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Kerne, Kooperation und Konkurrenz - Kernforschung in Österreich im internationalen Kontext (1900–1950)
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Auf der Suche nach neuen Organisationsformen 257 wichtsforschung« auszubauen.105 Der Plan war seinerzeit unter anderem daran geschei- tert, dass der Münchener Radiochemiker zu hohe Gehaltsforderungen gestellt hatte.106 Das REM plante in der Tat die Chemischen Institute der Universität Wien mittelfris- tig umzugestalten. Am Ende der Umstrukturierung sollten vier Institute, nämlich jene für Organische Chemie, Anorganische Chemie, Physikalische Chemie und Chemische Technologie nebeneinander stehen.107 Doch die hochtrabenden Berliner Pläne, sowohl die Institutslandschaft umzustrukturieren als auch die Zahl der Stellen zu erhöhen, die in den 1930er Jahren stark gekürzt worden waren, wurden nicht realisiert.108 Einige der in Wien ausgebildeten jüngeren Chemikerinnen und Chemiker mussten daher in die akademische Peripherie abwandern, um eine Professur zu bekommen. Dazu zählte etwa der anorganische Chemiker Friedrich Hecht, der seit 1931 als wissenschaftlicher Assis- tent an der Universität Wien tätig gewesen war und Pionierarbeit geleistet hatte, indem er kleinste Mengen komplexer Uranmineralien chemisch analysierte. 1943 wurde der stramme Nationalsozialist zum Professor für Chemie und Direktor des Instituts für Mi- krochemie und Geochemie an die TH Graz berufen. Als Spezialist auf dem Gebiet der Mikrochemie und der analytischen Chemie führte er in Graz die bei Otto Hönigschmid in München erlernte Methode der Atomgewichtsbestimmung fort und widmete sich der mikrochemischen Analyse radioaktiver Mineralien und Silikate.109 Viele, die sich weiterhin keine Chancen auf eine Professur ausrechneten, hofften gleichwohl von der neuen politischen Lage zu profitieren. Der akademische Mittelbau an den Wiener Physikalischen Instituten fordert das REM im April 1938 auf, ein So- fortprogramm zu verabschieden, um »wieder de[n] Stand in den Jahren vor der Sys- temregierung (1932) [zu] erreich[en]«. Im Zuge dessen beantragten die kommissari- schen Institutsleiter in Wien und Graz Sondermittel in »Höhe der Dotationen vor der Zeit der einschneidenden Budgetbeschränkungen«.110 105 AMPG, III. Abt., Rep. 45 NL Paneth, Nr. 77,2, Bl. 12–13 : Paneth an Hönigschmid vom 28.2.1931. 106 Vgl. AÖAW, FE-Akten, IR, NL Meyer, K 14, Fiche 223 : Hönigschmid an Meyer vom 21.3.1933. Ge- rüchten zufolge hatte Hönigschmids Kandidatur seinerzeit keine Aussicht auf Erfolg, weil an der Uni- versität Wien der Verdacht herrschte, er sei »Jude oder Judenstämmling«. Vgl. AÖAW, FE-Akten, IR, NL Meyer, K 14, Fiche 222 : Hönigschmid an Meyer vom 10.10.1930. 107 Vgl. ÖStA, AdR, Kurator der wissenschaftlichen Hochschulen in Wien, K 19/6149A : Vermerk betref- fend die Besprechung vom 30. Mai mit ORR Dames zur Gliederung der chemischen Institute vom 10.6.1940. 108 Vgl. ÖStA, AdR, Kurator der wissenschaftlichen Hochschulen in Wien, K 1/1133 : Schaffung eines Extra-Ordinariates für organische Chemie am II. Chemischen Institut der Universität Wien vom 20.2.1942. 109 Vgl. NARA, RG 330, Box 66, Entry 1 B [JIOA Foreign Scientists Case Files, 1945–1958 : Hecht, Fried- rich Josef] : USFA Office of the Assistant Chief of Staff, G–2, an Military Intelligence Division, War Department vom 20.2.1947. 110 AÖAW, FE-Akten, IR, Behördenschriftwechsel, K 32, Fiche 441 : Ortner an Dekanat der Philosophi-
