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der ÖGL, aber auch hinsichtlich der Verbindung mit anderen Institutionen (z.
B. mit der Literaturzeitschrift „Wort in der Zeit“) aufzuzeigen sein (vgl. 3.2, 3.4).
Zunächst soll der literaturhistorische Rahmen von 1945 bis ins Jahr 1961, als
die Gründung der ÖGL erfolgte und sie ihr Veranstaltungsprogramm aufnahm,
dargestellt werden. Die originäre Rolle, die der ÖGL im literarischen Feld zukam,
soll anhand einer Synopsis der literaturbetrieblichen Infrastruktur sowie ihrer
kultur- und literaturpolitischen Kontexte, abgeleitet werden. Der folgende lite-
raturgeschichtliche Überblick über den Literaturbetrieb ist auch deshalb nötig,
um die zentrale Rolle, die die ÖGL für die (Neu-)Konstituierung des österreichi-
schen Literaturbetriebs innehatte, zu verdeutlichen. Unerlässlich ist es jedoch
auch zu zeigen, dass die Etablierung einer staatlich geförderten Institution kei-
nesfalls voraussetzungslos geschah. Die Dezentralisation und Diffusion des öster-
reichischen Literaturbetriebs nach 1945 sollen in der Folge verdeutlicht werden,
um die Leerstellen aufzuzeigen, welche die ÖGL zunehmend auszufüllen begann.
2.1 Entwicklung(en) des Literaturbetriebs nach 1945
Wendelin Schmidt-Dengler hat die österreichische Nachkriegsliteratur in drei
Phasen unterteilt.20 Erstens unterscheidet er die Phase von 1945 bis 1948, also
vom unmittelbaren Kriegsende bis zur Währungsreform; zweitens, daran anschlie-
ßend, die „Phase des Wiederaufbaus“, die mit dem symbolischen Ereignis der
Unterzeichnung des Staatsvertrags 1955 (gleichzeitig das Jahr der Wiedereröff-
nung von Burgtheater und Staatsoper, zwei zentralen Symbolen der österreichi-
schen Hochkultur) beendet ist, und drittens die darauffolgende letzte Phase bis
1966. In dieser setzte die experimentelle Literatur unter der Ägide der „Wiener
Gruppe“ ein, und erst hier ist für Schmidt-Dengler, der in seiner Einteilung den
sozio-ökonomischen Gegebenheiten folgt, das Ende der literarischen Nach-
kriegszeit zu verorten. In die dritte Phase dieses literaturhistorischen Modells
fallen jene Initiativen, die eine durative Struktur entwickeln, die zur Konstitu-
ierung eines Literaturbetriebs beitragen z. B. mit der 1960 erfolgten Gründung
des „Forum Stadtpark“ in Graz oder der ÖGL selbst, und mittlerweile aus dem
literarischen Leben nicht mehr wegzudenken sind.
Die wichtigsten Aspekte eines „Voraussetzungssystems der Literatur in Öster-
reich zwischen 1945 und 1966“ hat Sigurd Paul Scheichl herausgearbeitet, wor-
an diese Studie anschließt, um im Folgenden die ideologischen, institutionellen
und politischen Kontexte zu vertiefen.21
20 Vgl. Wendelin Schmidt-Dengler: Bruchlinien. Vorlesungen zur österreichischen Literatur nach
1945. 3. korr. Aufl. Hg. v. Johann Sonnleitner. Salzburg: Residenz Verlag 2010, S. 20–21.
21 Vgl. Sigurd Paul Scheichl: Weder Kahlschlag noch Stunde Null. Besonderheiten des Voraus-
Open-Access-Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
48 Der österreichische Literaturbetrieb nach 1945
Wolfgang Kraus und der österreichische Literaturbetrieb nach 1945
- Title
- Wolfgang Kraus und der österreichische Literaturbetrieb nach 1945
- Author
- Stefan Maurer
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-23312-1
- Size
- 15.8 x 24.0 cm
- Pages
- 452
- Category
- Kunst und Kultur
Table of contents
- 1. EINLEITUNG: WOLFGANG KRAUS, EIN „KANTENLOSER HOMME DE LETTRES“? 9
- 2. DER ÖSTERREICHISCHE LITERATURBETRIEB NACH 1945 43
- 3. DIE ÖSTERREICHISCHE GESELLSCHAFT FÜR LITERATUR (1961–1975) 81
- 3.1 Gründung und Anfänge der Österreichischen Gesellschaft für Literatur 83
- 3.2 Einladungs- und Veranstaltungspolitik der ÖGL 98
- 3.3 Die ÖGL und das Konzept einer österreichischen Literatur 124
- 3.4 Die ÖGL und „Wort in der Zeit“ 142
- 3.5 Eine „Heimatadresse“? Die ÖGL und die Exilliteratur 155
- 3.6 Forum der Jugend 180
- 3.7 Bemühungen um die Literatur der östlichen Nachbarn 183
- 3.8 Resümee 190
- 4. „DAS MANAGEMENT REISST NICHT AB“. WOLFGANG KRAUS UND DIE ÖSTERREICHISCHE LITERATUR 193
- 5. KONTAKTPERSON, VERMITTLER, DOLMETSCHER: WOLFGANG KRAUS UND DIE ÖSTERREICHISCHE KULTURPOLITIK 297
- 6. WOLFGANG KRAUS’ NETZWERKE IM KULTURELLEN KALTEN KRIEG 355
- 7. RESÜMEE 399
- 8. LITERATURVERZEICHNIS 403
- 9. PERSONENREGISTER 437