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Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek - Eine historiografische Untersuchung
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Istvan : Is eh scho olles blunzn. … Missmer holt doch repartieren !144 Diese Feststellung beinhaltet zwar eine gewisse Einsicht in die zu erwartenden Konsequenzen durch die alliierten Siegermächte. Aufgrund der in der Inhalts- angabe bereits geschilderten »Wortsymphonie«145 am Ende des Stücks, in der die Familie Käthes Bühnentod mit den Worten begleitet : »Davon wissen mir nix ! Des sengan mir gor net. Wos mir net sengan, des gibts net !«146, ist je- doch davon auszugehen, dass damit keine Einsicht der eigenen Mitschuld oder Verantwortung einhergeht, da der einmütige Vorsatz des Wegschauens und Nicht-Wissens als exemplarisch zu verstehen ist. Jelinek hat mit Istvan die Figur des klassischen Mitläufers geschaffen, der das Handlungsgeschehen zwar nicht von sich aus in Gang setzt, sich aber durchaus aktiv daran beteiligt, wenn es ihm opportun erscheint. Istvan schätzt sich selbst als unbescholten ein, ist aber immerhin involviert genug, um den Alpenkönig zu erschlagen oder den Burg theaterzwerg als falsches Alibi missbrauchen zu wollen. Tatsächlich lädt er, der vermeintlich unpolitische Mit- läufer, also auch persönliche Schuld auf sich. 3.1.3.3 KÄTHE »… spielen ist ja mein Leben !«147 In der familieninternen Hierarchie erst an dritter Stelle, nach Schorsch und Istvan, folgt Käthe. Die Figur wirkt von Beginn an wankelmütig und verwirrt. Sie herzt und ohrfeigt abwechselnd die Töchter oder Resi. Sie rezitiert stän- dig unterschiedlichste Rollen, Gedichte und Liedtexte aus unterschiedlichen Genres und in unterschiedlichen Sprechweisen, einmal im Dialekt, einmal im schönsten Burg theaterdeutsch. Dieses sprachliche Hin und Her ist eine signi- fikante und auffallende Besonderheit der Figur  – sie wirkt dabei seltsam fragil. Darüber hinaus ist Käthe durch ihre unausgegorene Sprache oft unfreiwillig komisch, obwohl das Sujet der Unterhaltung meist durchaus ernst ist. Käthe stellt das Lebensideal, Burg theaterschauspielerin zu sein, über alle anderen Belange : »Spielen, spielen ist ja mein Leben !«148 ruft sie am Beginn des Stücks aus, womit Jelinek auf jenen populären Mythos verweist, der besagt, dass 144 BT, S.  188. 145 Von der Autorin in der Regieanweisung so benannt : BT, S.  188. 146 BT, S.  188. 147 BT, S.  132. 148 Ebd. 132 | Lektüre- und Deutungsvorschläge Open Access © 2017 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO.KG, WIEN KÖLN WEIMAR
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Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek Eine historiografische Untersuchung
Title
Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek
Subtitle
Eine historiografische Untersuchung
Author
Sylvia Paulischin-Hovdar
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2017
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20325-4
Size
15.5 x 23.5 cm
Pages
328
Keywords
Elfriede Jelinek, Nationalsozialismus, Faschismus, Opfermythos, Dekonstruktion, Intertextualität
Categories
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Table of contents

  1. Vorwort 7
  2. 1. Einleitung 11
    1. 1.1 Inhalte und Ziele 12
    2. 1.2 Forschungsstand 16
    3. 1.3 Darstellung der Gliederung 20
    4. 1.4 Diskussion der zentralen Begriffe 22
      1. 1.4.1 »Faschismus« 23
      2. 1.4.2 »Nationalsozialismus« 36
      3. 1.4.3 »Mythos« nach Roland Barthes 41
      4. 1.4.4 Der Begriff »Opfermythos« 43
    5. 1.5 Elfriede Jelinek : Annäherung an eine »synthetische Künstlerbiografie« 55
    6. 1.6 Poetologische EinfĂĽhrung 67
      1. 1.6.1 Jelineks ästhetische Position : »Tradition des Sezierens« 67
      2. 1.6.2 Destruktion des Opfermythos : »Das ist mein Angelpunkt« 79
  3. 2. Methodische Reflexion 99
    1. 2.1 Zur Intertextualität 100
    2. 2.2 Darstellung der angewandten Methodik 105
  4. 3. Lektüre- und Deutungsvorschläge 107
    1. 3.1 »Burg theater« 108
      1. 3.1.1 Zur verwendeten Sekundärliteratur 108
      2. 3.1.2 Formales, Setting und Plot 112
      3. 3.1.3 Die Figuren : »Sprachschablonen« 115
      4. 3.1.4 Die Sprache : ein Mythos 143
      5. 3.1.5 Die Rezeption : ein Skandal 155
      6. 3.1.6 Die Wessely/Hörbigers : eine Potenzierung des Opfermythos 158
    2. 3.2 »Die Kinder der Toten« 173
      1. 3.2.1 Zur verwendeten Sekundärliteratur 173
      2. 3.2.2 Formales, Setting und Plot 181
      3. 3.2.3 Referenzen und Intertexte 186
      4. 3.2.4 Die Erzählinstanz als multiperspektivische Kunst- und Kippfigur 203
      5. 3.2.5 Der Opfermythos als perfides Geflecht nationaler Mythen 213
      6. 3.2.6 »Die Kinder der Toten« : Die große Anklage 245
    3. 3.3 »Das Lebewohl« 247
      1. 3.3.1 Zur verwendeten Sekundärliteratur 247
      2. 3.3.2 Formales, Setting und Plot 250
      3. 3.3.3 Der Sprecher : Destruktion eines vermenschlichten Mythos 252
      4. 3.3.4 Entstehungskontext und Rezeption 274
  5. 4. ResĂĽmee 279
    1. 4.1 Zusammenfassung der Ergebnisse 280
    2. 4.2 Interdisziplinäre Zusammenschau : Zum »Mehrwert« von Literatur 291
  6. 5. Epilog – Wir waren’s nicht ? 296
  7. 6. Anhang 299
    1. 6.1 Literaturverzeichnis 300
      1. 6.1.1 Primärliteratur 300
      2. 6.1.2 Sekundär- und Referenzliteratur 301
      3. 6.1.3 Zeitungen und Zeitschriften 316
      4. 6.1.4 Filme und TV-Beiträge 317
      5. 6.1.5 Internet-Seiten 317
    2. 6.2 Abbildungsverzeichnis 318
  8. 7. Register 319
    1. 7.1 Personenregister 319
    2. 7.2 Sachregister 321
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