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Kerne, Kooperation und Konkurrenz Kernforschung in Österreich im internationalen Kontext (1900–1950)
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Kerne, Kooperation und Konkurrenz
Subtitle
Kernforschung in Österreich im internationalen Kontext (1900–1950)
Author
Silke Fengler
Editor
Carola Sachse
Mitchell G. Ash
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2014
Language
German
License
CC BY-NC-ND 4.0
ISBN
978-3-205-79512-4
Size
17.0 x 24.0 cm
Pages
380
Keywords
Institute for Radium Research, nuclear research in Austria, History of science, National Socialism, The Cold War --- Radiuminstitut, Kernforschung in Österreich, Wissenschaftsgeschichte, Nationalsozialismus, Wissenschaftskooperation, Kalter Krieg
Categories
Naturwissenschaften Chemie
Naturwissenschaften Physik

Table of contents

  1. 1. Kernforschung in Österreich im Spannungsfeld von internationalerKooperation und Konkurrenz 9
    1. 1.1 Internationalisierungsprozesse in der Radioaktivitäts- und Kernforschung : Eine Skizze 9
    2. 1.2 Begriffsklärung und Fragestellungen 10
      1. 1.2.2 Ressourcenausstattung und Ressourcenverteilung 12
      2. 1.2.3 Zentrum und Peripherie 14
    3. 1.3 Forschungsstand 16
    4. 1.4 Quellenlage 24
    5. 1.5 Aufbau der Arbeit 26
  2. 2. Österreich-Ungarn und die internationale Radioaktivitätsforschung, 1899–1918 30
    1. 2.1 Österreich-Ungarn in der internationalen Radiumökonomie 31
    2. 2.2 Das regionale Netzwerk formiert sich 40
      1. 2.2.1 Anfänge der Radioaktivitätsforschung im Kontext des Exner-Kreises 40
      2. 2.2.2 Kooperationsformen der Mitglieder 45
      3. 2.2.3 Wissenstransfer vom Zentrum in die Peripherie 46
    3. 2.3 Das Zentrum formiert sich 49
      1. 2.3.1 Gründung des Instituts für Radiumforschung 49
      2. 2.3.2 Verbindungen zur böhmischen Radiumindustrie 54
      3. 2.3.3 Verleih radioaktiver Substanzen durch die Akademie 57
      4. 2.3.4 Bereitstellung radioaktiver Präparate 61
    4. 2.4 Das Zentrum etabliert sich 67
      1. 2.4.1 Wien als metrologisches Zentrum der Monarchie 67
      2. 2.4.2 Die Internationale Radiumstandard-Kommission 69
      3. 2.4.3 Das Scheitern der Nomenklaturfrage im Vielvölkerstaat Österreich-Ungarn 79
    5. 2.5 Die Gefährdung des Zentrums 81
      1. 2.5.1 Die Radioaktivistengemeinschaft und der Erste Weltkrieg 81
      2. 2.5.2 Österreich-Ungarn in der neuen internationalen Radiumökonomie 88
    6. 2.6 Der Radiumreichtum : ein Wiener Monopol 91
  3. 3. Von der Radioaktivitäts- zur Atomzertrümmerungsforschung, 1919–1932 93
    1. 3.1 Die Naturwissenschaften in Österreich nach 1918 94
    2. 3.2 Das regionale Netzwerk festigt sich 97
      1. 3.2.1 Der Exner-Kreis und die Physik im Nachkriegsösterreich 97
