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Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek - Eine historiografische Untersuchung
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194545) im Rahmen der vorliegenden Untersuchung als eine spezifische Form  – genauer : als nationale Variante  – des Faschismus betrachtet (»  I join those, who believe that Nazis were fascists and that fascism can be treated as a more general phenomenon«46), wobei nachdrĂŒcklich auf die historische SingularitĂ€t des Holocaust hingewiesen sei. Die antisemitische Rassenpolitik, die das natio- nalsozialistische Deutsche Reich nicht nur theoretisch plante, sondern auch tatsĂ€chlich verwirklichte, war fĂŒr den italienischen »Fascismo« jedenfalls nicht kennzeichnend. Renommierte Forscher wie Renzo di Felice oder Karl-Dietrich Bracher haben sich dagegen ausgesprochen, den Nationalsozialismus unter den Faschismusbegriff zu subsumieren.47 Umgekehrt wird unter vielen Opfern der NS-Diktatur der Ausdruck »nationalsozialistisch« gemieden, da er als euphe- mistisch empfunden wird. Theodor Adorno etwa, der als Sohn eines jĂŒdischen Vaters 1938 in die USA emigriert war, benutzte stets den Ausdruck »faschis- tisch«, wenn er auf das NS-Regime Bezug nahm.48 Diese Frage ist also nicht ganz eindeutig zu beantworten. Eine zweite Konjunktur der internationalen Faschismusforschung wurde mit Ernst Noltes Habilitationsschrift »Der Faschismus in seiner Epoche« von 1963 eingelĂ€utet. Nolte vergleicht darin Tradition, Geschichte, Praxis und Doktrin der »Action Française«, des »Fascismo« und des Nationalsozialismus. Er stellt die Behauptung auf, dass der Faschismus ein PhĂ€nomen der Weltkriegsepo- che gewesen sei (»Epochencharakter«49 des Faschismus) und benennt die seiner Meinung nach grundlegenden Charakteristika des Faschismus mit dessen drei oppositionellen Prinzipien »Anti-Marxismus«, »Anti-Liberalismus« und »An- ti-Konservativismus«. Weiters seien FĂŒhrerprinzip und (paramilitĂ€rische) Be- waffnung kennzeichnend gewesen. Stanley Payne fĂŒgte dieser AufzĂ€hlung in seiner Überblicksdarstellung »Geschichte des Faschismus« noch weitere Merk- male wie Nationalismus, Imperialismus, Militarismus und Gewalt, aber auch Mystizismus, Romantik und Freiwilligkeit hinzu, was der US-amerikanische Soziologe Michael Mann mit augenzwinkernder Kritik vermerkte (»Quite a list !«50). Die additive Aneinanderreihung bestimmter Charakteristika ist zwar hilfreich bei der Erstorientierung, macht den Faschismusbegriff aber unflexibel und trĂ€gt nicht unbedingt zum besseren VerstĂ€ndnis von dessen differenzierten Mechanismen bei.51 45 Deutschland : 1933 bis 1945, Österreich : 1938 bis 1945. 46 Mann, Fascists, S.  9. 47 Vgl. dazu Paxton, Die fĂŒnf Stadien des Faschismus, S.  56. 48 Vgl. Geml, Zum Begriff des Faschismus bei Adorno, S.  18. 49 Nolte, Der Faschismus in seiner Epoche, S.  25. 50 Mann, Fascists, S.  10. 51 Vgl. ebd. 25 Diskussion der zentralen Begriffe  |
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Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek Eine historiografische Untersuchung
Title
Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek
Subtitle
Eine historiografische Untersuchung
Author
Sylvia Paulischin-Hovdar
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2017
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20325-4
Size
15.5 x 23.5 cm
Pages
328
Keywords
Elfriede Jelinek, Nationalsozialismus, Faschismus, Opfermythos, Dekonstruktion, IntertextualitÀt
Categories
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Table of contents

  1. Vorwort 7
  2. 1. Einleitung 11
    1. 1.1 Inhalte und Ziele 12
    2. 1.2 Forschungsstand 16
    3. 1.3 Darstellung der Gliederung 20
    4. 1.4 Diskussion der zentralen Begriffe 22
      1. 1.4.1 »Faschismus« 23
      2. 1.4.2 »Nationalsozialismus« 36
      3. 1.4.3 »Mythos« nach Roland Barthes 41
      4. 1.4.4 Der Begriff »Opfermythos« 43
    5. 1.5 Elfriede Jelinek : AnnĂ€herung an eine »synthetische KĂŒnstlerbiografie« 55
    6. 1.6 Poetologische EinfĂŒhrung 67
      1. 1.6.1 Jelineks Àsthetische Position : »Tradition des Sezierens« 67
      2. 1.6.2 Destruktion des Opfermythos : »Das ist mein Angelpunkt« 79
  3. 2. Methodische Reflexion 99
    1. 2.1 Zur IntertextualitÀt 100
    2. 2.2 Darstellung der angewandten Methodik 105
  4. 3. LektĂŒre- und DeutungsvorschlĂ€ge 107
    1. 3.1 »Burg theater« 108
      1. 3.1.1 Zur verwendeten SekundÀrliteratur 108
      2. 3.1.2 Formales, Setting und Plot 112
      3. 3.1.3 Die Figuren : »Sprachschablonen« 115
      4. 3.1.4 Die Sprache : ein Mythos 143
      5. 3.1.5 Die Rezeption : ein Skandal 155
      6. 3.1.6 Die Wessely/Hörbigers : eine Potenzierung des Opfermythos 158
    2. 3.2 »Die Kinder der Toten« 173
      1. 3.2.1 Zur verwendeten SekundÀrliteratur 173
      2. 3.2.2 Formales, Setting und Plot 181
      3. 3.2.3 Referenzen und Intertexte 186
      4. 3.2.4 Die ErzÀhlinstanz als multiperspektivische Kunst- und Kippfigur 203
      5. 3.2.5 Der Opfermythos als perfides Geflecht nationaler Mythen 213
      6. 3.2.6 »Die Kinder der Toten« : Die große Anklage 245
    3. 3.3 »Das Lebewohl« 247
      1. 3.3.1 Zur verwendeten SekundÀrliteratur 247
      2. 3.3.2 Formales, Setting und Plot 250
      3. 3.3.3 Der Sprecher : Destruktion eines vermenschlichten Mythos 252
      4. 3.3.4 Entstehungskontext und Rezeption 274
  5. 4. ResĂŒmee 279
    1. 4.1 Zusammenfassung der Ergebnisse 280
    2. 4.2 InterdisziplinÀre Zusammenschau : Zum »Mehrwert« von Literatur 291
  6. 5. Epilog – Wir waren’s nicht ? 296
  7. 6. Anhang 299
    1. 6.1 Literaturverzeichnis 300
      1. 6.1.1 PrimÀrliteratur 300
      2. 6.1.2 SekundÀr- und Referenzliteratur 301
      3. 6.1.3 Zeitungen und Zeitschriften 316
      4. 6.1.4 Filme und TV-BeitrÀge 317
      5. 6.1.5 Internet-Seiten 317
    2. 6.2 Abbildungsverzeichnis 318
  8. 7. Register 319
    1. 7.1 Personenregister 319
    2. 7.2 Sachregister 321
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