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Auf der Suche nach neuen Organisationsformen 255
Berufung erfolgt auf besonderen Wunsch des Dekans und Rektors der genannten Hoch-
schule, sowie des ehemaligen Ministeriums für innere und kulturelle Angelegenheiten in
Wien. […] Den besonderen Wünschen der Wiener Stellen auf Ernennung Kirschs kann
gerade noch nachgekommen werden.«91
Seit 1941 leitete Kirsch das wieder gegründete I. Physikalische Institut.92 Sein Kol-
lege Gustav Ortner übernahm im Mai 1938 die provisorische Leitung des Instituts
für Radiumforschung, das einem Kuratorium unterstand.93 Ortners Hoffnung,
ebenfalls zum Ordinarius ernannt zu werden, erfüllte sich nicht. Er erhielt im De-
zember 1939 stattdessen ein Extraordinariat und wurde als Institutsleiter im Amt
bestätigt.94 Das Ordinariat Stefan Meyers wurde nicht neu besetzt, sondern 1941
umgewidmet.95
Die Wiener Professur für Theoretische Physik, die zuvor von Hans Thirring besetzt
worden war, blieb bis 1943 vakant und wurde durch den Exner-Schüler Ludwig
Flamm vertreten.96 Als einer der Kandidaten für eine Neubesetzung war der Leipzi-
ger Physiker Werner Heisenberg im Gespräch, der in einem Brief an Heinrich Himm-
ler darlegte, dass er »sehr gerne nach Wien gehen würde, wenn die meinem Fach be-
nachbarten Lehrstühle so besetzt werden, dass dadurch eine fruchtbare Zusammenar-
beit in größerem Umfang möglich wird«.97 Woran Heisenbergs Berufung letztlich
scheiterte, geht aus den Quellen nicht hervor. Für die Philosophische Fakultät der
Universität Wien und die dortige Gaudozentenführung blieb er der Wunschkandidat,
und zwar sowohl in fachlicher wie auch in weltanschaulicher Hinsicht.98 Für Heisen-
91 BAB, R 4901/ZB II 1930 A.07 : Regierungsrat Dr. Dames, Eignungsbericht vom 5.8.1940.
92 Vgl. BAB, R 4901/13553 : Reichsminister für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung an Kirsch vom
31.1.1941.
93 Dem Kuratorium gehörten Alfred Himmelbauer, Heinrich Mache, Stefan Meyer, Egon von Schweidler
und Ernst Späth an. Vgl. AÖAW, Math.-nat. Klasse, Institut für Radiumforschung, K 1, B, 198/1938 :
Bildung eines Kuratoriums für die kommissarische Leitung des Radiuminstituts vom 27.5.1938.
94 Vgl. AÖAW, Math.-nat. Klasse, Institut für Radiumforschung, K 1, B, 198/1938 : Schweidler an Bundes-
ministerium für Unterricht vom 27.5.1938 ; ebd., K 1, B, 222/1938 : Minister für innere und kulturelle
Angelegenheiten an Präsident der ÖAW vom 9.12.1938.
95 Vgl. BAB, R 4901/13553, Bl. 178 : Reichsminister für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung an
Kurator der Wissenschaftlichen Hochschulen in Wien vom 4.11.1941.
96 Vgl. ÖStA, AdR, Kurator der wissenschaftlichen Hochschulen in Wien, K 1/1118 : Dekanat der Philoso-
phischen Fakultät der Universität Wien, Besetzungsvorschlag für die o. Professur für theoretische Physik
vom 25.1.1943.
97 AIP, Samuel A. Goudsmit Papers, Series III, Box 11, Folder 98 : Heisenberg an Himmler vom 14.6.1939.
98 Vgl. ÖStA, AdR, Kurator der wissenschaftlichen Hochschulen in Wien, K 1/1118 : Rektorat der Univer-
sität Wien an Rust vom 12.6.1942 ; ebd. : Dozentenführer der Universität Wien an Rektorat der Univer-
sität Wien vom 4.6.1942.
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Kerne, Kooperation und Konkurrenz
Kernforschung in Österreich im internationalen Kontext (1900–1950)
- Title
- Kerne, Kooperation und Konkurrenz
- Subtitle
- Kernforschung in Österreich im internationalen Kontext (1900–1950)
- Author
- Silke Fengler
- Editor
- Carola Sachse
- Mitchell G. Ash
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2014
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-205-79512-4
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 380
- Keywords
- Institute for Radium Research, nuclear research in Austria, History of science, National Socialism, The Cold War --- Radiuminstitut, Kernforschung in Österreich, Wissenschaftsgeschichte, Nationalsozialismus, Wissenschaftskooperation, Kalter Krieg
- Categories
- Naturwissenschaften Chemie
- Naturwissenschaften Physik
Table of contents
- 1. Kernforschung in Österreich im Spannungsfeld von internationalerKooperation und Konkurrenz 9
- 2. Österreich-Ungarn und die internationale Radioaktivitätsforschung, 1899–1918 30
- 3. Von der Radioaktivitäts- zur Atomzertrümmerungsforschung, 1919–1932 93
- 3.1 Die Naturwissenschaften in Österreich nach 1918 94
- 3.2 Das regionale Netzwerk festigt sich 97
- 3.3 Das Zentrum (re-)formiert sich 109
- 3.4 Das Zentrum in Aktion : Atomzertrümmerungsforschung als internationales Projekt 140
- 3.5 Die Anfänge der Atomzertrümmerungsforschung als Geschäft der Reichen 176
- 4. Kernforschung in Österreich, 1932–1938 178
- 4.1 Das Zentrum behauptet sich 179
- 4.1.1 Neue Standards für die Internationale Radiumstandard- Kommission 179
- 4.1.2 Neue Mitglieder für die Internationale Radiumstandard- Kommission 182
- 4.1.3 Der Ruf nach höchsten Spannungen in der internationalen Kernphysik 185
- 4.1.4 Die Wiener Reaktionen 190
- 4.1.5 Das Polonium-Netzwerk im Dienst der Neutronenforschung 193
- 4.1.6 Höhenstrahlungsforschung zwischen Peripherie und Zentrum 200
- 4.2 Das Zentrum verliert den Anschluss 206
- 4.3 Kernforschung in Österreich als nationales Projekt 226
- 4.4 Wüstentrockenheit auf dem Gebiet der Atomzertrümmerung 234
- 4.1 Das Zentrum behauptet sich 179
- 5. Kernforschung im Kontext des »Dritten Reiches«, 1938–1945 236
- 6. Kernforschung für die Alliierten – ein Epilog 307
- 7. Schluss 322
- 8. Anhang 334
- Abkürzungsverzeichnis 334
- Verzeichnis der benutzten Archivbestände 336
- Literaturverzeichnis 340
- Personenregister 369