Zentrum in Aktion : Atomzertrümmerungsforschung als internationales Projekt 140
      1. 3.4.1 Stipendien für Zentrum und Peripherie 140
      2. 3.4.2 Atomzertrümmerungsforschung zwischen Kooperation und Konkurrenz 147
    5. 3.5 Die Anfänge der Atomzertrümmerungsforschung als Geschäft der Reichen 176
  4. 4. Kernforschung in Österreich, 1932–1938 178
    1. 4.1 Das Zentrum behauptet sich 179
      1. 4.1.1 Neue Standards für die Internationale Radiumstandard- Kommission 179
      2. 4.1.2 Neue Mitglieder für die Internationale Radiumstandard- Kommission 182
      3. 4.1.3 Der Ruf nach höchsten Spannungen in der internationalen Kernphysik 185
      4. 4.1.4 Die Wiener Reaktionen 190
      5. 4.1.5 Das Polonium-Netzwerk im Dienst der Neutronenforschung 193
      6. 4.1.6 Höhenstrahlungsforschung zwischen Peripherie und Zentrum 200
    2. 4.2 Das Zentrum verliert den Anschluss 206
      1. 4.2.1 Abzug ausländischen Kapitals 206
      2. 4.2.2 Marginalisierung im deutschsprachigen Wissenschaftskontext 218
    3. 4.3 Kernforschung in Österreich als nationales Projekt 226
      1. 4.3.1 Sparmaßnahmen 226
      2. 4.3.2 Der Streit um die Physikalischen Institute 228
      3. 4.3.3 Pläne für einen Teilchenbeschleuniger in Wien 231
    4. 4.4 Wüstentrockenheit auf dem Gebiet der Atomzertrümmerung 234
  5. 5. Kernforschung im Kontext des »Dritten Reiches«, 1938–1945 236
    1. 5.1 Das regionale Netzwerk wird zerstört 237
      1. 5.1.1 Die Auflösung des Exner-Kreises 237
      2. 5.1.2 Die Internationale Radiumstandard-Kommission im ZweitenWeltkrieg 241
    2. 5.2 Auf der Suche nach neuen Organisationsformen 252
      1. 5.2.1 Die Neuordnung der Physikalischen und Chemischen Institute 252
      2. 5.2.2 Die Suche nach neuen industriell-wissenschaftlichen Netzwerken 260
    3. 5.3 An der Peripherie des neuen Netzwerks 264
      1. 5.3.1 Forschungsarbeiten im Auftrag des Militärs 265
      2. 5.3.2 Neue Pläne zum Bau eines Teilchenbeschleunigers in Wien 270
      3. 5.3.3 Der problematische Radiumnachschub 276
      4. 5.3.4 Kernforschung für den Uranverein 282
      5. 5.3.5 Geophysik im Kontext des SS-Ahnenerbes 300
    4. 5.4 Das Kriegsende 304
    5. 5.5 Den Krieg für die Wissenschaft nutzbar machen 305
  6. 6. Kernforschung für die Alliierten – ein Epilog 307
    1. 6.1 Alliierte Geheimdienste auf den Spuren der Kernforschung in Österreich 308
    2. 6.2 Die Alliierten als Arbeitgeber 312
    3. 6.3 Kernforscher aus Österreich : Keine Munition im »Arsenal des Wissens« 320
  7. 7. Schluss 322
  8. 8. Anhang 334
  9. Abkürzungsverzeichnis 334
  10. Verzeichnis der benutzten Archivbestände 336
  11. Literaturverzeichnis 340
  12. Personenregister 369
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