Page - 283 - in Kerne, Kooperation und Konkurrenz - Kernforschung in Österreich im internationalen Kontext (1900–1950)
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An der Peripherie des neuen Netzwerks 283
in Wien gemeinsam mit ihren Kollegen Georg Stetter, Gustav Ortner und Gerhard
Kirsch fort. 1940 habilitierte sie sich mit einer Arbeit zur fotografischen Methode,
die fast ausschließlich auf den gemeinsam mit Blau durchgeführten Experimenten
beruhte.248 Auch in Innsbruck führte der langjährige Assistent am Institut für Strah-
lenforschung, Rudolf Steinmaurer, die Versuchsreihen zur kosmischen Strahlung
weiter, wobei, wie Gustav Ortner gegenüber dem REM anmerkte, »die grundlegen-
den Gesichtspunkte und Fragestellungen wohl von Prof. Hess stammen«.249 Stein-
maurer war seit der Emigration seines Vorgesetzten Ansprechpartner für die Wiener
Gruppe, wenn es um die Nutzung der Messstation auf dem Hafelekar ging. Auf
Ortners Vorschlag hin unternahm er, unterstützt von der einstigen Doktorandin des
Instituts für Radiumforschung Johanna Rühling, mithilfe einer Nebelkammer Hö-
henstrahlungsexperimente. Die erforderlichen Mittel und Materialien erhielt er aus
Wien.250
Am Institut für Radiumforschung war der Kontakt zu Fritz Paneth verloren gegan-
gen, nachdem Marietta Blau geflohen und Stefan Meyer vertrieben worden war. Die
Möglichkeit, fotografische Platten bei Ballonaufstiegen oder wissenschaftlichen Expe-
ditionen britischer Kollegen in Nordeuropa zu exponieren, bestand nun nicht mehr.
Hinzu kam, dass die Platten der Firma Ilford mangels Devisen immer schwerer zu
beschaffen waren. Dies bewog Wambacher, die Verbindung nach Wolfen wiederaufle-
ben zu lassen. Die Kommunikation mit dem Wissenschaftlichen Zentrallabor der
Agfa-Filmfabrik der IG Farbenindustrie AG in Wolfen verlief vorerst alles andere als
störungsfrei. Obwohl Wambacher aus Wolfen verbesserte K-Platten erhielt, vertraute
sie, sehr zum Verdruss von Forschungsdirektor John Eggert, weiter auf die qualitativ
hochwertigeren Ilford-Platten.251 In der Filmfabrik war man nach wie vor stark daran
interessiert, das fotografische Material gemeinsam mit Kernphysikern weiterzuentwi-
ckeln. Doch Wambacher wollte sich auf eine enge Zusammenarbeit vorerst nicht ein-
lassen, wie sie im Sommer 1939 an Eggert schrieb :
»Sie wissen, […], dass Professor Mattauch und ich schon immer sehr gewünscht haben,
deutsche also Agfa-Emulsionen für unsere Arbeiten zu bekommen und dass wir uns vor ca
248 Vgl. UAW, PA Hertha Wambacher, PH PA 3664, Kiste 263, Bl. 31–33 : Egon von Schweidler, Gutach-
ten über die Habilitationsschrift und die sonstigen wissenschaftlichen Arbeiten von Dr. phil. Hertha
Wambacher vom Dezember 1939. Siehe auch die beiliegende Publikationsliste Wambachers ebd., Bl. 73.
249 AÖAW, FE-Akten, IR, Behördenschriftwechsel, K 32, Fiche 442 : Ortner an Reichserziehungsministe-
rium vom 26.8.1942.
250 Vgl. AÖAW, FE-Akten, IR, NL Meyer, K 17, Fiche 271 : Ortner an Meyer vom 3.7.1942.
251 Vgl. AMPG, I. Abt., Rep. 34 KWI für Physik, Moskauer Akten, Nr. 2 : Eggert an Wambacher vom
3.11.1938.
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Kerne, Kooperation und Konkurrenz
Kernforschung in Österreich im internationalen Kontext (1900–1950)
- Title
- Kerne, Kooperation und Konkurrenz
- Subtitle
- Kernforschung in Österreich im internationalen Kontext (1900–1950)
- Author
- Silke Fengler
- Editor
- Carola Sachse
- Mitchell G. Ash
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2014
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-205-79512-4
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 380
- Keywords
- Institute for Radium Research, nuclear research in Austria, History of science, National Socialism, The Cold War --- Radiuminstitut, Kernforschung in Österreich, Wissenschaftsgeschichte, Nationalsozialismus, Wissenschaftskooperation, Kalter Krieg
- Categories
- Naturwissenschaften Chemie
- Naturwissenschaften Physik
Table of contents
- 1. Kernforschung in Österreich im Spannungsfeld von internationalerKooperation und Konkurrenz 9
- 2. Österreich-Ungarn und die internationale Radioaktivitätsforschung, 1899–1918 30
- 3. Von der Radioaktivitäts- zur Atomzertrümmerungsforschung, 1919–1932 93
- 3.1 Die Naturwissenschaften in Österreich nach 1918 94
- 3.2 Das regionale Netzwerk festigt sich 97
- 3.3 Das Zentrum (re-)formiert sich 109
- 3.4 Das Zentrum in Aktion : Atomzertrümmerungsforschung als internationales Projekt 140
- 3.5 Die Anfänge der Atomzertrümmerungsforschung als Geschäft der Reichen 176
- 4. Kernforschung in Österreich, 1932–1938 178
- 4.1 Das Zentrum behauptet sich 179
- 4.1.1 Neue Standards für die Internationale Radiumstandard- Kommission 179
- 4.1.2 Neue Mitglieder für die Internationale Radiumstandard- Kommission 182
- 4.1.3 Der Ruf nach höchsten Spannungen in der internationalen Kernphysik 185
- 4.1.4 Die Wiener Reaktionen 190
- 4.1.5 Das Polonium-Netzwerk im Dienst der Neutronenforschung 193
- 4.1.6 Höhenstrahlungsforschung zwischen Peripherie und Zentrum 200
- 4.2 Das Zentrum verliert den Anschluss 206
- 4.3 Kernforschung in Österreich als nationales Projekt 226
- 4.4 Wüstentrockenheit auf dem Gebiet der Atomzertrümmerung 234
- 4.1 Das Zentrum behauptet sich 179
- 5. Kernforschung im Kontext des »Dritten Reiches«, 1938–1945 236
- 6. Kernforschung für die Alliierten – ein Epilog 307
- 7. Schluss 322
- 8. Anhang 334
- Abkürzungsverzeichnis 334
- Verzeichnis der benutzten Archivbestände 336
- Literaturverzeichnis 340
- Personenregister 369