Page - 158 - in Kerne, Kooperation und Konkurrenz - Kernforschung in Österreich im internationalen Kontext (1900–1950)
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Von der Radioaktivitäts- zur Atomzertrümmerungsforschung,
1919–1932158
terte es der Forschungsgruppe um Pettersson, die Rockefeller Foundation als Nachfol-
gerin des IEB zur Fortsetzung ihrer Förderung zu bewegen. So erhielt das Institut für
Radiumforschung 1928 erneut 3.000 US-Dollar, und im darauf folgenden Jahr noch
einmal 1.500 US-Dollar.320 Auch das Bundesministerium für Unterricht erklärte sich
angesichts des ausländischen Engagements bereit, eine Einmalzahlung von 5.000
Schilling zu leisten. Zwischen 1928 und 1930 finanzierte das Ministerium dem Institut
für Radiumforschung zudem eine wissenschaftliche Hilfskraft.321
Seit 1930 wurde das Institut für Radiumforschung nicht mehr durch Rockefeller-
Gelder gefördert. Meyer hatte sich gegenüber dem Bundesministerium für Unterricht
dazu verpflichtet, keine Fördergelder mehr bei der Stiftung zu beantragen und derar-
tige Gesuche Dritter, also speziell der Forschungsgruppe um Hans Pettersson, nicht zu
unterstützen. Denn die US-Stiftung hatte ihre Förderung in der Vergangenheit stets
mit der Bedingung verknüpft, dass das Ministerium auf lange Sicht vollständig für die
Finanzierung des Instituts aufkam. Das war eine Bedingung, die das Ministerium sich
nicht diktieren lassen wollte.322 Ein Großteil der US-amerikanischen Gelder zur Un-
terstützung der Wiener Atomzertrümmerungsforschung floss daraufhin seit Beginn der
1930er Jahre an das II. Physikalische Institut der Universität Wien. Auf diesem Wege
erhielt die Gruppe um Pettersson für das Jahr 1930/31 insgesamt 3.000 US-Dollar,
und für das darauf folgende Jahre 1931/32 noch einmal 2.000 US-Dollar von der
Stiftung.323 Intern betrachtete die Stiftung ihre Spenden weiterhin als Anschubfinan-
zierung für das Institut für Radiumforschung, und nicht als Hilfe für die unter staat-
licher Verwaltung stehenden Physikalischen Institute der Universität Wien.324
Die staatlichen Sonderzuschüsse waren im Vergleich zu den Summen, die die US-
amerikanische Stiftung bereitstellte, gering. Vergleicht man sie aber mit den außeror-
dentlichen Subventionen, die das Ministerium anderen Forschungseinrichtungen in
Österreich gewährte, fielen sie großzügig aus. Lediglich Victor Hess in Innsbruck und
Felix Ehrenhaft in Wien gelang es, mit Verweis auf im Ausland geworbene Stiftungs-
gelder, Unterstützung in ähnlicher Höhe zu erhalten. Ehrenhaft bekam 1932 und 1933
insgesamt 5.000 US-Dollar, um Geräte für sein Institut anzuschaffen.325
320 Vgl. AÖAW, FE-Akten, IR, NL Meyer, K 17, Fiche 267 : Trowbridge an Meyer vom 31.5.1928.
321 Vgl. AÖAW, FE-Akten, IR, NL Meyer, K 17, Fiche 267 : Meyer an Trowbridge vom 20.1.1928. Ein
ähnliches Engagement des Staates auf Initiative der Rockefeller Foundation lässt sich in Spanien konsta-
tieren. Vgl. Glick 2005, 135.
322 Vgl. AÖAW, FE-Akten, IR, NL Meyer, K 19, Fiche 307 : Meyer an Schweidler vom 8.2.1935.
323 Vgl. RAC, RF, RG 1.1, Series 705D, Box 3, Folder 25 : Research aid grant, Assistance to Prof. Hans
Pettersson at the 2nd Inst. of Physics, University of Vienna vom 8.9.1933.
324 Vgl. RAC, RF, RG 3, Series 915, Box 1, Folder 1 : Staff Conference vom 16.1.1930.
325 Vgl. RAC, RF, RG 1.1, Series 705D, Box 3, Folder 26 : Tisdale an Ehrenhaft vom 2.1.1932.
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Kerne, Kooperation und Konkurrenz
Kernforschung in Österreich im internationalen Kontext (1900–1950)
- Title
- Kerne, Kooperation und Konkurrenz
- Subtitle
- Kernforschung in Österreich im internationalen Kontext (1900–1950)
- Author
- Silke Fengler
- Editor
- Carola Sachse
- Mitchell G. Ash
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2014
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-205-79512-4
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 380
- Keywords
- Institute for Radium Research, nuclear research in Austria, History of science, National Socialism, The Cold War --- Radiuminstitut, Kernforschung in Österreich, Wissenschaftsgeschichte, Nationalsozialismus, Wissenschaftskooperation, Kalter Krieg
- Categories
- Naturwissenschaften Chemie
- Naturwissenschaften Physik
Table of contents
- 1. Kernforschung in Österreich im Spannungsfeld von internationalerKooperation und Konkurrenz 9
- 2. Österreich-Ungarn und die internationale Radioaktivitätsforschung, 1899–1918 30
- 3. Von der Radioaktivitäts- zur Atomzertrümmerungsforschung, 1919–1932 93
- 3.1 Die Naturwissenschaften in Österreich nach 1918 94
- 3.2 Das regionale Netzwerk festigt sich 97
- 3.3 Das Zentrum (re-)formiert sich 109
- 3.4 Das Zentrum in Aktion : Atomzertrümmerungsforschung als internationales Projekt 140
- 3.5 Die Anfänge der Atomzertrümmerungsforschung als Geschäft der Reichen 176
- 4. Kernforschung in Österreich, 1932–1938 178
- 4.1 Das Zentrum behauptet sich 179
- 4.1.1 Neue Standards für die Internationale Radiumstandard- Kommission 179
- 4.1.2 Neue Mitglieder für die Internationale Radiumstandard- Kommission 182
- 4.1.3 Der Ruf nach höchsten Spannungen in der internationalen Kernphysik 185
- 4.1.4 Die Wiener Reaktionen 190
- 4.1.5 Das Polonium-Netzwerk im Dienst der Neutronenforschung 193
- 4.1.6 Höhenstrahlungsforschung zwischen Peripherie und Zentrum 200
- 4.2 Das Zentrum verliert den Anschluss 206
- 4.3 Kernforschung in Österreich als nationales Projekt 226
- 4.4 Wüstentrockenheit auf dem Gebiet der Atomzertrümmerung 234
- 4.1 Das Zentrum behauptet sich 179
- 5. Kernforschung im Kontext des »Dritten Reiches«, 1938–1945 236
- 6. Kernforschung für die Alliierten – ein Epilog 307
- 7. Schluss 322
- 8. Anhang 334
- Abkürzungsverzeichnis 334
- Verzeichnis der benutzten Archivbestände 336
- Literaturverzeichnis 340
- Personenregister 369