Web-Books
in the Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Geschichte
Historische Aufzeichnungen
Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek - Eine historiografische Untersuchung
Page - 139 -
  • User
  • Version
    • full version
    • text only version
  • Language
    • Deutsch - German
    • English

Page - 139 - in Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek - Eine historiografische Untersuchung

Image of the Page - 139 -

Image of the Page - 139 - in Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek - Eine historiografische Untersuchung

Text of the Page - 139 -

waren.182 Nicht ganz zufĂ€llig also hat Jelinek diese Figur  – eine »Mischung aus Alpenkönig, Menschenfeind und Invalide«183  – in ihr StĂŒck eingebaut. Durch Jelineks Alpenkönig wird aber auch die Möglichkeit alternativer Verhaltensweisen vorgefĂŒhrt, welche die Protagonisten  – aus opportunistischen ErwĂ€gungen  – strikt ablehnen. Der Mord an ihm wird  – nach sprachlicher Wie- ner Art  – zum »Morderl« verkleinert und damit gerechtfertigt, dass er der In- tention des NS-Regimes, so genanntes »lebensunwertes Leben auszumerzen«, nachkommt. Der Alpenkönig entspricht dieser Charakterisierung gleich in zweifacher Hinsicht : zum einen, weil er sich als Regimegegner und Wider- stĂ€ndiger zu erkennen gibt, und zum anderen, weil er dem Rassenideal vom gutgebauten, allem standhaltenden »Herrenmenschen« nicht entspricht, das in den NĂŒrnberger Gesetzen (nach Rathkolb »Pseudogesetze«184) von 1935 fest- geschrieben worden war.185 Die nationalsozialistische Diktion wird dabei durch wienerische Pendants (»Schlawiner«,186 »Krispindl«187) ersetzt.188 Sowohl mit dem Alpenkönig als auch mit dem Burg theaterzwerg, fĂŒr dessen Verkörperung sich Jelinek in der Regieanweisung »Fritz Hackl« wĂŒnscht (vermutlich eine Anspielung auf den österreichischen KĂŒnstler Karl- heinz Hackl), wird ganz offen die Wiener Volkstheatertradition Ă  la Ferdinand Raimund parodiert, denn »selbstverstĂ€ndlich handelt es sich bei â€șBurg theaterâ€č weder um ein Revival des Altwiener noch des neueren kritischen VolksstĂŒcks«189. Vielmehr geht es hier um die Destruktion des fatalen Volksbegriffs, der »trotz aller wissenschaftlichen Dementis im Begriff des VolksstĂŒcks steckt«190. Erstmals erwĂ€hnt wird der Zwerg am Beginn des zweiten Teils, als Resi die zunĂ€chst leere BĂŒhne betritt und das »Burg theaterzwergerl« hinter sich »her- schleift«, auf der Suche nach einem Versteck fĂŒr ihren SchĂŒtzling, den sie of- fenbar bereits lĂ€ngere Zeit ĂŒber vor den Nationalsozialisten, aber auch vor der Familie versteckt gehalten hatte : Resi : Wo ist ein Verstecker, welches mir noch nicht gehabt haben ? 182 Eine Aufzeichnung aus dem Burgtheater ist auf DVD erhĂ€ltlich, vgl. http://www.burgthe- ater.at/Content.Node2/home/service/shop/25-Der-Alpenkoenig-und-der-Menschenfeind. at.php (Zugriff am 6.12.2007). 183 BT, S.  143 (Regieanweisung). 184 Rathkolb, FĂŒhrertreu und gottbegnadet, S.  268. 185 Vgl. 1. 4. 1. dieser Studie. 186 BT, S.  147 und S.  148. 187 BT, S.  148. 188 Vgl. Steiner, Die verdrĂ€ngten Jahre, S.  184. 189 Hochholdinger-Reiterer, Amok, S.  48. 190 Lengauer, Jenseits vom Volk, S.  219. 139 »Burg theater«  |
back to the  book Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek - Eine historiografische Untersuchung"
Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek Eine historiografische Untersuchung
Title
Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek
Subtitle
Eine historiografische Untersuchung
Author
Sylvia Paulischin-Hovdar
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2017
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20325-4
Size
15.5 x 23.5 cm
Pages
328
Keywords
Elfriede Jelinek, Nationalsozialismus, Faschismus, Opfermythos, Dekonstruktion, IntertextualitÀt
Categories
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Table of contents

