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Kerne, Kooperation und Konkurrenz - Kernforschung in Österreich im internationalen Kontext (1900–1950)
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Page - 168 - in Kerne, Kooperation und Konkurrenz - Kernforschung in Österreich im internationalen Kontext (1900–1950)

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Von der Radioaktivitäts- zur Atomzertrümmerungsforschung, 1919–1932168 zeichnete sich zugleich eine Machtverschiebung zugunsten der aus Wien beziehungs- weise Österreich stammenden Assistenten Stetter, Kirsch und Ortner ab. Die Verände- rungen im Bereich der Messtechnik waren eng mit dem kontinuierlichen Bedeutungs- gewinn von Strahlungsquellen auf der Basis von Polonium verknüpft. Diese eigneten sich für kernphysikalische Untersuchungen besonders gut und machten das Institut für Radiumforschung erneut zum international anerkannten Umschlagplatz radioaktiver Präparate. Die seit 1922 in Wien betriebene Atomzertrümmerungsforschung war nicht auf das Institut für Radiumforschung beschränkt. Vielmehr bildete die Nachbarschaft zum II. Physikalischen Institut die Voraussetzung für einen stark arbeitsteiligen, interdiszipli- nären Forschungsprozess.376 Die enge Kooperation von Physikern und Chemikern galt in der Radioaktivitätsforschung von jeher als vorteilhaft, denn die Radiochemie lieferte den Physikern ihre Präparate (Strahlungsquellen) und damit die zu messende Entität (chemische Elemente). Umgekehrt lieferte die Physik den Radiochemikern die Mess- apparate, die Messungen und die Deutung der Messergebnisse.377 Die Architektur des Wiener Mediziner-Viertels bot im Hinblick auf die interdisziplinäre Kooperation ide- ale Bedingungen :378 So wurden die Strahlungsquellen am Institut für Radiumfor- schung hergestellt, während die Messungen im unverseuchten Nebengebäude der Physikalischen Institute stattfanden. Damit sank die Gefahr, die Messergebnisse zu verfälschen.379 Anders als am KWI für Chemie in Berlin, wo es seit 1917 eine radio- physikalische und eine radiochemische Abteilung gab, die in den 1920er Jahren kaum noch direkt zusammenarbeiteten, waren die Kontakte zwischen Radiochemikern und den in der Radioaktivitäts- bzw. Atomzertrümmerungsforschung engagierten Physi- kern in Wien ähnlich eng wie beispielsweise im Laboratoire Curie in Paris.380 Am Institut für Radiumforschung stand die Herstellung von α-Strahlungsquellen von Beginn an im Mittelpunkt der radiochemischen Bemühungen. Obwohl es fast 376 Vgl. ÖStA, AVA, Ministerium für Kultus und Unterricht 1848–1940, F 868/4G : Manuskript [unleser- lich] über die prinzipiellen Ausführungen Prof. Schweidlers, undatiert [1937]. 377 Vgl. Hahn 1951. Ob die räumliche Nähe zu den Chemischen Instituten grundlegend für die interdiszi- plinäre Forschungsarbeit in Wien war, ist hingegen zweifelhaft. Vgl. Rentetzi 2005, 295. 378 Zur Architektonik und Funktionalität des Mediziner-Viertels im 9. Wiener Gemeindebezirk Rentetzi 2004b. 379 Vgl. RAC, IEB, Series 1.3, Box 56, Folder 923 : Hans Pettersson, Bericht über die Forschungsarbeit während des zweijährigen Stipendiums in Wien vom April 1928. Vgl. zur radioaktiven Verseuchung des Instituts für Radiumforschung Rosner/Strohmaier 2003, 33. 380 Die Hahn-Meitner-Abteilung hatte einen gemeinsamen Etat, verfolgte aber zwei unterschiedliche For- schungsgebiete. Otto Hahn wandte sich der angewandten Radiochemie zu, während Lise Meitner sich der Untersuchung der Natur der β-Strahlung widmete. Dabei gewannen theoretische Fragestellungen, wie die Bohr’sche Quantentheorie des Atommodells, die Einstein’sche Lichtquantenhypothese und die Quantisierung des Atomkerns stärkere Bedeutung für ihre Arbeit. Vgl. Ernst 1992, 163–164.
