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Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek - Eine historiografische Untersuchung
Seite - 185 -
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nyme Tote aus der Erde und schließen sich mit den Wassermassen anhaltender starker Regenfälle zu »einem einzigen Lebensborn-Brei«445 zusammen, der nach und nach die Landschaft flutet. Dabei wird im Lauf des Romans durch immer eindeutigere Andeutungen klar, welche Toten konkret gemeint sind, nämlich jene, die im rasenden Feuer der »Hochleistungsöfen«446 verbrannt wurden  – un- missverständlich eine Anspielung auf die Millionen Ermordeten des Holocaust. Karin findet sich immer wieder am Rande eines rissigen Betonbeckens wie- der, in dem »metallenes Wasser«447 steht, das sie  – Vampir-Mythen entspre- chend  – nicht widerspiegelt. Eine Verdoppelung ihrer selbst ist in den Wildbach gestürzt und befindet sich bereits in dem Becken (nach Lücke das »Reich der Untoten«448). Das unheimliche Betonbecken weist zum Ende des Romans hin immer mehr Risse und Sprünge auf und kann seinen Inhalt schließlich nicht mehr halten : Als sich erstmals alle drei Protagonisten gleichzeitig in der »Pension Alpenrose« be- finden, gibt es einen »Wasserfall«449 aus Leichen frei, der die Pension verschüttet. Alle Gäste und Bewohner des Hauses kommen bei dem Unglück ums Leben. In einem Epilog schaltet sich die Erzählinstanz ein und reflektiert  – schein- bar vernünfig berichtend  – über das Geschehene. Sie weist darauf hin, dass bei den tagelangen Bergungsarbeiten nach der Katastrophe etwas Unerklärliches gefunden worden sei : »Haar. Menschliches Haar. … Nur : Es ist einfach zuviel Haar da für die geschätzte Anzahl der Verschütteten. … das Haar von etwa zweihundert Menschen ist bereits gefunden wor- den, obwohl sich nur ein Bruchteil dieser Zahl hier aufgehalten haben kann…«450 Außerdem stehe in einem geheimen Protokoll, dass in dem verschütteten Haus viele Tote gefunden worden seien, die »nach dem übereinstimmenden Urteil der 445 KDT, S.  533. Der 1935 gegründete SS-»Lebensborn e.  V.« war ein staatlicher geförderter, nationalsozialistischer Verein, der durch anonyme Entbindungen und Adoptionen die Ge- burtenrate von »arischen« Kindern aus ehelichen wie auch aus außerehelichen Verbindungen erhöhen sollte. In Fortführung des »Heiratsbefehls« von 1932 trug die Satzung des Vereins jedem Mann auf, mindestens vier Kinder zu zeugen, die in abgeschirmten Heimen geboren werden sollten und für die ggf. Adoptiveltern gesucht wurden. Lebensborn soll außerdem für die Verschleppung von Kindern aus den besetzten Gebieten verantwortlich zeichnen. Vgl. Studt, Das Dritte Reich in Daten, S.  57. 446 KDT, S.  201. 447 KDT, S.  98. 448 Vgl. Lücke, Elfriede Jelinek, S.  98. 449 KDT, S.  434. 450 KDT, S.  665. 185 »Die Kinder der Toten«  |
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Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek Eine historiografische Untersuchung
Titel
Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek
Untertitel
Eine historiografische Untersuchung
Autor
Sylvia Paulischin-Hovdar
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2017
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20325-4
Abmessungen
15.5 x 23.5 cm
Seiten
328
Schlagwörter
Elfriede Jelinek, Nationalsozialismus, Faschismus, Opfermythos, Dekonstruktion, Intertextualität
Kategorien
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 7
  2. 1. Einleitung 11
    1. 1.1 Inhalte und Ziele 12
    2. 1.2 Forschungsstand 16
    3. 1.3 Darstellung der Gliederung 20
    4. 1.4 Diskussion der zentralen Begriffe 22
      1. 1.4.1 »Faschismus« 23
      2. 1.4.2 »Nationalsozialismus« 36
      3. 1.4.3 »Mythos« nach Roland Barthes 41
      4. 1.4.4 Der Begriff »Opfermythos« 43
    5. 1.5 Elfriede Jelinek : Annäherung an eine »synthetische Künstlerbiografie« 55
    6. 1.6 Poetologische Einführung 67
      1. 1.6.1 Jelineks ästhetische Position : »Tradition des Sezierens« 67
      2. 1.6.2 Destruktion des Opfermythos : »Das ist mein Angelpunkt« 79
  3. 2. Methodische Reflexion 99
    1. 2.1 Zur Intertextualität 100
    2. 2.2 Darstellung der angewandten Methodik 105
  4. 3. Lektüre- und Deutungsvorschläge 107
    1. 3.1 »Burg theater« 108
      1. 3.1.1 Zur verwendeten Sekundärliteratur 108
      2. 3.1.2 Formales, Setting und Plot 112
      3. 3.1.3 Die Figuren : »Sprachschablonen« 115
      4. 3.1.4 Die Sprache : ein Mythos 143
      5. 3.1.5 Die Rezeption : ein Skandal 155
      6. 3.1.6 Die Wessely/Hörbigers : eine Potenzierung des Opfermythos 158
    2. 3.2 »Die Kinder der Toten« 173
      1. 3.2.1 Zur verwendeten Sekundärliteratur 173
      2. 3.2.2 Formales, Setting und Plot 181
      3. 3.2.3 Referenzen und Intertexte 186
      4. 3.2.4 Die Erzählinstanz als multiperspektivische Kunst- und Kippfigur 203
      5. 3.2.5 Der Opfermythos als perfides Geflecht nationaler Mythen 213
      6. 3.2.6 »Die Kinder der Toten« : Die große Anklage 245
    3. 3.3 »Das Lebewohl« 247
      1. 3.3.1 Zur verwendeten Sekundärliteratur 247
      2. 3.3.2 Formales, Setting und Plot 250
      3. 3.3.3 Der Sprecher : Destruktion eines vermenschlichten Mythos 252
      4. 3.3.4 Entstehungskontext und Rezeption 274
  5. 4. Resümee 279
    1. 4.1 Zusammenfassung der Ergebnisse 280
    2. 4.2 Interdisziplinäre Zusammenschau : Zum »Mehrwert« von Literatur 291
  6. 5. Epilog – Wir waren’s nicht ? 296
  7. 6. Anhang 299
    1. 6.1 Literaturverzeichnis 300
      1. 6.1.1 Primärliteratur 300
      2. 6.1.2 Sekundär- und Referenzliteratur 301
      3. 6.1.3 Zeitungen und Zeitschriften 316
      4. 6.1.4 Filme und TV-Beiträge 317
      5. 6.1.5 Internet-Seiten 317
    2. 6.2 Abbildungsverzeichnis 318
  8. 7. Register 319
    1. 7.1 Personenregister 319
    2. 7.2 Sachregister 321
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