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Das Zentrum (re-)formiert sich 139
gewichtskommission, der nun auch wieder deutsche Mitglieder angehörten220, 2. die
Internationale Atomkommission221 und 3. die Kommission für radioaktive Konstan-
ten, die als Verbindungsglied der UIC zur Internationalen Radiumstandard-Kommis-
sion diente.222
Die Internationale Radiumstandard-Kommission schaltete sich 1930/31 in die Dis-
kussionen um das international vereinheitlichte Berichtswesen ein.223 Meyer beteiligte
sich als Sekretär der Kommission wiederholt an diesen Diskussionen, und seine
Stimme wurde auch gehört.224 Insgesamt hielt er jedoch an seinem zurückhaltenden
Kurs fest. So sei es notwendig, Experten in die neugeschaffenen Gremien zu entsenden,
die in der Lage waren, die auf nationalstaatlicher Ebene gewonnenen radioaktiven
Zerfallsdaten fachkundig auszuwerten. Und er fuhr fort : »Dabei stelle ich mir vor, dass
die Vertreter jedes Landes selbständig vorgehen könnten, wobei ich freilich Österreich
nur als Subeinheit Deutschlands betrachten möchte.«225 Als Sekretär der Radiumstan-
dard-Kommission sammelte er in verschiedenen Ländern Daten über radioaktive
Zerfallskonstanten, aus denen später eine einheitliche internationale Tabelle erstellt
werden sollte. In Österreich arbeitete er dabei besonders eng mit den Mitgliedern des
Exner-Kreises zusammen. Die Tabellen radioaktiver Zerfallskonstanten wurden 1931
in der jeweils wichtigsten französischen, deutschen und angloamerikanischen physika-
lischen Fachzeitschrift veröffentlicht.226
Radioaktivisten aus Österreich gaben seit dem Krieg im deutschsprachigen Raum
den Ton an, was die einheitliche Bezeichnung radioaktiver Zerfallsprodukte betraf.
Bald nach Kriegsende gelang es ihnen, ihre einflussreiche Position im grenzüberschrei-
tenden Eich- und Standardisierungswesen zurückzugewinnen. Allerdings waren sich
nicht alle Mitglieder der vielfältigen Aktivitäten der Internationalen Radiumstandard-
Kommission bewusst. Da Standardisierungsfragen ähnlich wie vor dem Krieg fast
220 Sie übernahm die Aufgabe, jährliche Atomgewichtstabellen herauszugeben. Die nationalen Komitees
stellten damit ihre Arbeit ein. Georges Urbain (Paris) übernahm den Vorsitz der Kommission, G. Baxter
(Harvard), Otto Hönigschmid (München), P. Lebeau (Paris), Marie Curie (Paris) und R. J. Meyer (Ber-
lin) gehörten ihr als Mitglieder an.
221 Sie widmete sich Fragen der Isotopie, der atomaren Struktur und der Bestimmung von Atommassen
(und anderer atomarer Messgrößen), die auf physikalischem Wege ermittelt wurden.
222 Vgl. Hahn 1962, 65.
223 Vgl. AÖAW, FE-Akten, IR, NL Meyer, K 18, Fiche 296 : Meyer an Rutherford vom 22.2.1930.
224 Beispielsweise machte Meyer Curie Vorschläge, wie die Indexzahlen der Isotopen, die die Protonenzahl
angeben, vereinheitlicht werden könnten. Curie lud ihn daraufhin nach Paris ein, um mit Paul Langevin
und anderen Radioaktivisten eine Lösung dieser Frage zu erarbeiten. Vgl. AÖAW, FE-Akten, IR, NL
Meyer, K 22, Fiche 351 : Meyer an Curie vom 17.10.1933 und Curie an Meyer vom 27.11.1933.
225 AÖAW, FE-Akten, IR, NL Meyer, K 12, Fiche 197 : Meyer an Hahn vom 24.2.1930.
226 Die Tabellen wurden im »Journal de Physique et le Radium«, in der »Physikalischen Zeitschrift«, im
»Philosophical Magazine« und im »Journal of the American Chemical Society« veröffentlicht.
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Kerne, Kooperation und Konkurrenz
Kernforschung in Österreich im internationalen Kontext (1900–1950)
- Title
- Kerne, Kooperation und Konkurrenz
- Subtitle
- Kernforschung in Österreich im internationalen Kontext (1900–1950)
- Author
- Silke Fengler
- Editor
- Carola Sachse
- Mitchell G. Ash
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2014
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-205-79512-4
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 380
- Keywords
- Institute for Radium Research, nuclear research in Austria, History of science, National Socialism, The Cold War --- Radiuminstitut, Kernforschung in Österreich, Wissenschaftsgeschichte, Nationalsozialismus, Wissenschaftskooperation, Kalter Krieg
- Categories
- Naturwissenschaften Chemie
- Naturwissenschaften Physik
Table of contents
- 1. Kernforschung in Österreich im Spannungsfeld von internationalerKooperation und Konkurrenz 9
- 2. Österreich-Ungarn und die internationale Radioaktivitätsforschung, 1899–1918 30
- 3. Von der Radioaktivitäts- zur Atomzertrümmerungsforschung, 1919–1932 93
- 3.1 Die Naturwissenschaften in Österreich nach 1918 94
- 3.2 Das regionale Netzwerk festigt sich 97
- 3.3 Das Zentrum (re-)formiert sich 109
- 3.4 Das Zentrum in Aktion : Atomzertrümmerungsforschung als internationales Projekt 140
- 3.5 Die Anfänge der Atomzertrümmerungsforschung als Geschäft der Reichen 176
- 4. Kernforschung in Österreich, 1932–1938 178
- 4.1 Das Zentrum behauptet sich 179
- 4.1.1 Neue Standards für die Internationale Radiumstandard- Kommission 179
- 4.1.2 Neue Mitglieder für die Internationale Radiumstandard- Kommission 182
- 4.1.3 Der Ruf nach höchsten Spannungen in der internationalen Kernphysik 185
- 4.1.4 Die Wiener Reaktionen 190
- 4.1.5 Das Polonium-Netzwerk im Dienst der Neutronenforschung 193
- 4.1.6 Höhenstrahlungsforschung zwischen Peripherie und Zentrum 200
- 4.2 Das Zentrum verliert den Anschluss 206
- 4.3 Kernforschung in Österreich als nationales Projekt 226
- 4.4 Wüstentrockenheit auf dem Gebiet der Atomzertrümmerung 234
- 4.1 Das Zentrum behauptet sich 179
- 5. Kernforschung im Kontext des »Dritten Reiches«, 1938–1945 236
- 6. Kernforschung für die Alliierten – ein Epilog 307
- 7. Schluss 322
- 8. Anhang 334
- Abkürzungsverzeichnis 334
- Verzeichnis der benutzten Archivbestände 336
- Literaturverzeichnis 340
- Personenregister 369