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Kerne, Kooperation und Konkurrenz Kernforschung in Österreich im internationalen Kontext (1900–1950)
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Kerne, Kooperation und Konkurrenz
Subtitle
Kernforschung in Österreich im internationalen Kontext (1900–1950)
Author
Silke Fengler
Editor
Carola Sachse
Mitchell G. Ash
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2014
Language
German
License
CC BY-NC-ND 4.0
ISBN
978-3-205-79512-4
Size
17.0 x 24.0 cm
Pages
380
Keywords
Institute for Radium Research, nuclear research in Austria, History of science, National Socialism, The Cold War --- Radiuminstitut, Kernforschung in Österreich, Wissenschaftsgeschichte, Nationalsozialismus, Wissenschaftskooperation, Kalter Krieg
Categories
Naturwissenschaften Chemie
Naturwissenschaften Physik

Table of contents

  1. 1. Kernforschung in Österreich im Spannungsfeld von internationalerKooperation und Konkurrenz 9
    1. 1.1 Internationalisierungsprozesse in der Radioaktivitäts- und Kernforschung : Eine Skizze 9
    2. 1.2 Begriffsklärung und Fragestellungen 10
      1. 1.2.2 Ressourcenausstattung und Ressourcenverteilung 12
      2. 1.2.3 Zentrum und Peripherie 14
    3. 1.3 Forschungsstand 16
    4. 1.4 Quellenlage 24
    5. 1.5 Aufbau der Arbeit 26
  2. 2. Österreich-Ungarn und die internationale Radioaktivitätsforschung, 1899–1918 30
    1. 2.1 Österreich-Ungarn in der internationalen Radiumökonomie 31
    2. 2.2 Das regionale Netzwerk formiert sich 40
      1. 2.2.1 Anfänge der Radioaktivitätsforschung im Kontext des Exner-Kreises 40
      2. 2.2.2 Kooperationsformen der Mitglieder 45
      3. 2.2.3 Wissenstransfer vom Zentrum in die Peripherie 46
    3. 2.3 Das Zentrum formiert sich 49
      1. 2.3.1 Gründung des Instituts für Radiumforschung 49
      2. 2.3.2 Verbindungen zur böhmischen Radiumindustrie 54
      3. 2.3.3 Verleih radioaktiver Substanzen durch die Akademie 57
      4. 2.3.4 Bereitstellung radioaktiver Präparate 61
    4. 2.4 Das Zentrum etabliert sich 67
      1. 2.4.1 Wien als metrologisches Zentrum der Monarchie 67
      2. 2.4.2 Die Internationale Radiumstandard-Kommission 69
      3. 2.4.3 Das Scheitern der Nomenklaturfrage im Vielvölkerstaat Österreich-Ungarn 79
    5. 2.5 Die Gefährdung des Zentrums 81
      1. 2.5.1 Die Radioaktivistengemeinschaft und der Erste Weltkrieg 81
      2. 2.5.2 Österreich-Ungarn in der neuen internationalen Radiumökonomie 88
    6. 2.6 Der Radiumreichtum : ein Wiener Monopol 91
  3. 3. Von der Radioaktivitäts- zur Atomzertrümmerungsforschung, 1919–1932 93
    1. 3.1 Die Naturwissenschaften in Österreich nach 1918 94
    2. 3.2 Das regionale Netzwerk festigt sich 97
      1. 3.2.1 Der Exner-Kreis und die Physik im Nachkriegsösterreich 97
      2. 3.2.2 Der Exner-Kreis zwischen Kooperation und Konkurrenz 107
    3. 3.3 Das Zentrum (re-)formiert sich 109
      1. 3.3.1 Wiederaufleben des internationalen Netzwerks 109
