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Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek - Eine historiografische Untersuchung
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anderen fĂŒhrte das öffentliche Interesse, das durch die Debatte geweckt worden war, zu einer verstĂ€rkten Vermittlung von neuen, differenzierteren Forschungs- ergebnissen. Durch das Gedenkjahr 1988 wurde dieser Trend noch weiter verstĂ€rkt. Die öffentliche und mediale Aufmerksamkeit, die diesem Thema nunmehr zuteil wurde, fĂŒhrte zu einer langsamen »Erosion«231 der Opferthese, welche eine breite Akzeptanz in der Bevölkerung fand und eine neue SensibilitĂ€t im Um- gang mit der Sprache ĂŒber die NS-Vergangenheit mit sich brachte. Schriftsteller, Architekten und andere KĂŒnstler spielten eine tragende Rolle bei der Vermittlung und Verbreitung einer verĂ€nderten Geschichtskultur.232 »Auch wenn es auf diesem Feld noch erratische Blöcke von altem kĂŒnstleri- schen Antifaschismus gab«, so Botz, »gibt es auch den â€șHeldenplatzâ€č Thomas Bernhards, das ƒuvre Elfriede Jelineks, Gerhard Roths oder Josef Haslingers und viele andere Werke, welche die NS-Involvierung der Österreicher, oft schon vor der Waldheim-AffĂ€re, zu einem zentralen Thema ihrer Kunst gemacht ha- ben.«233 Das Umschreiben der österreichischen NS-Geschichte mĂŒndete nicht nur in einem symbolschwangeren Bekenntnis des offiziellen Österreich zu Mitverant- wortung und Schuld, sondern auch in der Anerkennung bisher marginalisierter Opfergruppen und der (sehr spĂ€t, aber doch erfolgten) Einrichtung entspre- chender Restitutionsfonds. Die spĂ€ten 1980er Jahre stellen demnach die grĂ¶ĂŸte geschichtspolitische ZĂ€sur der Zweiten Republik dar. Kurt Waldheim selbst hatte bereits im MĂ€rz 1988, dem »Anschluss«-Gedenkjahr, in einer Fernsehansprache an die Nation einen geschichtspolitischen Gesinnungswandel angedeutet.234 Zwar hielt er an der Opferthese fest, indem er erklĂ€rte, dass Österreich als Staat »das erste Opfer Hitlers«235 gewesen sei, zugleich entschuldigte er sich aber fĂŒr »von Österrei- chern begangene Verbrechen«236. Drei Jahre spĂ€ter hielt Bundeskanzler Franz Vranitzky eine viel beachtete Rede vor dem Nationalrat, in welcher er erklĂ€rte : »Viele Österreicher waren an den UnterdrĂŒckungsmaßnahmen und [der] Verfolgung des Dritten Reichs beteiligt, zum Teil an prominenter Stelle. (
) Wir bekennen uns 231 Uhl, Das »erste Opfer«, S.  26–30. Zur Erosion des Opfermythos vgl. auch Botz, Nachhall und Modifikationen, S.  588–596. 232 Vgl. Botz, Nachhall und Modifikationen, S.  587. 233 Ebd. 234 Ebd., S.  589. 235 Kurt Waldheim in einer Fernsehansprache am 10.  MĂ€rz 1988, zitiert nach : Botz/Sprengnagel, Kontroversen um Österreichs Zeitgeschichte, S.  642. 236 Ebd. 51 Diskussion der zentralen Begriffe  |
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Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek Eine historiografische Untersuchung
Title
Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek
Subtitle
Eine historiografische Untersuchung
Author
Sylvia Paulischin-Hovdar
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2017
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20325-4
Size
15.5 x 23.5 cm
Pages
328
Keywords
Elfriede Jelinek, Nationalsozialismus, Faschismus, Opfermythos, Dekonstruktion, IntertextualitÀt
Categories
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Table of contents

  1. Vorwort 7
  2. 1. Einleitung 11
    1. 1.1 Inhalte und Ziele 12
    2. 1.2 Forschungsstand 16
    3. 1.3 Darstellung der Gliederung 20
    4. 1.4 Diskussion der zentralen Begriffe 22
      1. 1.4.1 »Faschismus« 23
      2. 1.4.2 »Nationalsozialismus« 36
      3. 1.4.3 »Mythos« nach Roland Barthes 41
      4. 1.4.4 Der Begriff »Opfermythos« 43
    5. 1.5 Elfriede Jelinek : AnnĂ€herung an eine »synthetische KĂŒnstlerbiografie« 55
    6. 1.6 Poetologische EinfĂŒhrung 67
      1. 1.6.1 Jelineks Àsthetische Position : »Tradition des Sezierens« 67
      2. 1.6.2 Destruktion des Opfermythos : »Das ist mein Angelpunkt« 79
  3. 2. Methodische Reflexion 99
    1. 2.1 Zur IntertextualitÀt 100
    2. 2.2 Darstellung der angewandten Methodik 105
  4. 3. LektĂŒre- und DeutungsvorschlĂ€ge 107
    1. 3.1 »Burg theater« 108
      1. 3.1.1 Zur verwendeten SekundÀrliteratur 108
      2. 3.1.2 Formales, Setting und Plot 112
      3. 3.1.3 Die Figuren : »Sprachschablonen« 115
      4. 3.1.4 Die Sprache : ein Mythos 143
      5. 3.1.5 Die Rezeption : ein Skandal 155
      6. 3.1.6 Die Wessely/Hörbigers : eine Potenzierung des Opfermythos 158
    2. 3.2 »Die Kinder der Toten« 173
      1. 3.2.1 Zur verwendeten SekundÀrliteratur 173
      2. 3.2.2 Formales, Setting und Plot 181
      3. 3.2.3 Referenzen und Intertexte 186
      4. 3.2.4 Die ErzÀhlinstanz als multiperspektivische Kunst- und Kippfigur 203
      5. 3.2.5 Der Opfermythos als perfides Geflecht nationaler Mythen 213
      6. 3.2.6 »Die Kinder der Toten« : Die große Anklage 245
    3. 3.3 »Das Lebewohl« 247
      1. 3.3.1 Zur verwendeten SekundÀrliteratur 247
      2. 3.3.2 Formales, Setting und Plot 250
      3. 3.3.3 Der Sprecher : Destruktion eines vermenschlichten Mythos 252
      4. 3.3.4 Entstehungskontext und Rezeption 274
  5. 4. ResĂŒmee 279
    1. 4.1 Zusammenfassung der Ergebnisse 280
    2. 4.2 InterdisziplinÀre Zusammenschau : Zum »Mehrwert« von Literatur 291
  6. 5. Epilog – Wir waren’s nicht ? 296
  7. 6. Anhang 299
    1. 6.1 Literaturverzeichnis 300
      1. 6.1.1 PrimÀrliteratur 300
      2. 6.1.2 SekundÀr- und Referenzliteratur 301
      3. 6.1.3 Zeitungen und Zeitschriften 316
      4. 6.1.4 Filme und TV-BeitrÀge 317
      5. 6.1.5 Internet-Seiten 317
    2. 6.2 Abbildungsverzeichnis 318
  8. 7. Register 319
    1. 7.1 Personenregister 319
    2. 7.2 Sachregister 321
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