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Kerne, Kooperation und Konkurrenz - Kernforschung in Österreich im internationalen Kontext (1900–1950)
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Page - 186 - in Kerne, Kooperation und Konkurrenz - Kernforschung in Österreich im internationalen Kontext (1900–1950)

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Kernforschung in Österreich, 1932–1938186 herbeigeführt werden.35 Damit geladene Teilchen das elektrische Feld des zu zertrüm- mernden Kerns eines schweren Atoms durchdringen konnten, waren höhere Energie- mengen notwendig. Atomphysiker in Großbritannien, allen voran Ernest Rutherford, waren überzeugt, dass mittelfristig nicht nur die physikalischen Messmethoden in der Atomzertrümme- rungsforschung zu verbessern seien, sondern langfristig auch die Kapazität der Strah- lungsquellen erhöht werden müsse. Um mehr über die Eigenschaft der Atome heraus- zufinden, müssten Teilchen so stark beschleunigt werden, dass sie auch schwerere Atomkerne zertrümmern. Rutherford rief wiederholt dazu auf, Beschleuniger im Be- reich von einer Million Volt zu konstruieren und suchte dazu die Zusammenarbeit mit der britischen Elektroindustrie.36 Der US-amerikanische Maschinenbauingenieur Robert J. Van de Graaff, der seit 1925 an der Universität Oxford Physik studierte und als Stipendiat des IEB dort 1928 promoviert wurde, hörte in Oxford erstmals von den Ideen Rutherfords. Im Jahr seiner Rückkehr in die USA 1929 entwickelte van de Graaff an der Princeton University den Prototyp eines Teilchenbeschleunigers, der 80.000 Volt Spannung erreichte.37 Etwa zur gleichen Zeit begannen die beiden briti- schen Physiker John D. Cockcroft und Ernest Walton in Cambridge einen Protonen- beschleuniger (Hochspannungskaskade) zu entwerfen und zu bauen, mit dem sie 1932 die von dem russischen Physiker George Gamow theoretisch vorausgesagte künstliche Transmutation eines Litium 7-Kerns nachwiesen. In den USA ging der US-amerikani- sche Physiker Ernest Lawrence 1930 in seinem Laboratorium in Berkeley daran, ein 27-inch-Zyklotron zu entwickeln. Die Situation änderte sich grundlegend, als die ersten großtechnischen Geräte zur Erzeugung leistungsfähiger Strahlenbündel in der kernphysikalischen Forschung Einzug hielten. Diese Hochspannungsanlagen mit Spannungen über zehn MeV hatten gegen- über den herkömmlichen Strahlungsquellen mehrere Vorteile. Sie waren sowohl hin- sichtlich der Menge an Teilchen, die erzeugt werden konnten, als auch hinsichtlich deren Wucht natürlichen radioaktiven Substanzen überlegen. Denn die erzeugte Strahlung konnte zu einem Strahlenbündel zusammengefasst und auf die zu beschießende Subs- tanz gerichtet werden, während die aus radioaktiven Elementen ausgestrahlten Teilchen sich in alle Richtungen bewegten. Damit erhöhte sich die Aussicht erheblich, den Kern eines Elementes, zumal eines stärker geladenen Kerns der schweren Metalle, zu treffen.38 35 Vgl. Schmidt-Rohr 2001, 33. Ein Gramm Radium erzeugt 37 Milliarden α-Teilchen pro Sekunde mit Durchschnittsenergien von ein bis drei MeV. Ein α-Teilchen aus einer besonders starken Poloniumquelle hat eine Energie von 5,3 MeV. 36 Vgl. Heilbron/Seidel 1989, 48–49. 37 Vgl. Heilbron/Seidel 1989, 60, 66–67, 87–102. 38 Vgl. Weiss 2000, 700.
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Kerne, Kooperation und Konkurrenz Kernforschung in Österreich im internationalen Kontext (1900–1950)
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Kerne, Kooperation und Konkurrenz
Subtitle
Kernforschung in Österreich im internationalen Kontext (1900–1950)
Author
Silke Fengler
Editor
Carola Sachse
Mitchell G. Ash
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2014
Language
German
License
CC BY-NC-ND 4.0
ISBN
978-3-205-79512-4
Size
17.0 x 24.0 cm
Pages
380
Keywords
Institute for Radium Research, nuclear research in Austria, History of science, National Socialism, The Cold War --- Radiuminstitut, Kernforschung in Österreich, Wissenschaftsgeschichte, Nationalsozialismus, Wissenschaftskooperation, Kalter Krieg
Categories
Naturwissenschaften Chemie
Naturwissenschaften Physik

