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Kerne, Kooperation und Konkurrenz - Kernforschung in Österreich im internationalen Kontext (1900–1950)
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Das Zentrum verliert den Anschluss 221 Das politisch gespannte Verhältnis zwischen dem Deutschen Reich und Österreich trug somit dazu bei, dass die Physikerschaft aus Österreich international immer weni- ger sichtbar wurde. Auch innerhalb der DPG, die zwischen ihrer Anpassung an die politischen Verhältnisse im Deutschen Reich und dem Streben nach Autonomie la- vierte, gerieten die Österreicher in eine marginale Position.190 Die Zeiten, als mit Egon von Schweidler ein österreichischer Physiker als Vorstandsvorsitzender der DPG an prominenter Stelle saß, waren schon seit 1931 vorbei.191 Stefan Meyer und sein Stell- vertreter Ludwig Flamm vertraten den Gauverein Österreich zwar offiziell im Vorstand der DPG, doch sie nahmen nicht mehr persönlich an den Vorstandssitzungen teil. Am internen Machtkampf zwischen dem DPG-Vorstand und den Repräsentanten des na- tionalsozialistischen Regimes waren sie allenfalls als Zaungäste beteiligt. Der im Mai 1933 eingesetzte neue Präsident der PTR und Vorstand der DFG, Jo- hannes Stark, nutzte die Würzburger Tagung, um offensiv Anspruch auf den Vorsitz in der DPG zu erheben. Die DPG-Mitglieder aus Österreich nahmen in dem gesell- schaftsinternen Machtkampf eine abwartende Haltung ein. Meyers Innsbrucker Kol- lege Friedrich von Lerch empfahl eindringlich, nichts zu tun, um den Graben zu den deutschen Kollegen nicht weiter zu vertiefen.192 Auch Hess, der sonst keine Gelegen- heit ausließ, die politischen Verhältnisse im Nachbarland scharf zu kritisieren, sprach sich dagegen aus, dass der Gauverein Wien aus Protest über die nationalsozialistischen Gleichschaltungsversuche aus der DPG austreten sollte : »Gegenwärtig kann man den Austritt unseres Gauvereines auch als Demonstration pro Stark auffassen, da Stark eben findet, dass der Vorstand der Gesellschaft […] zu wenig nazistisch eingestellt sei. Sollte in Berlin, was ja wohl anzunehmen ist, Herr Stark den Sieg davontragen und [dem scheidenden DPG-Präsidenten Max von] Laue wie [der 1933 neu ins Amt gewählte DPG-Vorsitzende Karl] Mey herausgeekelt worden sein […], so meine ich, dass man dann wohl auch den Austritt ins Auge fassen müsste. […] Ich glaube daher, dass es durchaus berech- tigt wäre, wenn wir, die wir doch alle keine Politik in die Wissenschaft hineinzutragen wün- schen, uns selbständig machten und eine Oesterr. Physikalische Gesellschaft gründeten. […] Wenn die österr. Gesellschaft einmal gegründet wäre und in Deutschland wieder einmal nor- male Zustände einkehren, könnte man ja ohne weiteres wieder ein Freundschaftsverhältnis zur dortigen Physikalischen Gesellschaft mit verschiedenen Gegenseitigkeitsvorteilen eingehen.«193 190 Vgl. AÖAW, FE-Akten, IR, NL Meyer, K 19, Fiche 307 : Schweidler an Meyer vom 11.8.1933 (zur Unterstützung der Kandidatur Jonathan Zennecks durch die österreichischen Physiker). 191 Schweidler übernahm von 1929 bis 1931 den Vorsitz der DPG und fungierte 1932 als Stellvertretender Vorsitzender im Vorstand der DPG. Vgl. DPG 1935, H. 1, 10. 192 Vgl. AÖAW, FE-Akten, IR, NL Meyer, K 11, Fiche 170 : Lerch an Meyer vom 9.6.1934. 193 AÖAW, FE-Akten, IR, NL Meyer, K 11, Fiche 170 : Hess an Meyer vom 10.4.1934.
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Kerne, Kooperation und Konkurrenz Kernforschung in Österreich im internationalen Kontext (1900–1950)
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Kerne, Kooperation und Konkurrenz
Subtitle
Kernforschung in Österreich im internationalen Kontext (1900–1950)
Author
Silke Fengler
Editor
Carola Sachse
Mitchell G. Ash
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2014
Language
German
License
CC BY-NC-ND 4.0
ISBN
978-3-205-79512-4
Size
17.0 x 24.0 cm
Pages
380
Keywords
Institute for Radium Research, nuclear research in Austria, History of science, National Socialism, The Cold War --- Radiuminstitut, Kernforschung in Österreich, Wissenschaftsgeschichte, Nationalsozialismus, Wissenschaftskooperation, Kalter Krieg
Categories
Naturwissenschaften Chemie
Naturwissenschaften Physik

Table of contents

  1. 1. Kernforschung in Österreich im Spannungsfeld von internationalerKooperation und Konkurrenz 9
    1. 1.1 Internationalisierungsprozesse in der Radioaktivitäts- und Kernforschung : Eine Skizze 9
    2. 1.2 Begriffsklärung und Fragestellungen 10
      1. 1.2.2 Ressourcenausstattung und Ressourcenverteilung 12
      2. 1.2.3 Zentrum und Peripherie 14
    3. 1.3 Forschungsstand 16
    4. 1.4 Quellenlage 24