      2. 3.3.2 Wiederaufnahme des internationalen Präparateverleihs 117
      3. 3.3.3 »Unter keinen Bedingungen verbandelt« : Kooperationen mit der Industrie 122
      4. 3.3.4 Rückkehr auf die internationale Bühne 131
    4. 3.4 Das Zentrum in Aktion : Atomzertrümmerungsforschung als internationales Projekt 140
      1. 3.4.1 Stipendien für Zentrum und Peripherie 140
      2. 3.4.2 Atomzertrümmerungsforschung zwischen Kooperation und Konkurrenz 147
    5. 3.5 Die Anfänge der Atomzertrümmerungsforschung als Geschäft der Reichen 176
  4. 4. Kernforschung in Österreich, 1932–1938 178
    1. 4.1 Das Zentrum behauptet sich 179
      1. 4.1.1 Neue Standards für die Internationale Radiumstandard- Kommission 179
      2. 4.1.2 Neue Mitglieder für die Internationale Radiumstandard- Kommission 182
      3. 4.1.3 Der Ruf nach höchsten Spannungen in der internationalen Kernphysik 185
      4. 4.1.4 Die Wiener Reaktionen 190
      5. 4.1.5 Das Polonium-Netzwerk im Dienst der Neutronenforschung 193
      6. 4.1.6 Höhenstrahlungsforschung zwischen Peripherie und Zentrum 200
    2. 4.2 Das Zentrum verliert den Anschluss 206
      1. 4.2.1 Abzug ausländischen Kapitals 206
      2. 4.2.2 Marginalisierung im deutschsprachigen Wissenschaftskontext 218
    3. 4.3 Kernforschung in Österreich als nationales Projekt 226
      1. 4.3.1 Sparmaßnahmen 226
      2. 4.3.2 Der Streit um die Physikalischen Institute 228
      3. 4.3.3 Pläne für einen Teilchenbeschleuniger in Wien 231
    4. 4.4 Wüstentrockenheit auf dem Gebiet der Atomzertrümmerung 234
  5. 5. Kernforschung im Kontext des »Dritten Reiches«, 1938–1945 236
    1. 5.1 Das regionale Netzwerk wird zerstört 237
      1. 5.1.1 Die Auflösung des Exner-Kreises 237
      2. 5.1.2 Die Internationale Radiumstandard-Kommission im ZweitenWeltkrieg 241
    2. 5.2 Auf der Suche nach neuen Organisationsformen 252
      1. 5.2.1 Die Neuordnung der Physikalischen und Chemischen Institute 252
      2. 5.2.2 Die Suche nach neuen industriell-wissenschaftlichen Netzwerken 260
    3. 5.3 An der Peripherie des neuen Netzwerks 264
      1. 5.3.1 Forschungsarbeiten im Auftrag des Militärs 265
      2. 5.3.2 Neue Pläne zum Bau eines Teilchenbeschleunigers in Wien 270
      3. 5.3.3 Der problematische Radiumnachschub 276
      4. 5.3.4 Kernforschung für den Uranverein 282
      5. 5.3.5 Geophysik im Kontext des SS-Ahnenerbes 300
    4. 5.4 Das Kriegsende 304
    5. 5.5 Den Krieg für die Wissenschaft nutzbar machen 305
  6. 6. Kernforschung für die Alliierten – ein Epilog 307
    1. 6.1 Alliierte Geheimdienste auf den Spuren der Kernforschung in Österreich 308
    2. 6.2 Die Alliierten als Arbeitgeber 312
    3. 6.3 Kernforscher aus Österreich : Keine Munition im »Arsenal des Wissens« 320
  7. 7. Schluss 322
  8. 8. Anhang 334
  9. Abkürzungsverzeichnis 334
  10. Verzeichnis der benutzten Archivbestände 336
  11. Literaturverzeichnis 340
  12. Personenregister 369
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