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Joseph Lanner – Leben und Werk
oft nur Musikhistorikern geläufig, ihre Werke längst in den Archiven verschwunden) waren sich nicht zu
gut, Unterhaltungsmusik zu liefern. Wie anders soll man Moscheles „Grand Potpourri pour le Pianoforte
et Violon concertant“ bezeichnen, welches zu Beginn des Jahres 1824 prominent bei Cappi und Diabelli
angepriesen wurde, unmittelbar unter der VerlagsankĂĽndigung der letzten Klaviersonaten Beethovens?
Carl Czerny schrieb Tanzmusik sowie leichte Unterhaltungsliteratur, wie sie im bĂĽrgerlichen Salon gerne
gehört wurde, ebenso Franz Ries.
Mitläufer
Parallel zu Lanners Werdegang entwickelte sich die Karriere von Johann Strauß Vater. Geboren 1804 –
also drei Jahre nach Lanner – finden früh sich erste Berührungspunkte. Möglicherweise musizierten sie
bereits ab 1823 gemeinsam, gesichert ist, dass StrauĂź ab ca. 1825 Mitglied in der Lannerschen Kapelle war.
Allerdings ist die gängige Darstellung, Strauß sei als Bratscher in die Kapelle eingetreten, eine vereinfachte
Version: Strauß hat möglicherweise auch Geige gespielt, die ersten Violapartien in den Werken Lanners
tauchen erst später auf (siehe das Kapitel „Instrumentation“). Von Strauß haben sich eigenhändige Brat-
schenstimmen zu zwei frĂĽhen Werken von Lanner erhalten (siehe unten), doch die Bratsche als Ersatz der
bis dahin üblichen 3. Violine wurde erst später Standard.
Die Beziehungen Lanners zu Strauß gestalteten sich auch nach der Trennung – Strauß gründete seine
eigene Kapelle, die Geschichte vom vorangegangenen Zerwürfnis dürfte hingegen frei erfunden sein –
durchaus freundschaftlich. Sie spielten nicht nur ihre eigenen Werke, sondern auch die Novitäten des
jeweils anderen, teilten sich das Tanzgeschäft in Wien auf, spielten oft in den gleichen Lokalitäten. Ein
in der Wienbibliothek erhaltener Brief57 Lanners an Strauß von 1832 belegt diese „Abstimmung“: Lanner
hatte sich wieder einmal ĂĽbernommen, mehr Engagements angenommen, als er erfĂĽllen konnte, und
musste nun StrauĂź bitten, einen Teil der Verpflichtungen zu ĂĽbernehmen, wobei er an dessen diploma-
tisches Geschick appellierte, ihm aus der delikaten Situation herauszuhelfen, ohne die Auftraggeber (also
die Saalpächter und -besitzer, die Lanner engagiert hatten) zu vergrämen. Die gerne lancierte Rivalität
dĂĽrfte sich eher auf die Konkurrenz ihrer Verleger bezogen haben, allerdings stimmen die mehrmaligen
Verlagswechsel Lanners nachdenklich. Bei Lanners Tod folgte StrauĂź mit einer Abordnung seines BĂĽrger-
regiments dem Leichenzug.
Neben Lanner und StrauĂź, die von ihren Zeitgenossen als gleichwertige Komponisten von Rang aner-
kannt wurden, konnte sich nur ein weiterer Komponist halten, nämlich Franz Morelly. 1809 in Wien
geboren, musizierte er in den bedeutendsten Tanzlokalen Wiens wie dem Paradiesgärtchen und den
Redoutensälen, seine Bälle wurden ebenso prominent angekündigt wie die Lanners und Strauß’. Von
1841 bis 1846 und dann ab 1847 bis zu seinem Tod 1859 wirkte er in Bombay, zuletzt als Kapellmeister
des Gouverneurs von Bombay. In der Theaterzeitung wurde er gleichwertig neben Lanner und StrauĂź
besprochen.
Häufig entstammten einer Familie mehrere Musiker, so auch bei den Fahrbachs, die eine bedeutende Rolle
in Wiens Musikleben einnahmen. Philipp Fahrbach (1815–1885) war Flötist in der Kapelle von Strauß, er
besorgte Stimmenabschriften, daneben komponierte er. Ab 1835 trat er mit seiner eigenen Kapelle auf. Fried-
rich Fahrbach (1809–1867), Bruder des Philipp, war wie dieser Flötist in den Kapellen Lanners und Strauß’.
Zwei weitere Komponisten bzw. Tanzmusiker tauchen in den Ballanzeigen dieser Zeit auf: Carl Bendl
musizierte im „Sperl“, im „Tivoli“, im „Casino Zögernitz“ usw. Während Strauß auf Konzertreisen im
Ausland war, dirigierte er die in Wien verbliebenen Mitglieder der Kapelle, wobei er sich durchaus pro-
filieren konnte. Franz Ballin (1808–1854) leitete Bälle in der „Goldenen Birn“ und Konzerte im „Dom-
mayer“.
57 A-Wst H.I.N. 128032.
Joseph Lanner
Chronologisch-thematisches Werkverzeichnis
- Titel
- Joseph Lanner
- Untertitel
- Chronologisch-thematisches Werkverzeichnis
- Autor
- Wolfgang Dörner
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78793-8
- Abmessungen
- 21.0 x 29.5 cm
- Seiten
- 752
- Schlagwörter
- Joseph, Lanner, list of works, waltz, Vienna, danse, Joseph, Lanner, Werkverzeichnis, Walzer, Wien, Tänze
- Kategorie
- Biographien
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort 7
- Danksagung 9
- Verzeichnis der AbkĂĽrzungen 10
- Biographische Notizen 13
- Reisen 16
- Beginn – Werden – Sein 21
- Vorläufer – Mitläufer – Nachfolger 23
- Tanz 28
- Bälle – Tanzstätten – Aufführungsorte 32
- Solisten – Ensemble – Kapelle – Orchester 39
- Akademie – Assemblée – Conversation – Piquenique – Réunion 42
- Publikum 44
- Werke 46
- Instrumentation 69
- Formen 79
- Notenmaterialien 86
- Widmungsträger 95
- Titel 97
- Verlage 100
- Quellen – Bibliotheken – Sammlungen 101
- Funktionalität – Autonomie – Interpretation 102
- Virtuosentum 106
- Romantik – Biedermeier 108
- Strahlender Stern – leuchtender Stern 112
- Rezension – Rezeption 113
- FlĂĽchtige Lust 115
- Literatur 117
- I. Gedruckte und mit Opuszahlen versehene Werke
- II. Nicht mit Opuszahlen versehene Werke
- III. Sammelwerke und diverse Werke 717
- IV. Anhang