Table of contents

  1. 1. Kernforschung in Österreich im Spannungsfeld von internationalerKooperation und Konkurrenz 9
    1. 1.1 Internationalisierungsprozesse in der Radioaktivitäts- und Kernforschung : Eine Skizze 9
    2. 1.2 Begriffsklärung und Fragestellungen 10
      1. 1.2.2 Ressourcenausstattung und Ressourcenverteilung 12
      2. 1.2.3 Zentrum und Peripherie 14
    3. 1.3 Forschungsstand 16
    4. 1.4 Quellenlage 24
    5. 1.5 Aufbau der Arbeit 26
  2. 2. Österreich-Ungarn und die internationale Radioaktivitätsforschung, 1899–1918 30
    1. 2.1 Österreich-Ungarn in der internationalen Radiumökonomie 31
    2. 2.2 Das regionale Netzwerk formiert sich 40
      1. 2.2.1 Anfänge der Radioaktivitätsforschung im Kontext des Exner-Kreises 40
      2. 2.2.2 Kooperationsformen der Mitglieder 45
      3. 2.2.3 Wissenstransfer vom Zentrum in die Peripherie 46
    3. 2.3 Das Zentrum formiert sich 49
      1. 2.3.1 Gründung des Instituts für Radiumforschung 49
      2. 2.3.2 Verbindungen zur böhmischen Radiumindustrie 54
      3. 2.3.3 Verleih radioaktiver Substanzen durch die Akademie 57
      4. 2.3.4 Bereitstellung radioaktiver Präparate 61
    4. 2.4 Das Zentrum etabliert sich 67
      1. 2.4.1 Wien als metrologisches Zentrum der Monarchie 67
      2. 2.4.2 Die Internationale Radiumstandard-Kommission 69
      3. 2.4.3 Das Scheitern der Nomenklaturfrage im Vielvölkerstaat Österreich-Ungarn 79
    5. 2.5 Die Gefährdung des Zentrums 81
      1. 2.5.1 Die Radioaktivistengemeinschaft und der Erste Weltkrieg 81
      2. 2.5.2 Österreich-Ungarn in der neuen internationalen Radiumökonomie 88
    6. 2.6 Der Radiumreichtum : ein Wiener Monopol 91
  3. 3. Von der Radioaktivitäts- zur Atomzertrümmerungsforschung, 1919–1932 93
    1. 3.1 Die Naturwissenschaften in Österreich nach 1918 94
    2. 3.2 Das regionale Netzwerk festigt sich 97
      1. 3.2.1 Der Exner-Kreis und die Physik im Nachkriegsösterreich 97
      2. 3.2.2 Der Exner-Kreis zwischen Kooperation und Konkurrenz 107
    3. 3.3 Das Zentrum (re-)formiert sich 109
      1. 3.3.1 Wiederaufleben des internationalen Netzwerks 109
      2. 3.3.2 Wiederaufnahme des internationalen Präparateverleihs 117
      3. 3.3.3 »Unter keinen Bedingungen verbandelt« : Kooperationen mit der Industrie 122
      4. 3.3.4 Rückkehr auf die internationale Bühne 131
    4. 3.4 Das Zentrum in Aktion : Atomzertrümmerungsforschung als internationales Projekt 140
      1. 3.4.1 Stipendien für Zentrum und Peripherie 140
      2. 3.4.2 Atomzertrümmerungsforschung zwischen Kooperation und Konkurrenz 147
    5. 3.5 Die Anfänge der Atomzertrümmerungsforschung als Geschäft der Reichen 176
  4. 4. Kernforschung in Österreich, 1932–1938 178
    1. 4.1 Das Zentrum behauptet sich 179
      1. 4.1.1 Neue Standards für die Internationale Radiumstandard- Kommission 179
      2. 4.1.2 Neue Mitglieder für die Internationale Radiumstandard- Kommission 182
      3. 4.1.3 Der Ruf nach höchsten Spannungen in der internationalen Kernphysik 185
      4. 4.1.4 Die Wiener Reaktionen 190
      5. 4.1.5 Das Polonium-Netzwerk im Dienst der Neutronenforschung 193
      6. 4.1.6 Höhenstrahlungsforschung zwischen Peripherie und Zentrum 200
    2. 4.2 Das Zentrum verliert den Anschluss 206
      1. 4.2.1 Abzug ausländischen Kapitals 206
      2. 4.2.2 Marginalisierung im deutschsprachigen Wissenschaftskontext 218
    3. 4.3 Kernforschung in Österreich als nationales Projekt 226
      1. 4.3.1 Sparmaßnahmen 226
      2. 4.3.2 Der Streit um die Physikalischen Institute 228
      3. 4.3.3 Pläne für einen Teilchenbeschleuniger in Wien 231
    4. 4.4 Wüstentrockenheit auf dem Gebiet der Atomzertrümmerung 234
  5. 5. Kernforschung im Kontext des »Dritten Reiches«, 1938–1945 236
    1. 5.1 Das regionale Netzwerk wird zerstört 237
      1. 5.1.1 Die Auflösung des Exner-Kreises 237
      2. 5.1.2 Die Internationale Radiumstandard-Kommission im ZweitenWeltkrieg 241
    2. 5.2 Auf der Suche nach neuen Organisationsformen 252
      1. 5.2.1 Die Neuordnung der Physikalischen und Chemischen Institute 252
      2. 5.2.2 Die Suche nach neuen industriell-wissenschaftlichen Netzwerken 260
    3. 5.3 An der Peripherie des neuen Netzwerks 264
      1. 5.3.1 Forschungsarbeiten im Auftrag des Militärs 265
      2. 5.3.2 Neue Pläne zum Bau eines Teilchenbeschleunigers in Wien 270
      3. 5.3.3 Der problematische Radiumnachschub 276
      4. 5.3.4 Kernforschung für den Uranverein 282
      5. 5.3.5 Geophysik im Kontext des SS-Ahnenerbes 300
    4. 5.4 Das Kriegsende 304
    5. 5.5 Den Krieg für die Wissenschaft nutzbar machen 305
  6. 6. Kernforschung für die Alliierten – ein Epilog 307
    1. 6.1 Alliierte Geheimdienste auf den Spuren der Kernforschung in Österreich 308
    2. 6.2 Die Alliierten als Arbeitgeber 312
    3. 6.3 Kernforscher aus Österreich : Keine Munition im »Arsenal des Wissens« 320
  7. 7. Schluss 322
  8. 8. Anhang 334
  9. Abkürzungsverzeichnis 334
  10. Verzeichnis der benutzten Archivbestände 336
  11. Literaturverzeichnis 340
  12. Personenregister 369
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