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Hieronymus Joseph Zeidler), ein Zensor für Belletristik und das ,gemischte Fach‘
(Jan Nepomuk Václav Zimmermann, 1819–1836; Pavel Josef Šafařík, 1837–1847;
Jan Pravoslav Koubek, 1847–1848) und ein Zensor für hebräische bzw. jüdische
Schriften (Karl Fischer, 1789–1844;46 Jan Mařan, 1845–1848). Seit 1838 wurden
in den amtlichen Schematismen ein Aushilfszensor im ökonomischen Fach sowie
die Studiendirektoren, die die Zensur der wissenschaftlichen Literatur in ihren
jeweiligen Fachgebieten organisierten, angeführt.
Die Manuskripte bzw. zur Neuauflage bestimmten Bücher wurden in der Regel
von einem Zensor (bzw. bei Fachbüchern von einem Professor) beurteilt, wor-
auf das Imprimatur (mit oder ohne Einschränkung) bzw. das ‚non admittitur‘
folgte, das vom Zensurreferenten (im Rang eines Gubernialrats) unterschrieben
wurde. Das Landespräsidium, also der Zensurreferent mit einer formellen Zustim-
mung und Unterschrift des Landeschefs (d. i. des Prager Oberstburggrafen),
entschied auch darüber, ob ein Werk etwa den spezialisierten Landesämtern zur
Zensur übergeben werden sollte, beispielsweise der Landesbaudirektion, der
Militärkommandantur oder dem Landesprotomedikus. Ab 1814 wurden alle zu
druckenden Schriften aus dem (breit gefassten) Bereich der katholischen Reli-
gion durch das zuständige (erz)bischöfliche Konsistorium beurteilt, erst danach
folgte die Zensur des Gubernialzensors, der jedoch auch ein Geistlicher war –
so war Hieronymus Joseph Zeidler Prämonstratenser und später Abt des Straho-
ver Stifts in Prag.
Etwas komplizierter war der Vorgang bei Schriften, die zur Beurteilung nach
Wien einzusenden waren. Sie wurden vom Prager Bücherrevisionsamt direkt an
die Polizeihofstelle geschickt, die das Beurteilungsprozedere durch einen Zen-
sor und eventuell andere Hofbehörden leitete. Die Polizeihofstelle übersandte
ihre Entscheidung dem böhmischen Landespräsidium, das ein entsprechendes
Zensurdecisum zu verhängen und an das Bücherrevisionsamt zu übergeben hat-
te. Eine Beurteilung von Schriften über böhmische Angelegenheiten oder tsche-
chische Werke erforderte jedoch spezielle Kenntnisse; deswegen holte die Poli-
zeihofstelle nicht selten die Meinung des Prager Zensors ein, bevor sie das
endgültige Zensururteil fällte. Erst eine Regelung, dass alle nach Wien zur Zen-
sur eingesandten Schriften mit einer Beurteilung des jeweiligen böhmischen
Zensors versehen werden sollten, vereinfachte diesen Prozess. Analog wurden
von Prager Zensoren auch solche Schriften beurteilt, die in Wien (und verein-
zelt auch in anderen Landeshauptstädten) zur Zensur eingereicht wurden und
sich entweder auf böhmische Lokalverhältnisse bezogen oder aufgrund ihrer
Sprache vor allem für das böhmische bzw. tschechische Publikum bestimmt
46 Zu Fischer Iveta Cermanová: Karl Fischer (1757–1844) I. The Life and Intellectual World of a
Hebrew Censor. In: Judaica Bohemiae 42 (2006), S. 125–177; Dies.: Karl Fischer (1757–1844)
II. The Work of a Hebrew Censor. In: Judaica Bohemiae 43 (2007–2008), S. 5–63.
4.1. Petr Píša/Michael Wögerbauer:Das Königreich Böhmen (1750–1848) 209
Die literarische Zensur in Österreich von 1751 bis 1848
- Title
- Die literarische Zensur in Österreich von 1751 bis 1848
- Author
- Norbert Bachleitner
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien - Köln - Weimar
- Date
- 2017
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20502-9
- Size
- 15.8 x 24.0 cm
- Pages
- 532
- Keywords
- Censorship, Austria, Habsburg monarchy, 18th and 19th century, Zensur, Österreich, Habsburgermonarchie, Geschichte, 18. und 19. Jahrhundert, Literatur
- Categories
- Geschichte Vor 1918
Table of contents
- VORBEMERKUNGEN 11
- 1. EINLEITUNG 15
- 2. IM DIENST DER AUFKLÄRUNG: DIE ZENSUR ZWISCHEN 1751 UND 1791 41
- 2.1. Die Vorgeschichte: Zensur in der Frühen Neuzeit 41
- 2.2. Die maria-theresianische Zensurkommission 49
- 2.3. Die josephinisch-leopoldinische Epoche 58
- 2.4. Kommentierte Statistik der Verbotstätigkeit 1754–1791 73
- 2.4.1. Verbote 1754–1791 73
- 2.4.2. Verbote 1754–1780, gegliedert nach Sprachen 78