    5. 1.5 Aufbau der Arbeit 26
  2. 2. Österreich-Ungarn und die internationale Radioaktivitätsforschung, 1899–1918 30
    1. 2.1 Österreich-Ungarn in der internationalen Radiumökonomie 31
    2. 2.2 Das regionale Netzwerk formiert sich 40
      1. 2.2.1 Anfänge der Radioaktivitätsforschung im Kontext des Exner-Kreises 40
      2. 2.2.2 Kooperationsformen der Mitglieder 45
      3. 2.2.3 Wissenstransfer vom Zentrum in die Peripherie 46
    3. 2.3 Das Zentrum formiert sich 49
      1. 2.3.1 Gründung des Instituts für Radiumforschung 49
      2. 2.3.2 Verbindungen zur böhmischen Radiumindustrie 54
      3. 2.3.3 Verleih radioaktiver Substanzen durch die Akademie 57
      4. 2.3.4 Bereitstellung radioaktiver Präparate 61
    4. 2.4 Das Zentrum etabliert sich 67
      1. 2.4.1 Wien als metrologisches Zentrum der Monarchie 67
      2. 2.4.2 Die Internationale Radiumstandard-Kommission 69
      3. 2.4.3 Das Scheitern der Nomenklaturfrage im Vielvölkerstaat Österreich-Ungarn 79
    5. 2.5 Die Gefährdung des Zentrums 81
      1. 2.5.1 Die Radioaktivistengemeinschaft und der Erste Weltkrieg 81
      2. 2.5.2 Österreich-Ungarn in der neuen internationalen Radiumökonomie 88
    6. 2.6 Der Radiumreichtum : ein Wiener Monopol 91
  3. 3. Von der Radioaktivitäts- zur Atomzertrümmerungsforschung, 1919–1932 93
    1. 3.1 Die Naturwissenschaften in Österreich nach 1918 94
    2. 3.2 Das regionale Netzwerk festigt sich 97
      1. 3.2.1 Der Exner-Kreis und die Physik im Nachkriegsösterreich 97
      2. 3.2.2 Der Exner-Kreis zwischen Kooperation und Konkurrenz 107
    3. 3.3 Das Zentrum (re-)formiert sich 109
      1. 3.3.1 Wiederaufleben des internationalen Netzwerks 109
      2. 3.3.2 Wiederaufnahme des internationalen Präparateverleihs 117
      3. 3.3.3 »Unter keinen Bedingungen verbandelt« : Kooperationen mit der Industrie 122
      4. 3.3.4 Rückkehr auf die internationale Bühne 131
    4. 3.4 Das Zentrum in Aktion : Atomzertrümmerungsforschung als internationales Projekt 140
      1. 3.4.1 Stipendien für Zentrum und Peripherie 140
      2. 3.4.2 Atomzertrümmerungsforschung zwischen Kooperation und Konkurrenz 147
    5. 3.5 Die Anfänge der Atomzertrümmerungsforschung als Geschäft der Reichen 176
  4. 4. Kernforschung in Österreich, 1932–1938 178
    1. 4.1 Das Zentrum behauptet sich 179
      1. 4.1.1 Neue Standards für die Internationale Radiumstandard- Kommission 179
      2. 4.1.2 Neue Mitglieder für die Internationale Radiumstandard- Kommission 182
      3. 4.1.3 Der Ruf nach höchsten Spannungen in der internationalen Kernphysik 185
      4. 4.1.4 Die Wiener Reaktionen 190
      5. 4.1.5 Das Polonium-Netzwerk im Dienst der Neutronenforschung 193
      6. 4.1.6 Höhenstrahlungsforschung zwischen Peripherie und Zentrum 200
    2. 4.2 Das Zentrum verliert den Anschluss 206
      1. 4.2.1 Abzug ausländischen Kapitals 206
      2. 4.2.2 Marginalisierung im deutschsprachigen Wissenschaftskontext 218
    3. 4.3 Kernforschung in Österreich als nationales Projekt 226
      1. 4.3.1 Sparmaßnahmen 226
      2. 4.3.2 Der Streit um die Physikalischen Institute 228
      3. 4.3.3 Pläne für einen Teilchenbeschleuniger in Wien 231
    4. 4.4 Wüstentrockenheit auf dem Gebiet der Atomzertrümmerung 234
  5. 5. Kernforschung im Kontext des »Dritten Reiches«, 1938–1945 236
    1. 5.1 Das regionale Netzwerk wird zerstört 237
      1. 5.1.1 Die Auflösung des Exner-Kreises 237
      2. 5.1.2 Die Internationale Radiumstandard-Kommission im ZweitenWeltkrieg 241
    2. 5.2 Auf der Suche nach neuen Organisationsformen 252
      1. 5.2.1 Die Neuordnung der Physikalischen und Chemischen Institute 252
      2. 5.2.2 Die Suche nach neuen industriell-wissenschaftlichen Netzwerken 260
    3. 5.3 An der Peripherie des neuen Netzwerks 264
      1. 5.3.1 Forschungsarbeiten im Auftrag des Militärs 265
      2. 5.3.2 Neue Pläne zum Bau eines Teilchenbeschleunigers in Wien 270
      3. 5.3.3 Der problematische Radiumnachschub 276
      4. 5.3.4 Kernforschung für den Uranverein 282
      5. 5.3.5 Geophysik im Kontext des SS-Ahnenerbes 300
    4. 5.4 Das Kriegsende 304
    5. 5.5 Den Krieg für die Wissenschaft nutzbar machen 305
  6. 6. Kernforschung für die Alliierten – ein Epilog 307
    1. 6.1 Alliierte Geheimdienste auf den Spuren der Kernforschung in Österreich 308
    2. 6.2 Die Alliierten als Arbeitgeber 312
    3. 6.3 Kernforscher aus Österreich : Keine Munition im »Arsenal des Wissens« 320
  7. 7. Schluss 322
  8. 8. Anhang 334
  9. Abkürzungsverzeichnis 334
  10. Verzeichnis der benutzten Archivbestände 336
  11. Literaturverzeichnis 340
  12. Personenregister 369
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