      2. 3.2.2 Der Exner-Kreis zwischen Kooperation und Konkurrenz 107
    3. 3.3 Das Zentrum (re-)formiert sich 109
      1. 3.3.1 Wiederaufleben des internationalen Netzwerks 109
      2. 3.3.2 Wiederaufnahme des internationalen Präparateverleihs 117
      3. 3.3.3 »Unter keinen Bedingungen verbandelt« : Kooperationen mit der Industrie 122
      4. 3.3.4 Rückkehr auf die internationale Bühne 131
    4. 3.4 Das Zentrum in Aktion : Atomzertrümmerungsforschung als internationales Projekt 140
      1. 3.4.1 Stipendien für Zentrum und Peripherie 140
      2. 3.4.2 Atomzertrümmerungsforschung zwischen Kooperation und Konkurrenz 147
    5. 3.5 Die Anfänge der Atomzertrümmerungsforschung als Geschäft der Reichen 176
  4. 4. Kernforschung in Österreich, 1932–1938 178
    1. 4.1 Das Zentrum behauptet sich 179
      1. 4.1.1 Neue Standards für die Internationale Radiumstandard- Kommission 179
      2. 4.1.2 Neue Mitglieder für die Internationale Radiumstandard- Kommission 182
      3. 4.1.3 Der Ruf nach höchsten Spannungen in der internationalen Kernphysik 185
      4. 4.1.4 Die Wiener Reaktionen 190
      5. 4.1.5 Das Polonium-Netzwerk im Dienst der Neutronenforschung 193
      6. 4.1.6 Höhenstrahlungsforschung zwischen Peripherie und Zentrum 200
    2. 4.2 Das Zentrum verliert den Anschluss 206
      1. 4.2.1 Abzug ausländischen Kapitals 206
      2. 4.2.2 Marginalisierung im deutschsprachigen Wissenschaftskontext 218
    3. 4.3 Kernforschung in Österreich als nationales Projekt 226
      1. 4.3.1 Sparmaßnahmen 226
      2. 4.3.2 Der Streit um die Physikalischen Institute 228
      3. 4.3.3 Pläne für einen Teilchenbeschleuniger in Wien 231
    4. 4.4 Wüstentrockenheit auf dem Gebiet der Atomzertrümmerung 234
  5. 5. Kernforschung im Kontext des »Dritten Reiches«, 1938–1945 236
    1. 5.1 Das regionale Netzwerk wird zerstört 237
      1. 5.1.1 Die Auflösung des Exner-Kreises 237
      2. 5.1.2 Die Internationale Radiumstandard-Kommission im ZweitenWeltkrieg 241
    2. 5.2 Auf der Suche nach neuen Organisationsformen 252
      1. 5.2.1 Die Neuordnung der Physikalischen und Chemischen Institute 252
      2. 5.2.2 Die Suche nach neuen industriell-wissenschaftlichen Netzwerken 260
    3. 5.3 An der Peripherie des neuen Netzwerks 264
      1. 5.3.1 Forschungsarbeiten im Auftrag des Militärs 265
      2. 5.3.2 Neue Pläne zum Bau eines Teilchenbeschleunigers in Wien 270
      3. 5.3.3 Der problematische Radiumnachschub 276
      4. 5.3.4 Kernforschung für den Uranverein 282
      5. 5.3.5 Geophysik im Kontext des SS-Ahnenerbes 300
    4. 5.4 Das Kriegsende 304
    5. 5.5 Den Krieg für die Wissenschaft nutzbar machen 305
  6. 6. Kernforschung für die Alliierten – ein Epilog 307
    1. 6.1 Alliierte Geheimdienste auf den Spuren der Kernforschung in Österreich 308
    2. 6.2 Die Alliierten als Arbeitgeber 312
    3. 6.3 Kernforscher aus Österreich : Keine Munition im »Arsenal des Wissens« 320
  7. 7. Schluss 322
  8. 8. Anhang 334
  9. Abkürzungsverzeichnis 334
  10. Verzeichnis der benutzten Archivbestände 336
  11. Literaturverzeichnis 340
  12. Personenregister 369
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