- 2.4.3. Meistverbotene Autoren 1754–1780 79
- 2.4.4. Verbote 1783–1791, gegliedert nach Sprachen 82
- 2.4.5. Meistverbotene Autoren 1783–1791 84
- 2.4.6. Verbote 1754–1791, gegliedert nach Disziplinen bzw. Gattungen 85
- 2.4.7. Meistverbotene Verlage 1754–1791 87
- 2.4.8. Häufigste Verlagsorte 1754–1791 91
- 3. DIE ZENSUR ALS INSTRUMENT DER REPRESSION: DIE ÄRA NAPOLEONS UND DER VORMÄRZ (1792–1848) 93
- 3.1. Zwischen Französischer Revolution und Studentenunruhen: Die Zensur von 1792 bis 1820 94
- 3.1.1. Die Etablierung des polizeilichen Zensursystems 94
- 3.1.2. Die Zensoren 96
- 3.1.3. Die Aktion der Rezensurierung 1803–1805 101
- 3.1.4. Die Jahre der napoleonischen Besatzung und die Zensurvorschrift von 1810 105
- 3.1.5. Die Zensurgutachten: Beispiele aus den Jahren 1810/11 108
- 3.1.6. Die Bücherrevisionsämter 114
- 3.1.7. Die Staatskanzlei 121
- 3.2. Die Zensur im Vormärz (1821–1848) 124
- 3.3. Kommentierte Statistik der Verbotstätigkeit 1792–1848 146
- 3.3.1. Verbote und Zulassungen 1792–1820 148
- 3.3.2. Verbote 1792–1820, gegliedert nach Sprachen 151
- 3.3.3. Meistverbotene Autoren 1792–1820 153
- 3.3.4. Verbote und Zulassungen 1821–1848 157
- 3.3.5. Verbote 1821–1848, gegliedert nach Sprachen 163
- 3.3.6. Meistverbotene Autoren 1821–1848 166
- 3.3.7. Verbote 1792–1848, gegliedert nach Disziplinen bzw. Gattungen 169
- 3.3.8. Meistverbotene Verlage 1792–1848 171
- 3.3.9. Meistverbotene französische Verlage 1792–1848 186
- 3.3.10. Häufigste Verlagsorte 1792–1848 188
- 3.1. Zwischen Französischer Revolution und Studentenunruhen: Die Zensur von 1792 bis 1820 94
- 4. EIN BLICK IN DIE LÄNDER 193
- 4.1. Petr Píša/Michael Wögerbauer: Das Königreich Böhmen (1750–1848) 193
- 4.1.1. Die böhmischen Zensurkommissionen und ihre Zusammensetzung 193
- 4.1.2. Das Nebeneinander der Zensurinstanzen 196
- 4.1.3. Die gescheiterte Zentralisierung (1781–1791) 200
- 4.1.4. Die langsame Professionalisierung und Zentralisierung des Zensurapparats unter Franz II./I 203
- 4.1.5. Prag und Wien im Spannungsfeld der Kompetenzstreitigkeiten 206
- 4.1.6. Die Struktur der Zensur in Böhmen seit 1810 208
- 4.1.7. Unter der Lupe – Analyse der Gutachten 211
- 4.1.8. Probleme der Zensur in den Provinzen – der Fall Böhmen 214
- 4.2. Daniel Syrovy: Die italienischsprachigen Gebiete der Habsburgermonarchie (1768–1848) 216
- 4.1. Petr Píša/Michael Wögerbauer: Das Königreich Böhmen (1750–1848) 193
- 5. DIE THEATERZENSUR 239
- 6. FALLSTUDIEN 259
- 6.1. Periodika 259
- 6.2. Chroniques scandaleuses 269
- 6.3. Die Motive ,Teufel‘ und ,Selbstmord‘ in der verbotenen Literatur 281
- 6.4. Die deutsche Klassik 296
- 6.5. Die Romantiker 321
- 6.6. Historische Romane am Beispiel von Walter Scott 336
- 6.7. Französische und anglo-amerikanische Romanliteratur der 1840er Jahre 347
- 6.8. Geschichtsepik 359
- 6.9. Französische Theaterstücke aus dem Zeitraum 1830–1848 374
- 6.10. Englische Theaterstücke 389
- 7. AUSBLICK 407
- ANHANG 411
- 1. Zensurprotokolle 411
- 2. Verordnungen, Zensur-Richtlinien, Berichte 416
- Mandat betreffend „Sectischer Bücher-Verbott“, ausgegeben von Erzherzog Ferdinand I. von Österreich am 12.3.1523 416
- „Kurze Nachricht von Einrichtung der hiesigen Hofbüchercommission“ vom Februar 1762 418
- Pro Memoria des Professoris Sonnenfels Die Einrichtung der Theatral Censur bet[treffend] [Resolution von Joseph II., vom 15. März 1770] 419
- Gerard van Swieten: Quelques remarques sur la censure des livres (14. Februar 1772) 421
- Zensurverordnung Josephs II., ausgegeben am 1. Juni 1781 427
- Hofdekret vom 20., kundgemacht in Mähren den 28., in Innerösterreich den 30. Jäner, in Gallizien den 3. Februar 1790 431
- Denkschrift Franz Karl Hägelins, gedacht als Leitfaden für die Theaterzensur in Ungarn (1795) 438
- Zensur-Vorschrift vom 12. September 1803. Anleitung für Zensoren nach den bestehenden Verordnungen 462
- Instruktion für die Theaterkommissäre in den Vorstädten von Wien, 5. Dezember 1803 470
- Vorschrift für die Leitung des Censurwesens und für das Benehmen der Censoren, in Folge a. h. Entschließung vom 14. September 1810 erlaßen 474
- ABBILDUNGSVERZEICHNIS 479
- BIBLIOGRAPHIE 480
- REGISTER 510