  1. Vorwort 7
  2. 1. Einleitung 11
    1. 1.1 Inhalte und Ziele 12
    2. 1.2 Forschungsstand 16
    3. 1.3 Darstellung der Gliederung 20
    4. 1.4 Diskussion der zentralen Begriffe 22
      1. 1.4.1 »Faschismus« 23
      2. 1.4.2 »Nationalsozialismus« 36
      3. 1.4.3 »Mythos« nach Roland Barthes 41
      4. 1.4.4 Der Begriff »Opfermythos« 43
    5. 1.5 Elfriede Jelinek : AnnĂ€herung an eine »synthetische KĂŒnstlerbiografie« 55
    6. 1.6 Poetologische EinfĂŒhrung 67
      1. 1.6.1 Jelineks Àsthetische Position : »Tradition des Sezierens« 67
      2. 1.6.2 Destruktion des Opfermythos : »Das ist mein Angelpunkt« 79
  3. 2. Methodische Reflexion 99
    1. 2.1 Zur IntertextualitÀt 100
    2. 2.2 Darstellung der angewandten Methodik 105
  4. 3. LektĂŒre- und DeutungsvorschlĂ€ge 107
    1. 3.1 »Burg theater« 108
      1. 3.1.1 Zur verwendeten SekundÀrliteratur 108
      2. 3.1.2 Formales, Setting und Plot 112
      3. 3.1.3 Die Figuren : »Sprachschablonen« 115
      4. 3.1.4 Die Sprache : ein Mythos 143
      5. 3.1.5 Die Rezeption : ein Skandal 155
      6. 3.1.6 Die Wessely/Hörbigers : eine Potenzierung des Opfermythos 158
    2. 3.2 »Die Kinder der Toten« 173
      1. 3.2.1 Zur verwendeten SekundÀrliteratur 173
      2. 3.2.2 Formales, Setting und Plot 181
      3. 3.2.3 Referenzen und Intertexte 186
      4. 3.2.4 Die ErzÀhlinstanz als multiperspektivische Kunst- und Kippfigur 203
      5. 3.2.5 Der Opfermythos als perfides Geflecht nationaler Mythen 213
      6. 3.2.6 »Die Kinder der Toten« : Die große Anklage 245
    3. 3.3 »Das Lebewohl« 247
      1. 3.3.1 Zur verwendeten SekundÀrliteratur 247
      2. 3.3.2 Formales, Setting und Plot 250
      3. 3.3.3 Der Sprecher : Destruktion eines vermenschlichten Mythos 252
      4. 3.3.4 Entstehungskontext und Rezeption 274
  5. 4. ResĂŒmee 279
    1. 4.1 Zusammenfassung der Ergebnisse 280
    2. 4.2 InterdisziplinÀre Zusammenschau : Zum »Mehrwert« von Literatur 291
  6. 5. Epilog – Wir waren’s nicht ? 296
  7. 6. Anhang 299
    1. 6.1 Literaturverzeichnis 300
      1. 6.1.1 PrimÀrliteratur 300
      2. 6.1.2 SekundÀr- und Referenzliteratur 301
      3. 6.1.3 Zeitungen und Zeitschriften 316
      4. 6.1.4 Filme und TV-BeitrÀge 317
      5. 6.1.5 Internet-Seiten 317
    2. 6.2 Abbildungsverzeichnis 318
  8. 7. Register 319
    1. 7.1 Personenregister 319
    2. 7.2 Sachregister 321
Web-Books
Library
Privacy
Imprint
Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek