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An der Peripherie des neuen Netzwerks 269
einmal 20.000 Reichsmark erhalten.173 Zum Vergleich : Das KWI für Physik in Berlin
erhielt im Rahmen des Uranvereins 1942/43 fast die zehnfache Summe, nämlich
380.000 Reichsmark, sowie zusätzliche Einnahmen von Seiten des RFR.174
Die Arbeiten des I., II. und III. Physikalischen Instituts zur »Energiegewinnung aus
Kernprozessen« waren zum Teil geheime Reichssache und wurden mit der Dringlich-
keitsstufe SS, der zweithöchsten Stufe, belegt.175 Anders als in den Jahren davor galten
die Physikalischen Institute der Universität Wien als Rüstungsbetriebe, deren Angehö-
rige unabkömmlich gestellt wurden.176 Das im Folgenden noch zu charakterisierende
Vierjahresplaninstitut für Neutronenforschung wurde im Sommer 1944 in die Osen-
berg-Aktion, eine Initiative zur Konzentration der wehrwirtschaftlichen Forschung des
RFR eingeschlossen.177
Auch am Institut für Radiumforschung wurde der Forschungsbetrieb seit dem Früh-
jahr 1943 fast vollständig auf die Erfordernisse des Uranvereins ausgerichtet. Bis 1942
hatte sich die allgemeine Kriegslage dort hemmend ausgewirkt.178 Berta Karlik arbei-
tete trotz widriger Bedingungen gemeinsam mit ihrer Mitarbeiterin Etel Kemény seit
1939 an einem optisch-spektroskopischen Nachweis von Helium in Steinsalzen.179
Beide Frauen führten die Versuche von Karliks Doktorand Friedrich Koczy fort, der
vor nationalsozialistischer Verfolgung nach Schweden geflohen war und am Götebor-
ger Institut Hans Petterssons eine neue Wirkungsstätte gefunden hatte. Nachdem auch
Kemény aus unbekannten Gründen aus dem Institut für Radiumforschung ausgeschie-
den war, wandte sich Karlik im Herbst 1942 den Arbeiten zu, die im Frühling 1943
zur Entdeckung des Elements 85 führten.180 Ihre Forschung wurde vom RFR finan-
173 Vgl. AIP, Samuel Goudsmit Papers, Series IV, Box 27, Folder 30 : Walther Gerlach, Voranschlag für die
im Rechnungsjahr 1944/45 zu erwartenden Ausgaben vom 26.5.1944.
174 Vgl. MC, FFJ, F 92, KWI 1791 bis, Documents rapportés d’Allemagne (suite) : Histoire du Kaiser Wil-
helm Institut für Physik vom 8.3.1947.
175 Vgl. AIP, Samuel Goudsmit Papers, Series IV, Box 27, Folder 30 : Aufstellung der für April und Mai neu
erteilten kernphysikalischen Forschungsaufträge vom 3.6.1944.
176 Vgl. AÖAW, FE-Akten, IR, K 1, Fiche 12 : Status der Physikalischen Institute der Universität Wien als
Rüstungsbetriebe vom 20.9.1943.
177 Vgl. AMPG, I. Abt., Rep. 34 KWI für Physik, Moskauer Akten, Nr. 37 : Der Reichsmarschall des
Großdeutschen Reiches, Befehl zum Zusammenschluss der staatlichen forschungstreibenden Institute
in einer Wehrforschungs-Gemeinschaft innerhalb des Reichsforschungsrates vom 24.8.1944. Siehe zur
Osenberg-Aktion auch BAB, R 26/III/106, Bl. 13–17 : Aufstellung der dem Reichsamt für Wirtschafts-
ausbau unterstehenden, der Wehrforschungs-Gemeinschaft des Reichsforschungsrates angehörenden
Vierjahresplaninstitute, undatiert [1945].
178 Vgl. AMPG, III. Abt., Rep. 45 NL Paneth, Nr. 60 : Karlik an Paneth vom 8.1.1949.
179 Vgl. AÖAW, FE-Akten, IR, NL Meyer, K 11, Fiche 172 : Ortner an DFG vom 6.7.1938 ; Kemény 1941.
180 Siehe zu den weiterführenden Arbeiten an diesem Projekt AÖAW, FE-Akten, IR, NL Karlik, K 39,
Fiche 574 : Institut für Radiumforschung an Gerlach vom 21.2.1945.
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Kerne, Kooperation und Konkurrenz
Kernforschung in Österreich im internationalen Kontext (1900–1950)
- Title
- Kerne, Kooperation und Konkurrenz
- Subtitle
- Kernforschung in Österreich im internationalen Kontext (1900–1950)
- Author
- Silke Fengler
- Editor
- Carola Sachse
- Mitchell G. Ash
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2014
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-205-79512-4
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 380
- Keywords
- Institute for Radium Research, nuclear research in Austria, History of science, National Socialism, The Cold War --- Radiuminstitut, Kernforschung in Österreich, Wissenschaftsgeschichte, Nationalsozialismus, Wissenschaftskooperation, Kalter Krieg
- Categories
- Naturwissenschaften Chemie
- Naturwissenschaften Physik
Table of contents
- 1. Kernforschung in Österreich im Spannungsfeld von internationalerKooperation und Konkurrenz 9
- 2. Österreich-Ungarn und die internationale Radioaktivitätsforschung, 1899–1918 30
- 3. Von der Radioaktivitäts- zur Atomzertrümmerungsforschung, 1919–1932 93
- 3.1 Die Naturwissenschaften in Österreich nach 1918 94
- 3.2 Das regionale Netzwerk festigt sich 97
- 3.3 Das Zentrum (re-)formiert sich 109
- 3.4 Das Zentrum in Aktion : Atomzertrümmerungsforschung als internationales Projekt 140
- 3.5 Die Anfänge der Atomzertrümmerungsforschung als Geschäft der Reichen 176
- 4. Kernforschung in Österreich, 1932–1938 178
- 4.1 Das Zentrum behauptet sich 179
- 4.1.1 Neue Standards für die Internationale Radiumstandard- Kommission 179
- 4.1.2 Neue Mitglieder für die Internationale Radiumstandard- Kommission 182
- 4.1.3 Der Ruf nach höchsten Spannungen in der internationalen Kernphysik 185
- 4.1.4 Die Wiener Reaktionen 190
- 4.1.5 Das Polonium-Netzwerk im Dienst der Neutronenforschung 193
- 4.1.6 Höhenstrahlungsforschung zwischen Peripherie und Zentrum 200
- 4.2 Das Zentrum verliert den Anschluss 206
- 4.3 Kernforschung in Österreich als nationales Projekt 226
- 4.4 Wüstentrockenheit auf dem Gebiet der Atomzertrümmerung 234
- 4.1 Das Zentrum behauptet sich 179
- 5. Kernforschung im Kontext des »Dritten Reiches«, 1938–1945 236
- 6. Kernforschung für die Alliierten – ein Epilog 307
- 7. Schluss 322
- 8. Anhang 334
- Abkürzungsverzeichnis 334
- Verzeichnis der benutzten Archivbestände 336
- Literaturverzeichnis 340
- Personenregister 369