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Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek - Eine historiografische Untersuchung
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gerlich an seine emotionalen Grenzen. Die schlimmste und verstörendste Er- kenntnis, die aus dieser Auseinandersetzung mitgenommen werden muss, ist die »vergessene NormalitĂ€t«61, die in all diesen ungeheuerlichen Verbrechen steckt und in Götz Alys provokanter, aber erhellender Publikation »Hitlers Volksstaat« treffend beschrieben wurde : »Die Aly-Deutschen kennen wir nĂ€mlich : Sie gleichen uns fast aufs Haar. Sie suchen Wohlstand, materielle Sicherheit fĂŒr die Kinder und fĂŒrs Alter, sie wollen das Haus im GrĂŒnen, das eigene Auto, den Urlaub. Die Kosten fĂŒr Nachbarn und Nachfahren kĂŒmmern sie wenig.« 62 Rechtfertigen die NS-Verbrechen, obwohl prĂ€zedenzlos, nicht die Annahme, dass die Bedingungen dafĂŒr hĂ€tten ungewöhnlich sein mĂŒssen ?63 So kommt am Ende alles auf die große, emotional aufgeladene Frage nach dem Warum zurĂŒck, deren Beantwortung man sich auf rationaler Basis nur mit differenziertem historischen Wissen annĂ€hern kann. Auf emotionaler Basis wird die ersehnte Antwort immer von einer großen Ohnmacht unterdrĂŒckt bleiben  – einer Mixtur aus Wut und Verzweiflung ĂŒber die eigenen historischen Wurzeln, die Elfriede Jelinek in dicken Lettern in die Welt hinausschreit. Die »Aly-Deutschen« gleichen den in der Textanalyse prĂ€sentierten Je- linek-Figuren fast aufs Haar. So wollen beide, der Wissenschafter, der mit sei- nen historischen Analysen stets fĂŒr Unruhe und Aufsehen in seiner Zunft sorgt, wie auch die nicht minder umstrittene Autorin, der Gesellschaft einen Spie- gel vorhalten  – mit unkonventionellen, oft unbequemen, vielleicht nicht immer angemessenen Mitteln. Doch was kann man tun, damit die Botschaft gelesen wird ? Nur die Kenntnis historischer ZusammenhĂ€nge und die damit verbundene Entwicklung eines kollektiv-österreichischen Unrechtsbewusstseins fĂŒr die »ki- lometerlange 
 Schuldenliste«64, auf der die Zweite Republik grĂŒndet, kön- nen verhindern, dass sich derartige GrĂ€uel  – wenigstens auf österreichischem Grund und Boden  – wiederholen. Das abverlangt uns keine Selbstgeißelung, aber klare Worte : ein klares »Nein«, wenn österreichische Rechtspopulisten öf- fentlich den Holocaust verharmlosen, Migration als »Umvolkung«65 bezeich- 61 Aly, Hitlers Volksstaat, S.  365. 62 So der deutsche Geisteswissenschafter und Publizist Gustav Seibt, zitiert nach : Aly, Hitlers Volksstaat, S.  366. 63 Vgl. Aly, Hitlers Volksstaat, S.  365. 64 Vgl. KDT, S.  319. 65 Johann Gudenus (FPÖ), zitiert nach : Der Standard, 15.10.2015, S.  13 (Zitat stammt aus dem Jahr 2004). Epilog  | 297
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Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek Eine historiografische Untersuchung
Title
Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek
Subtitle
Eine historiografische Untersuchung
Author
Sylvia Paulischin-Hovdar
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2017
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20325-4
Size
15.5 x 23.5 cm
Pages
328
Keywords
Elfriede Jelinek, Nationalsozialismus, Faschismus, Opfermythos, Dekonstruktion, IntertextualitÀt
Categories
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Table of contents

  1. Vorwort 7
  2. 1. Einleitung 11
    1. 1.1 Inhalte und Ziele 12
    2. 1.2 Forschungsstand 16
    3. 1.3 Darstellung der Gliederung 20
    4. 1.4 Diskussion der zentralen Begriffe 22
      1. 1.4.1 »Faschismus« 23
      2. 1.4.2 »Nationalsozialismus« 36
      3. 1.4.3 »Mythos« nach Roland Barthes 41
      4. 1.4.4 Der Begriff »Opfermythos« 43
    5. 1.5 Elfriede Jelinek : AnnĂ€herung an eine »synthetische KĂŒnstlerbiografie« 55
    6. 1.6 Poetologische EinfĂŒhrung 67
      1. 1.6.1 Jelineks Àsthetische Position : »Tradition des Sezierens« 67
      2. 1.6.2 Destruktion des Opfermythos : »Das ist mein Angelpunkt« 79
  3. 2. Methodische Reflexion 99
    1. 2.1 Zur IntertextualitÀt 100
    2. 2.2 Darstellung der angewandten Methodik 105
  4. 3. LektĂŒre- und DeutungsvorschlĂ€ge 107
    1. 3.1 »Burg theater« 108
      1. 3.1.1 Zur verwendeten SekundÀrliteratur 108
      2. 3.1.2 Formales, Setting und Plot 112
      3. 3.1.3 Die Figuren : »Sprachschablonen« 115
      4. 3.1.4 Die Sprache : ein Mythos 143
      5. 3.1.5 Die Rezeption : ein Skandal 155
      6. 3.1.6 Die Wessely/Hörbigers : eine Potenzierung des Opfermythos 158
    2. 3.2 »Die Kinder der Toten« 173
      1. 3.2.1 Zur verwendeten SekundÀrliteratur 173
      2. 3.2.2 Formales, Setting und Plot 181
      3. 3.2.3 Referenzen und Intertexte 186
      4. 3.2.4 Die ErzÀhlinstanz als multiperspektivische Kunst- und Kippfigur 203
      5. 3.2.5 Der Opfermythos als perfides Geflecht nationaler Mythen 213
      6. 3.2.6 »Die Kinder der Toten« : Die große Anklage 245
    3. 3.3 »Das Lebewohl« 247
      1. 3.3.1 Zur verwendeten SekundÀrliteratur 247
      2. 3.3.2 Formales, Setting und Plot 250
      3. 3.3.3 Der Sprecher : Destruktion eines vermenschlichten Mythos 252
      4. 3.3.4 Entstehungskontext und Rezeption 274
  5. 4. ResĂŒmee 279
    1. 4.1 Zusammenfassung der Ergebnisse 280
    2. 4.2 InterdisziplinÀre Zusammenschau : Zum »Mehrwert« von Literatur 291
  6. 5. Epilog – Wir waren’s nicht ? 296
  7. 6. Anhang 299
    1. 6.1 Literaturverzeichnis 300
      1. 6.1.1 PrimÀrliteratur 300
      2. 6.1.2 SekundÀr- und Referenzliteratur 301
      3. 6.1.3 Zeitungen und Zeitschriften 316
      4. 6.1.4 Filme und TV-BeitrÀge 317
      5. 6.1.5 Internet-Seiten 317
    2. 6.2 Abbildungsverzeichnis 318
  8. 7. Register 319
    1. 7.1 Personenregister 319
    2. 7.2 Sachregister 321
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