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Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek - Eine historiografische Untersuchung
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nyme Tote aus der Erde und schließen sich mit den Wassermassen anhaltender starker RegenfĂ€lle zu »einem einzigen Lebensborn-Brei«445 zusammen, der nach und nach die Landschaft flutet. Dabei wird im Lauf des Romans durch immer eindeutigere Andeutungen klar, welche Toten konkret gemeint sind, nĂ€mlich jene, die im rasenden Feuer der »Hochleistungsöfen«446 verbrannt wurden  – un- missverstĂ€ndlich eine Anspielung auf die Millionen Ermordeten des Holocaust. Karin findet sich immer wieder am Rande eines rissigen Betonbeckens wie- der, in dem »metallenes Wasser«447 steht, das sie  – Vampir-Mythen entspre- chend  – nicht widerspiegelt. Eine Verdoppelung ihrer selbst ist in den Wildbach gestĂŒrzt und befindet sich bereits in dem Becken (nach LĂŒcke das »Reich der Untoten«448). Das unheimliche Betonbecken weist zum Ende des Romans hin immer mehr Risse und SprĂŒnge auf und kann seinen Inhalt schließlich nicht mehr halten : Als sich erstmals alle drei Protagonisten gleichzeitig in der »Pension Alpenrose« be- finden, gibt es einen »Wasserfall«449 aus Leichen frei, der die Pension verschĂŒttet. Alle GĂ€ste und Bewohner des Hauses kommen bei dem UnglĂŒck ums Leben. In einem Epilog schaltet sich die ErzĂ€hlinstanz ein und reflektiert  – schein- bar vernĂŒnfig berichtend  – ĂŒber das Geschehene. Sie weist darauf hin, dass bei den tagelangen Bergungsarbeiten nach der Katastrophe etwas UnerklĂ€rliches gefunden worden sei : »Haar. Menschliches Haar. 
 Nur : Es ist einfach zuviel Haar da fĂŒr die geschĂ€tzte Anzahl der VerschĂŒtteten. 
 das Haar von etwa zweihundert Menschen ist bereits gefunden wor- den, obwohl sich nur ein Bruchteil dieser Zahl hier aufgehalten haben kann «450 Außerdem stehe in einem geheimen Protokoll, dass in dem verschĂŒtteten Haus viele Tote gefunden worden seien, die »nach dem ĂŒbereinstimmenden Urteil der 445 KDT, S.  533. Der 1935 gegrĂŒndete SS-»Lebensborn e.  V.« war ein staatlicher geförderter, nationalsozialistischer Verein, der durch anonyme Entbindungen und Adoptionen die Ge- burtenrate von »arischen« Kindern aus ehelichen wie auch aus außerehelichen Verbindungen erhöhen sollte. In FortfĂŒhrung des »Heiratsbefehls« von 1932 trug die Satzung des Vereins jedem Mann auf, mindestens vier Kinder zu zeugen, die in abgeschirmten Heimen geboren werden sollten und fĂŒr die ggf. Adoptiveltern gesucht wurden. Lebensborn soll außerdem fĂŒr die Verschleppung von Kindern aus den besetzten Gebieten verantwortlich zeichnen. Vgl. Studt, Das Dritte Reich in Daten, S.  57. 446 KDT, S.  201. 447 KDT, S.  98. 448 Vgl. LĂŒcke, Elfriede Jelinek, S.  98. 449 KDT, S.  434. 450 KDT, S.  665. 185 »Die Kinder der Toten«  |
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Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek Eine historiografische Untersuchung
Title
Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek
Subtitle
Eine historiografische Untersuchung
Author
Sylvia Paulischin-Hovdar
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2017
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20325-4
Size
15.5 x 23.5 cm
Pages
328
Keywords
Elfriede Jelinek, Nationalsozialismus, Faschismus, Opfermythos, Dekonstruktion, IntertextualitÀt
Categories
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Table of contents

  1. Vorwort 7
  2. 1. Einleitung 11
    1. 1.1 Inhalte und Ziele 12
    2. 1.2 Forschungsstand 16
    3. 1.3 Darstellung der Gliederung 20
    4. 1.4 Diskussion der zentralen Begriffe 22
      1. 1.4.1 »Faschismus« 23
      2. 1.4.2 »Nationalsozialismus« 36
      3. 1.4.3 »Mythos« nach Roland Barthes 41
      4. 1.4.4 Der Begriff »Opfermythos« 43
    5. 1.5 Elfriede Jelinek : AnnĂ€herung an eine »synthetische KĂŒnstlerbiografie« 55
    6. 1.6 Poetologische EinfĂŒhrung 67
      1. 1.6.1 Jelineks Àsthetische Position : »Tradition des Sezierens« 67
      2. 1.6.2 Destruktion des Opfermythos : »Das ist mein Angelpunkt« 79
  3. 2. Methodische Reflexion 99
    1. 2.1 Zur IntertextualitÀt 100
    2. 2.2 Darstellung der angewandten Methodik 105
  4. 3. LektĂŒre- und DeutungsvorschlĂ€ge 107
    1. 3.1 »Burg theater« 108
      1. 3.1.1 Zur verwendeten SekundÀrliteratur 108
      2. 3.1.2 Formales, Setting und Plot 112
      3. 3.1.3 Die Figuren : »Sprachschablonen« 115
      4. 3.1.4 Die Sprache : ein Mythos 143
      5. 3.1.5 Die Rezeption : ein Skandal 155
      6. 3.1.6 Die Wessely/Hörbigers : eine Potenzierung des Opfermythos 158
    2. 3.2 »Die Kinder der Toten« 173
      1. 3.2.1 Zur verwendeten SekundÀrliteratur 173
      2. 3.2.2 Formales, Setting und Plot 181
      3. 3.2.3 Referenzen und Intertexte 186
      4. 3.2.4 Die ErzÀhlinstanz als multiperspektivische Kunst- und Kippfigur 203
      5. 3.2.5 Der Opfermythos als perfides Geflecht nationaler Mythen 213
      6. 3.2.6 »Die Kinder der Toten« : Die große Anklage 245
    3. 3.3 »Das Lebewohl« 247
      1. 3.3.1 Zur verwendeten SekundÀrliteratur 247
      2. 3.3.2 Formales, Setting und Plot 250
      3. 3.3.3 Der Sprecher : Destruktion eines vermenschlichten Mythos 252
      4. 3.3.4 Entstehungskontext und Rezeption 274
  5. 4. ResĂŒmee 279
    1. 4.1 Zusammenfassung der Ergebnisse 280
    2. 4.2 InterdisziplinÀre Zusammenschau : Zum »Mehrwert« von Literatur 291
  6. 5. Epilog – Wir waren’s nicht ? 296
  7. 6. Anhang 299
    1. 6.1 Literaturverzeichnis 300
      1. 6.1.1 PrimÀrliteratur 300
      2. 6.1.2 SekundÀr- und Referenzliteratur 301
      3. 6.1.3 Zeitungen und Zeitschriften 316
      4. 6.1.4 Filme und TV-BeitrÀge 317
      5. 6.1.5 Internet-Seiten 317
    2. 6.2 Abbildungsverzeichnis 318
  8. 7. Register 319
    1. 7.1 Personenregister 319
    2. 7.2 Sachregister 321
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